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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 4.1886

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Nr. 2
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Keppler, Paul Wilhelm von: Was noch zu thun ist, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15862#0018

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zu wichtigen Untersuchungen bieten. Einige
Punkte mögen hier wenigstens berührt
werden.

Davon, daß leider immer noch mancher-
orts auf kirchliche Neuanschaffungen bezüg-
liche Fragen nicht höher taxirt, ja vielleicht
nicht so ernst genommen werden, als
wenn es sich um Ausstattung eines Zimmers
oder um Anschaffung eines Kleiderkastens
handelte, daß man den: nächsten besten
Aufträge gibt, ohne nach desfen Fähigkeit
gefragt, ohne dem eigenen Unverständnis^
durch Berathnng eines Sachverständigen
nachgeholfen, ohne eine Prüfung der Pläne
veranlaßt, ja ohne der kirchlichen Ober-
behörde die pflichtmäßige Anzeige erstattet
zu haben, davon soll nicht weiter geredet
werden. Aber auch wo Gewissenhaftigkeit
und guter Wille da ist, unterläßt man oft
ohne Schuld, aus Mangel an Erfahrung,
alle Maßregeln zu treffen, von welchen
die Herstellung tüchtiger Kunstwerke ab-
hängt.

Was kirchliche Neubauten anlangt, so
sei hier ein Fehler genannt, aus welchem
schon viel Unheil hervorgieng. Anstatt daß
nämlich Gemeinden oder Behörden, welche
an ein so wichtiges Werk herantreten, sich
von einem erprobten Architekten, oder besser
von mehreren, zunächst eine Skizze vor-
legen lassen, diese der Begutachtung Sach-
verständiger und der Prüfung und Ge-
nehmigung des bischöflichen Ordinariates
unterstellen, läßt u:an sogleich detaillirte
Baupläne ansarbeiten und legt nun diese
an maßgebender Stelle vor. Das ist aus
vielen Gründen aufs entschiedenste zu
widerrathen. Vor allem ist dadurch der
freien, unbefangenen Prüfung in gleicher
Weise ein Riegel geschoben, wie der freien
Wahl der Gemeinde. Hat diese sich nicht kon-
traktlich gesichert, so ist sie damit schon mehr
als halb gebunden; der Architekt, der diese
Pläne geliefert hat, beansprucht ein gewisses
jus ad rem; in den Plänen steckt schon
ein kleines Kapital; entweder müssen sie
ausgeführt werden oder es ist eine Ent-
schädigung von ansehnlichem Betrag zu
leisten. Für den Sachverständigen, welcher
mit der Prüfung betraut wird, bleibt fast
nur das Dilemma übrig: entweder ganz
verwerfen, oder ganz annehmen. Wo
wesentliche Fehler im Plan stecken, wird
er mit Beiseitesetzung aller Menscbenrück-

sicht mit vollem Nachdruck auf Verwerfung
des Planes dringen; Gewissen und Ehre
verbietet ihm, eine Mitverantwortung für
ein so verfehltes Werk zu übernehmen.
Er wird also seinerseits ein Veto erheben;
aber in den meisten Fällen kämpft ein
solches Veto gegen ein fait accompli erfolg-
los an: der Plan wird doch durchgeführt,
weil man mit desfen Verfertiger sich schon
zu weit eingelassen hat. Wo die Bedenken
des Sachverständigen sich auf weniger
wesentliche Punkte beziehen, welche aber
doch einer Abänderung und Verbesserung
bedürftig wären, muß er sich beinahe
scheuen, dieselben nur zu äußern, denn
schon kleinere Abänderungen erfordern eine
Umzeichnnng sämmtlicher Pläne, eine Um-
rechnung des Kostenvoranschlags, d. h. aber-
mals beträchtliche Kosten. In ähnlicher
Zwangslage befindet sich die kirchliche
Oberbehörde. Der gerügte Mißstand wird
so der Urheber vieler verfehlter Bauten,
vieler unterlassener Korrekturen und ist
entschieden als ein Hauptfeind des Besseren
auf dem Gebiet kirchlicher Architektur an-'
zusehen.

Folgender Fall möge zur Warnung
dienen. Für einen Kirchenban von nicht sehr
großen Dimensionen ließ der Stiftnngs-
rath einer Gemeinde sich auch vom Archi-
tekten anstatt einer Skizze sogleich spezi-
fizirte Pläne entwerfen. Der Sachver-
ständige bekam sie zur Prüfung; sein Auge
ließ sich durch die technische Vollendung
der Zeichnungen nicht blenden, sondern fand
bald, daß dieser ganze projektirte Ban an
unheilbarer Krankheit leide, daß die Früh-
gothik desselben vom Schwamm modernster
Anschauungen und Motive angefressen sei.
Das Urtheil des Sachverständigen, welches
ans Verwerfung des Planes gieng, drang
diesmal durch; aber die Bankasfe hatte
für die Zeichnungen gegen 800 Mark
zu bezahlen. Dieses schöne Kapital wäre
dem Ban erhalten geblieben, wenn man
die vorläufige Lieferung einer Skizze ver-
langt und diese zur Prüfung vorgelegt
hätte.

Der Forderung, vor Fertigung der
eigentlichen Baupläne eine einfach, aber
deutlich gezeichnete Skizze zu stellen, welche
wir somit nochmals allen, welche mit kirch-
lichen Neubauten zu thnn haben, eindring-
lichst ans Herz legen, wird sich jeder tüchtige
 
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