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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 3.1885

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Nr. 8
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Keppler, Paul Wilhelm von: Die Musterschule der monumentalen Malerei, [4]
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Wandbekleidung
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https://doi.org/10.11588/diglit.15861#0090

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86

ist so ehrfürchtig, aber auch so verstand-
nißvoll seinen Spuren nachgegangen, wie
er. So schasst er Bilder, welche nicht
Kopien des Meisters sind, sondern von
des Meisters Pinsel rühren könnten. Gi-
otto's Geist, lebhafte Empfindung, künst-
lerische Auffassung lebt in diesem Schüler
wieder auf, und man muß nur bedauern,
daß nur mehr so wenige Reliquien seiner
Kunst übrig sind.

k) Vornehmlich Eine Seite an der Kunst
des Meisters pflegt Nicolo di Pietro
Gerino (um 1380), nämlich die Ener-
gie und Kraft der Schilderung. Seine
Passionsbilder in der Sakristei von 5t.
Eroce (rechte Wand), im Refektorium da-
selbst, sowie in San Francesco in Prato
und San'Francesco in Pisa sind ganz
vorzügliche Darstellungen, leider theilweise
sehr zerstört. Das Kreuzignngsbild im
Kapitelssaal in Pisa ist meisterhaft ent-
worfen, die Gruppen mit künstlerischem
Geschick vertheilt. Unter den: Kreuz des
bösen Schächers, dessen Seele eben von
Teufeln geholt wird, ist die Soldatenschaar
durch die Zeichen beim Tode Jesu in größ-
ter Aufregung; unter dem des guten Schä-
chers ist die Franengruppe mit der hl.
Mutter beschäftigt; am Fuß des Kreuzes
kniet Magdalena in herbem Schmerz; En-
gel umschweben mit heftigen Schmerzens-
äußerungen das Kreuz. Soviel Ungestüm
und stürmischer Affekt auch durch das Bild
wogt, so beherrscht doch eine gewaltige
Hoheit und eine wunderbare Tiefe des
Schmerzes wieder die Bewegung und ver-
einigt alles zu einem tiefen ruhigen Ge-
sammteindruck. Gerino ist der eigent-
liche Passionsmaler der Schule.
Das beweist auch sein großes Tafelbild:
Die Grablegung, in der Akademie zu
Florenz. (Fortsetzung folgt.)

Berichtigung.

Die 3 photographischen Tafeln zu den Wand-
gemälden in Kleinkoniburg S. 37 des „Archivs"
1885 v. P. Sinner in Tübingen kosten nicht 3,
sondern 10 Mark nebst Porto.

Wandbekleidung.

Man schreibt uns:

„Ein bedeutendes Kreuz bei Ausmalung
von Kirchen bildet die Behandlung der

unteren Theile der Wände, beson-
ders des Chors. Man will letztere doch
etwas reicher halten, fallen sie ja den
Gläubigen sehr ins Auge und bilden sie
doch den Hintergrund des Hochaltars, und
so bringt man meist auf diesen Flächen bis
zu den Fenstern reichende, mehr oder we-
niger reiche Teppichmuster an. Das wäre
schon recht; aber nun kommt ein Haupt-
mißstand. Kaum eine Kirchenmauer ist in
ihren unteren Theilen frei von Salpeter.
So macht man leider bald die Wahrneh-
mung, daß da und dort sich am Teppich
schadhafte Stellen zeigen. Ist ein Maler
leicht zur Hand, so werden diese Stellen
bald ausgebessert. Die ausgebesserte Stelle
sticht allerdings vom übrigen etwas ab,
doch geht die Sache noch an. Aber in den
meisten Fällen hebt man, wie die Erfah-
rung lehrt, den Schaden nicht gleich; es
ist kein tauglicher Maler in der Nähe,
und so nimmt der Schaden von Jahr zu
Jahr zu, und eine solche Wandfläche sieht
dann schlimmer aus als eine einfach ge-
tünchte. Darum wird es in den meisten
Fällen besser sein, unten bis zur Fenster-
höhe gar kein Dessin anzubringen, sondern
diese Fläche einfärbig zu bemalen. Diese
Farbe kann dann, so oft es nöthig ist,
durch jeden Gipser oder Maurer erneuert
werden. Schön wäre es, wenn man diese
Fläche auf die hohen Feste mit entsprechend
verzierten Teppichen behängen könnte.
Gienge es wohl nicht an, eben diese Flä-
chen, die Chorwand bis zur Fensterhöhe,
mit farbigen Fließen zu belegen? Es
könnten verschiedene, mehr oder weniger
reiche Teppichdessins hergestellt werden." —

Diese Anfrage betrifft zweifellos einen
großen praktischen Nothstand.

„Wie soll der unterste Theil der Kir-
chenwand dekorirt werden? Wir haben
die schönsten Muster anftragen lassen, in
Oel-Leim-Temperafarben mit Goldfiguren;
wir haben einen dreifachen dicken Oelan-
strich geben lassen. Die Farben sind ver-
blaßt, die Teppichmuster abgerieben, kaum
einige Reste zeugen noch von der schnell
vergangenen Herrlichkeit, selbst die Oel-
sarbe ist abgeschilfert oder verwittert. Zum
größeren Elend ist auch noch die Mauer
feucht, und als Dekoration haben wir
einen moosgrünen Fleck, der immer weiter
um sich greift." —
 
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