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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 3.1885

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Nr. 12
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Detzel, Heinrich: Aphorismen aus dem Gebiete der kirchlichen Symbolik und Ikonographie, [2]: die evangelischen Symbole
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https://doi.org/10.11588/diglit.15861#0120
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116

Mosaik von S. Pudenziana, welche von de
Rossi und Garncci (vgl. Real-Eucyclopädie
der christl. Alterthümer v. Kraus. Freiburg.
1882. Bd. I. 460 f.) in die Zeit des Papstes
Siriciuö (385-—398) gesetzt wird.

Der untere Theil des Gemäldes ist von
dem zwischen den Aposteln thronenden Er-
löser eingenommen; in dem oberen sieht
man die vier evangelistischen Zeichen neben
dem Kreuz: links (vom Beschauer) Engel
und Löwe, rechts Stier und Adler, jeder
mit zwei Flügeln. Der Zeit nach folgen die
Darstellungen der Mosaiken von S. Sabina
(zerstört) und S. Maria Maggiore, aus der
Zeit Sirius HI. (432—446), des Mauso-
leum der Galla Placidia in Ravenna um 440,
der Basilika der Fausta in S. Ambrogio zu
Mailand (nach 385, wohl 5. Jahrh.), unb
diejenigen von S. Paolo fnori le mura bei
Rom. (Zeit Leo's I-, 440—461); letztere sind
insofern bemerkenswerth, als Löwe und Adler,
die hier allein erhalten sind, einen Nimbus
haben und geschlosseiw, mit Edelsteinen ge-
zierte Bücher vor sich tragen. Ferner enthalten
diese Zeichen die Mosaiken von S. Eosma
e Damiano in Rom (ca. 530), S. Apollinarc
in Classe (hier veränderte - Ordnung: es
folgen sich von links nach rechts Adler, Engel,
Löwe und Stier, alle mit Rimben und Bü-
chern), S. Teodoro in Rom (ca.640), S. Präs-
scde, Apsis, wo die Reihenfolge von links nach
rechts da ist: Löwe und Engel, Adler und
Stier, alle mit Flügeln, Nimbus und Buch;
endlich S. Marco in Rom (Mosaik von
Gregor IV., 828—844): Stier, Engel, Adler,
Löwe, alle mit Flügeln, Nimbus und Buch.

Außer in den Mosaiken finden wir die
evangelistischen Zeichen auch auf Elfenbeinen,
Brustkrenzen tiiib Münzen schon sehr frühe
angewendet. Auch das gauze Mittelalter
hindurch werden diese Symbole sehr oft ge-
braucht; wir finden sie häufig ans Stations-
und Prozessionskreuzen (gewöhnlich an den
vier Enden), an Kanzeln, Taufsteinen, Ge-
w ölbeschlußsteinen, Grabsteinen, Glocken n. s.w.
Sie haben gewöhnlich den Nimbus und halten
bald ein Buch bald eine Schriftrolle, auf
welcher der Name des Evangelisten steht.
Oft werden sie auch abgebildet bloß mit den
Köpfen und io erden diese dann von je sechs
Flügeln umgeben nach Ezech. 1, 10. (Bei-
spiel bei Klein, kirchl. Kunst, Lief. I. Taf. X.)

Die Bedeutung der evangelistischen
Symbole und ihre Stellung, die sie dar-
nach einnehmen, ist also wie wir oben sahen,
schon in der altchristlichen Zeit eine ver-
schiedene, wie auch die Kirchenväter Jrenäus,
Augustinus und Hieronymus eine verschiedene
Erklärung von ihnen geben. Des letzteren
hl. Kirchenvaters Auffassung aber ist die-

jenige, die sich durch ihre Einfachheit und
praktische Brauchbarkeit zur Darstellung durch
die christliche Kunst am meisten empfahl und
die darum auch heute noch die meiste An-
wendung findet. Der hl. Hieronymus läßt
die Einzelgestalten, wie sie der hl. Johannes
in seiner Offenbarung (Apoc.'4, 6—8) schaut,
bestimmt aber die Reihenfolge nach Ezechiel,
arrangirt zugleich mit Anordnung der Sym-
bole die Reihenfolge der Evangelisten nach
der vom Canon angenommenen historischen
Zeitfolge, und führt schließlich einfach noch
den Nachweis der Uebereinstimmnng der ein-
zelnen Evangelienanfänge mit den betreffenden
Symbolen. Darnach bedeutet die Mensche n-
gestalt St. Matthäus, deuu er beginnt
wie auch St. Chrysostomus sagt, mit dein
Fleisch, (MaT'8,aioc . . . a.%6 yap zfjQ aafjy.bc
ap/etai in ps. 44 p. 172) d. h. mit der
Stammtafel das fleisch- und menschgewor-
denen Sohnes Gottes, seiner Empfäng-
niß, Geburt; auch tritt der Gottmensch
vorzüglich in seinem Evangelium hervor.
Der Löwe sinnbildet St. Markus: sein
Evangelium beginnt mit Johannes dein
Täufer „der Stimme des Rufeiiden in der
Wüste". Der Stier, das Opserrind sinn-
bildet St. Lukas: er beginnt mit dem Opfer
deS Zacharias in deii Tagen des Herodes.
Ter Adler eiidlich bezeichnet beit Evange-
listen Johannes, weil dieser selbst oft
Adler genannt, gleich bei Beginn seines
Evangeliums einen so erhabenen Schwung
nimmt, gleichsam ivie der Adler zur Sonne
fliegt; er verkündet die eivige Abstämmling
des Logos vom Vater: Pi principio erat
verbum etc. Darnach würde sich denn auch
die Stellung richten, welche die Künstler den
Symbolen zu geben hätten.

Denken wir uns ein Christusbild, das in
seinen vier Ecken von den vier Symbolen
umgeben ist (z. B. in einem Evangeliarinm
der Domkirche zu Trier ans dem 9. Jahrh.),
so kommt vom Beschauer aus links (heraldisch
gesprochen rechts) der Mensch, rechts der
Adler, unten links der Löwe, rechts der
Stier zu stehen. Mensch und Adler, als
Bewohirer der höheren Regioneit werden
oben, Löwe und Stier, weil auf der Erde
lebend, unten angebracht. Wenn sie an
den Endpunkten des Kreuzes, eines übereck-
gestelltei'. Vierecks oder rings um eineu Kreis
stehen, so ist der Adler oben, der Mensch
unten; doch kommen auch Ausnahmen vor.
Nebeneinander gestellt ist die Reihenfolge
gewöhnlich nach der Zeitfolge geordnet, in
welcher die Abfassung der Evangelien geschah,
also: Matthäus, Markus, Lukas, Johannes.

Die Kirchenväter beziehen aber die evange-
listischen Symbole nicht bloß auf die Evange-
 
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