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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 3.1885

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Nr. 7
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Die Missalbänder
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Schwarz, Franz Joseph: Brief am eimen Freund
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https://doi.org/10.11588/diglit.15861#0078

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74

schlagenen Ecken des Bandes eingenäht
werden. Jedoch ist diese Art der Schluß-
Dekoration weniger praktisch; die Eicheln
sind hinderlich, man mag das Missalbuch
stehend oder liegend aufbewahren. Daher
ist die Verzierung mit kurzen Fransen von
guter Seide am räthlicksten. Je weniger
wulstig sie sind, desto besser. Auch Gold-
und Silber-Fransen gehen an. Praktisch
wird es sein, die Bänder in verschiedenen
Farben herzustellen, damit man sie leichter
unterscheiden und das benöthigte leichter
trefsen kann, falls gleichzeitig viele erfor-
derlich sind. Für Fest-Missale können
auch Verzierungen wenigstens in zwei
Farben eingewoben sein, nach Art des un-
ter dem Namen »Lampas« bekannten
Stoffes. Auch dem Bügel kann eine gute
Form gegeben werden, wenn man an sei-
nen beiden Enden runde oder etwas ovale
Knöpfe, in dem dazwischen liegenden Cy-
linder aber 2—3 Theilungsknäufe anbringt.
Um jedoch den Lesern alles Kopfzerbrechen
zu ersparen, wird die Notiz beigefügt, daß
das Kloster Bonlanden, Post Erolzheim
im Jllerthale, Württemberg, jede Bestel-
lung ans derartige Missalbänder gern über-
nimmt und billigst ausführt.

Brief an einen Freund.

Hochwürdiger,

Verehrter Freund!

Ihr Schreiben vom 9. Juni bestätigt mir,
daß Sie sich für das „Archiv" nicht bloß
durch fleißige Lektüre, sondern auch durch
offene Kundgebung Ihrer auf eine mehr un-
mittelbar praktische Haltung desselben gerich-
teten Wünsche interessiren. Empfangen Sie
dafür meinen aufrichtigen Dank. Es kann
ja der Redaktion nichts erwünschter sein, als
solche Stimmen besonders aus der Mitte des
Klerus zu vernehmen, welche auf Verbesse-
rung des Inhalts und indirekt auf Erhöhung
des Abonnements abzielen, um zutreffenden
Falls sogleich befolgt zu werden, oder zu
einer nach beiden Seiten belehrenden Diskus-
sion Veranlassung zu geben. Ich eröffne
eine solche hier, weil Sie nicht blos im eige-
nen Namen sprechen. Sie schreiben:

„Ich finde, was den Inhalt des „Archivs" be-
trifft, Alles höchst interessant; jedoch erlauben
Sie mir, darauf aufmerksam zu machen, ob er
den Lesern auch aus dem Klerus nicht zu ge-
lehrt ntid zu wenig praktisch erscheint, wenn nicht
unmittelbar Praktisches mehr als bisher einge-
reiht wird. Sie sind mit mir einverstanden,
daß man eben das Publikum nehmen muß, wie

es ist. Glauben Sie nicht, daß ich nur als Ci-
cero pro domo spreche, weil ich voriges Jahr
schon einige derartige Zeilen einsandte, welche ich
aber bisher vergeblich im Archiv gesucht habe.
Sie betrafen das Vorgehen bei Kirchen-Restaura-
tionen. Erlauben Sie mir den Ausdruck meines
Bedauerns, daß das Archiv über Thatsachen ans
diesem Gebiet so schweigsam ist. Denn in diesem
Stücke geschehen heute noch viele unlöbliche, ja
sehr tadelnswcrthe Dinge. So sah ich neulich

wieder in . arge Mißgriffe. Wie sind

solche Erscheinungen zu erklären? Mir scheint,
die maßgebenden Persönlichkeiten lassen sich zu
sehr von sog. Künstlern beeinflußen oder gar be-
herrschen, besonders wenn sie aus der Umgebung
sind. . Sie entschuldigen sich mit dem Vorgeben,
daß sie keine praktische Anleitung zur Hand haben,
oder gar, daß keine exislire. Daraus eben ziehe
ich den Schluß, daß praktische Frage» nicht oft
genug erörtert werden können."

Verzeihen Sie, verehrter Freund, wenn
ich in einem Hauptpunkt anderer Ansicht bin,
nämlich in der Antwort auf die Frage: wie
soll sich die unmittelbar praktische Richtung
des „Archivs" bethätigen? Die Thatsache,
daß iit der Restauration von Altären und
Kirchen noch sehr große Mißgriffe gemacht
werden, gebe ich unbedingt zu, ebenso die
andere, daß es zu viele ungenügend geübte
ilnd in dein Gebiet der liturgischen Gesetze
unkundige „Künstler" gibt, die es aber gleich-
wohl verstehen, landauf landab den Löwen-
antheil der Restanrationsarbeiten an sich zu
reißen und das Vertrauen der Pfarrer zu
gewinnen, ja theilweise sie ganz zu beherr-
schen. Aber was nützt der öffentliche Tadel
einer verunglückten Restauration? Tie ge-
troffenen Personen und ihre Kreise wird er
bloß verletzen und verbittern; das übrige
Publikum hat von der öffentlichen Korrek-
tur eines verfehlten Pensums wenig oder
keinen Nutzen, da eine bloße Beschreibung
die Fehler nicht in das nothwendige Licht
stellen kann, um erkennen zu lassen, was man
vermeiden und was man nachahmen soll. Ta-
del und Korrektur geht ordnungsgemäß am
besten von den zuständigen Vorgesetzten aus
und wird von ihnen am liebsten angenom-
men. Und wie schwer ist es, im Tadel ganz
objektiv zu sein, wie schwer insbesondere auf
dem Gebiete der Kunst die genaue Grenz-
linie immer einzuhalten, welche das Gebiet
des kirchlichen Gesetzes und das des freien
Schaffens, das Gebiet der unverletzbaren
Kunstregel und des Geschmacks von einan-
der abgrenzt? Nicht umsonst sagte ich im
Programm des „Archivs" (1882, S.2, Nr. 8)
Berichte über künstlerische Leistungen vertrete
die Redaktion nicht, vielmehr tragen deren
Verfasser selbst die Verantwortung; derartige
Artikel müssen aus das Verlangen der Re-
daktion von dem Verfasser unterzeichnet wer-
 
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