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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 3.1885

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Nr. 12
DOI Artikel:
Keppler, Paul Wilhelm von: Die Musterschule der monumentalen Malerei, [8]
DOI Artikel:
Detzel, Heinrich: Aphorismen aus dem Gebiete der kirchlichen Symbolik und Ikonographie, [2]: die evangelischen Symbole
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https://doi.org/10.11588/diglit.15861#0119

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115

nennen, ist die Madonna auf dein Thron
dargestellt, umgeben von einer reichen Ehren-
wache von Engeln und Heiligen (Johannes
Ev., Paulus, Katharina, der Täufer, Pe-
trus , Agnes, die vier Schutzpatrone der
Stadt, die Bischöfe Savinus, Ansanus,
Kreszentius und Viktor). Dieses Bild,
die Majestät genannt, hat die fromme
Inschrift: Mater sancta dei, Sis causa
Senis requiei, Sis Ducio vita, Te quia
pinxit ita. Der Aufbau der Komposition
ist ganz der seit altem übliche: Maria mit
dem Kind auf dem Thron, die Engel und
Heiligen in parallelen Reihen ausgestellt,
die Patrone kniecnd. Aber die „Majestät",
welche Dnccio anstrebt, ist nicht mehr die
kalte, starre des Byzantinismus, sondern
eine milde, herzbewegende. So wenig in
der Haltung der Madonna und des Kin-
des geändert ist, so streng selbst der Ge-
sichtstypns Mariens nach der Ueberliefe-
rnng festgehalten ist, so zeigt doch Gestalt
und Gesicht zugleich eine gewisse Weichheit
und Lieblichkeit, welche sympathisch berührt.
Freier bewegt sich der Meister bei Dar-
stellung der Engel und Heilten. Ihre
Stellungen sind natürlicher und mit mehr
künstlerischem Sinn arrangirt. In den
Köpfen der Engel und weiblichen Heiligen
ist eine Schönheit und Anmuth erreicht,
welche entzückt; die Engel, welche zutrau-
lich das Köpfchen ans die Sessellehne legen,
tragen die süßesten Enipsindungen ans ihrem
Antlitz. Die weiblichen Figuren sind weich
hingegossen; ihre Haltung und ihr Gesichts-
ansdruck ist ganz Grazie, während die
männlichen Gestalten starke Muskulatur,
derbe Gliederbildung, sestblickendes Auge,
starkknochige, gedankenvoll durchfurchte
Köpfe haben. Das bleibt fortan stehender
Kanon für die ganze sienesische Malerei.
Aber auch die sorgfältige Kolorirung, das
Streben, die Leuchtkraft der Farben zur
Geltung zu bringen, ist als Kunstpflicht
schon in diesen technischen Katechismus der
Schule ausgenommen.

Die Rückseite des Bildes erzählt in
episch-dramatischem Stil in 42 Scenen das
Leben Jesu und die Passion von der Ver-
kündigung an bis zur Himmelfahrt und
dem Tod Mariens. Die 24 Bilder der
Passion bilden noch ein Ganzes und sind
in der Kapelle des Sakramentes zu suchen;
die anderen 18 sind zerstreut, einige davon

in der Sakristei; ein Stück, die Geburt
Christi darstellend, hat man neuestens für
das Berliner Museum erworben. („Allg.
Ztg." v. 11. Juli 1885.) Hier vermißt
man freilich die dramatische Kraft Giotto's;
es ist klar, daß auf dieser Seite des Altar-
bilds die Schwäche Dnccio's und aller
Sienesen, die Unsicherheit und Unbeholsen-
heit in der Komposition sich ganz anders
fühlbar machen muß, als auf der Vorder-
seite , welche nur die ruhige Existenz der
Seligen zu schildern hatte.

Dnccio hat in diesen sämmtlichen Bil-
dern vielleicht nicht Einen neuen Entwurf
versucht. Er begnügt sich damit, die bis-
her üblichen Arrangirungen der einzelnen
Scenen einfach herüberzunehmen, die gro-
ben Fehler an ihnen zu korrigiren, sie
richtig zu zeichnen und mit Leben und
Bewegung zu durchdringen, wobei er aber
nicht selten in hastiges Wesen, in fiebrige
Nervosität verfällt. Er hat Gefühl und
strebt nach warmem Gefühlsausdruck; aber
da nicht immer eine klare, bestimmte Idee,
ein entschiedener Kompositionsgedanke das
Gefühl beherrscht, so zerfließt es manchmal
wirkungslos; die Darstellung läßt vor
übermäßiger Wärme kalt, hat vor lauter
Ergriffenheit nichts Ergreifendes mehr.

(Fortsetzung folgt.)

Aphorismen

aus dem Gebiete der kirchlichen
Symbolif und Ikonographie
Von Pfr. D e tz e l.

Die e v a n g e l i st i s ch e n Symbole.

lieber die vier evangelistischen Symbole ist
bereits, namentlich was deren Bedeutung
anlangt, im Kirchenschmuck von Laib nnd
Schwarz (Jahrg. 1867. IV. p. 51) ausführ-
lich gehandelt worden. Das hier Gesagte
soll ein Nachtrag sein und namentlich über
deren Verwendung Einiges ergänzen.

Die vier evangelistischen Symbole sind:
Adler, Mensch, Stier nnd Löwe, bezeichnend
die vier Evangelisten: Johannes, Matthäus,
Lukas lind Markus. Wie die bildlichen Dar-
stellungen der vier Evangelisten findet man
ailch die s y in b 0 l i s ch e >i Zeichen derselben
schon gegen Eiide des 4. Jahrhunderts, nach-
dem bereits schoii seit dem 2. Jahrh. die vier
geheiinnißvollen Thiere bei Ezechiel (1, 5)
und in der Apokalypse (4, 6 f.) auf die vier
Evangelisten bezogen werden. Zum ersten-
male siiidet man die Darstellung in der
 
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