Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 3.1885

DOI Heft:
Nr. 7
DOI Artikel:
Schwarz, Franz Joseph: Grammatik der kirchlichen Baukunst, [7]: Grundriß
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15861#0069

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Archiv für christliche Kunst.

Organ des Bottenburger Diözescm-Vereins für christliche Ärmst.

Herausgegeben und redigirt von Dr. Fr. g. Schwarz in Lllwangen.

Verlag des Rottenbnrger Diözesan-Unnstvereins, für denselben: der Vorstand Dr. Fr. g. Schwarz.

Lr. 7.

Erscheint monatlich einmal. Halbjährl. für M. 1. 35 durch die württemb. (M. I. 20
im Stuttg. Bcstcllbezirk), M. 1. 50 durch die bayerischen und die Rcichspostanstaltcn,
Frcs. 2. 50 in der Schweiz zu beziehen. Bestellungen werden auch angenommen von
allen Buchhandlungen, sowie direkt von der Expedition des „Deutschen Bolksblatts" in
Stuttgart, Urbansstratze 94 zum Preise von M. 1. 35 halbjährlich.

Grammatik der kirchlichen
Baukunst.

Von Dr. Fr. I. Schwarz.

(Fortsetzung.)

Genug also — so gewiß es ist, daß
sich die christliche Kirche im ersten Jahr-
hundert oft in der Lage sah, mit Nothräumen
für den Gottesdienst sich zu begnügen, so
sicher ist es auch, daß sie baldmöglichst
eigene Kirchen baute. Wenn sie dabei
nicht gegen die Vernunft handelte, so hat
sie den Raum geschaffen und eingetheilt,
wie sie ihn für die ungehinderte, der Würde
des menschgewordenen Erlösers, der Maje-
stät Gottes und der Erbauung des christ-
lichen Volkes angemessene Feier braucht,
ilnd wenn sie ihrer Verantwortung vor
Christus, dem Haupte der Kirche, ein-
gedenk ist, so wird sie ihr Bestim-
mungsrecht in diesen Dingen und das
Recht der Aufsicht niemals der Kunst,
den Künstlern, der weltlichen Obrigkeit
abtreten; denn der christliche Glaube, seine
Geheimnisse, der Kult sind neue, himmlische
Gaben, weder der Erfindung des Meu-
schengeistes entsprossen, noch seiner Hut
anvertraut. Dieser Glaube hat ganz neue
Geheimnisse offenbar gemacht, ein neues, un-
aussprechlich erhabenes Opfer in der Men-
schen Hände gegeben und dem Priesterthnm
anvertraut; für dieses Opfer und seine
Opferstätte, für das Sakrament des Opfer-
leibes Christi und seine Aufbewahrung in
einem wie immer, aber würdig gestalteten
Tabernakel, für dessen Ueberkleidung mit-
telst eines entsprechenden Gebäudes findet
sich kein Vorbild in der alten Welt, ebenso-
wenig für die örtlichen Vorbedingungen
des Spendens der Taufe und des damit
im Zusammenhang stehenden Katechume-
nats. Neu ist das Sakrament der Buße
und die mit ihm in Verbindung stehende

Bnßdisziplin, neu die Verbindung der Aus-
übung des Lehramts mit dem Gottesdienste,
jedenfalls in dem gottesdienstlichen Ge-
bäude, vorübergehend die damit zusammen-
menhängende Arkan - Disziplin, neu die
Heiligenverehrnng und die enge Gemein-
schaft der hl. Märtyrer und ihrer ver-
ehrnngswürdigen Reliquien mit dem Opfer
und Opferaltar Christi, neu auch — aber
immer, wie der Glaube und der Gottes-
dienst, der Hut und Wachsamkeit des kirch-
lichen Regiments unterstellt — die Dar-
stellung der hl. Geschichte, der heiligen
Personen in den Bildercyklen in Malerei
und Plastik, dieser Schwesterkünste, für
die das Haus mitgebaut und eingerichtet
sein muß, ein rechtes Abbild des himmli-
schen Jerusalems, erwärmend und zum
Herzen gehend mit den Sonnenstrahlen
übernatürlicher Wahrheit, nicht erstarren
machend in der Eishöhe einer ganz „gei-
stigen" d. h. calvinistischeu Kirchen-Wüste.

Das alles im Inhalt gu geben, in seiner
Reinheit zu wahren, in seiner Integrität
zu erhalten, ist Sache der kirchlichen
Obern und ihr hl. Recht. Daneben hat
die Kunst als menschlicher Faktor noch
eine hohe Aufgabe und Stellung, ganz
dieselbe, wie sie die menschliche Wissen-
schaft in der systematischen Behandlung
der göttlichen Offenbarung hat. Da gibt
es keine materielle Alleinherrschaft, nicht
einmal eine Präponderanz der menschlichen
Thätigkeit. Deswegen bleibt sie doch die
höchste der Wissenschaften, wie auch die
religiöse Kunst unter derselben Voraus-
setzung die idealste der Künste sein und
bleiben wird.

Kehren wir nach dieser nothweudigen
Abschweifung zu unserer speziellen Aufgabe
zurück. Die Grundriß-Formen der christ-
lichen Kirchen haben sich in zweierlei Haupt-
formen ausgestaltet: in die oblonge und
centrale.
 
Annotationen