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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 4.1886

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Nr. 5
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Prill, Joseph: Grammatik der kirchlichen Baukunst, [8]: Grundriß
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https://doi.org/10.11588/diglit.15862#0049

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Archiv für christliche Ärmst.

Organ des Rottenburger Diözesan-Vereins für christliche Amist.

peransgegeben und redigirt von Professor Dr. Keppler in Tübingen.

Verlag des Rottenburger Diözefan-Kunftvereins, für denselben: der Vorstand Professor Dr. Keppler.

Or. 5.

Erscheint monatlich einmal. Halbjährl. für M. 2. 05 durch die wtirttcmb. (M. I. 90
im Stuttg. Beslellbezirk), M. 2. 20 durch die bayerischen und die Reichspostanstalten,
fl. 1. 27 in Oesterreich, Frcs. 3. 40 in der Schweiz zu beziehen. Bestellungen werden
auch angenommen von allen Buchhandlungen, sowie gegen Einsendung des Betrags
direkt von der Expedition des „Deutschen Volksblatts" in Stuttgart, Nrbansstraße 94
zum Preise von M. 2. 05 halbjährlich.

1886.

Grammatik der kirchlichen
Baukunst.

(Fortsetzung.) *)

Von Joseph Pril l.

Die im Anfang des vorigen Jahres
unter dieser Aufschrift begonnene und ein
halbes Jahr später durch den Tod des
Verfassers, des unvergeßlichen Prälaten
Dr. Schwarz unterbrochene Abhandlung
über die kirchliche Baukunst nehmen wir
im Folgenden an derselben Stelle wieder
ans, wo sie abgebrochen wurde. Wenn
wir nur mit Zagen an diese Arbeit gehen,
so wird das Jedem, der an die hervorragen-
den theoretischen und praktischen Kenntnisse
und die lichtvolle Darstellung des fet. Ver-
fassers denkt, begreiflich erscheinen. Aber
die Wichtigkeit und die Nützlichkeit der
Sache selbst drängt dazu und mag uns
zur Entschuldigung dienen, wenn das Fol-
gende zu weit hinter dem bereits Erschie-
nenen zurückbleibt. Wir werden uns übri-
gens dem in der Einleitung vorgezeichneten
Plane mit möglichster Treue anschließen.
Jedoch scheint es angemessen, nachdem die
Grundelemente des Baues bereits bespro-
chen sind, von vornherein den Renaissance-
stil für eine gesonderte Behandlung aus-
zuscheiden, da er die ihm vorhergehenden
Formen nicht einfach weiterbildet, sondern
ihnen theilweise geradezu entgegentritt. Aber
auch die andern Stile werden im Verlaufe
der Auseinandersetzung mehr und mehr
von einander getrennt werden müssen.

Wir fahren also fort in der Besprechung
des Grundrisses:

2. Runde und centrale Grundriß-
anlage.

a) Neben der länglich-viereckigen Grund-
form der christlichen Kirchengebäude tritt

schon seit Konstantins Zeiten die runde
und centrale in mannigfacher Ausbildung
auf. Unter centraler Anlage versteht man
eine solche, bei der um einen das Ganze
beherrschenden Mittelraum in ebenmäßiger
Anordnung sich Nebenräume anschließen.
Schon bei den alten Römern wurden
Grabmäler und kleine Tempel als Rund-
bauten errichtet, und die runde Form als
solche ist also ebensowenig etwas Neues,
als die viereckige der Basiliken es war
oder auch nur sein konnte. Aber sofort
sehen wir dort wie hier den christlichen
Geist ganz selbständig die Grundformen
aller Baukunst in seinen Dienst nehmen
und sie nach seinem Gedanken und sei-
nem Bedürsniß anwenden und ausbilden.
Wir müssen hier noch einmal auf die Ba-
siliken zurückkommen und aus einen Um-
stand Hinweisen, welchen selbst Zestermann
in seiner vortrefflichen Arbeit über die
Entstehung der Basiliken nicht beachtet hat,
den Umstand nämlich, daß den altrömischen
mtb den christlichen Basiliken ein geradezu
entgegengesetztes Bildungsprinzip zu Grunde
liegt. Denken wir uns einen Sänlengang
(Porticus) einfach oder doppelt, ein- oder
zweistöckig, auf allen vier oder nur ans
zwei Seiten um einen Hof herumgesührt,
denken wir dann diesen Hof mit einem
Dache bedeckt, zu welchem Zwecke über der
Säulenhalle die innere Mauer noch etwas
in die Höhe gezogen wird, so haben wir
die heidnische öffentliche und in kleinen
Verhältnissen die Hausbasilika. Eine christ-
liche Basilika kommt auf diese Weise nie
und nimmer heraus. Letztere geht viel-
mehr ans von dem Gedanken einer weiten
Halle. Da die Bedachung derselben an
gewisse Schranken gebunden war, so konnte
eine größere Weite nur durch Hinzufügung
von Nebenhallen erzielt werden. Diesel-
ben mußten wegen der Bedeutung der Haupt-
halle und mit Rücksicht ans die Beleuchtung

*) Siehe Jahrgang 1885 Nr. 7.
 
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