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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 4.1886

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Nr. 7
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Prill, Joseph: Grammatik der kirchlichen Baukunst, [10]: Grundriß
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https://doi.org/10.11588/diglit.15862#0069

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Archiv für christliche Kunst.

Organ des Rottenburger Diözesan-Vereins für christliche Kunst.

perausgegeben und redigirt von Professor Di'. Koppler in Tübingen.

Verlag des Rottenburger Diözesan-Kunftvereins, für denselben: der Vorstand Professor Di'. Keppler.

Lr. 7.

Erscheint monatlich einmal. Halbjührl. für Di. 2. 05 durch die württemb. (M. I. 90
im Stuttg. Bcstellbezirk), M. 2. 20 durch die bayerischen und die Rcichspostanstalten,
fl. 1. 27 in Oesterreich, Frcs. 3. 40 in der Schweiz zu beziehen. Bestellungen werden
auch angenommen von allen Buchhandlungen, sowie gegen Einsendung des Betrags
direkt von der Expedition des „Deutschen Volksblatts" in Stuttgart, Urbansstraße 94
zum Preise von M. 2. 05 halbjährlich.

1886.

Grammatik der kirchlichen
Baukunst.

Von Joseph Prill.

(Fortsetzung.)

Die Thürme bilden überhaupt seit dem
Auftreten des romanischen Stils einen wich-
tigen Theil des Kirchengebäudes und beein-
flussen demnach auch die Grundrißanlage.
Bis dahin war der Thurm von
der Kirche getrennt oder nur
lose mit ihr verbunden, jetzt
bildet .er einen organischen
Theil derselben. Bei ein-
facheren Anlagen steht in der
Regel ein Thurm im Westen;
bei größeren legen sich hier
oft zwei Thürme vor, die eine
Vorhalle zwischen sich ein-
schließen; und mit dieser An-
ordnung verbindet sich meist
noch ein Mittelthurm über der
Vierung, der aus den Grund-
riß insofern einwirkt, als die
Vierungspfeiler stärker wer-
den. Zuweilen sind außerdem
kleine Thürmchen zu Seiten
des Chores oder an den Enden
der Kreuzflügel rc. angebracht,
so daß ein ganzes System von
Thürmen entsteht. Herrliche
Beispiele sind die Abteikirche
zu Laach, der Dom zu Lim-
burg u. a. Kleinere Bauten
und namentlich Klosterkirchen
sind aber auch oft ohne Thurm. — In
Fig. 78 geben wir noch einen Grundriß aus
dem Uebergang des romanischen in den
gothischen Stil. In demselben ist, wie in
dem vorstehenden, ein westliches Querschiff
angeordnet. Die ganze Anlage ist die ge-
wöhnliche der romanischen Basilika, jedoch
ist die quadratische Grundform der ein-
zelnen Theile schon theilweise verlassen.

In der Verlängerung der Seitenschiffe
schließen sich an das östliche Kreuzschiss
Absiden an, die sich seitlich zum Chor hin
öffnen; dieser selbst aber weist eine neue
Eigenthümlichkeit auf, in dem er nicht in
eine Absis endigt, sondern, zugleich bei
größerer Länge, im Osten durch eine gerade
Wand begrenzt wird. Uebrigens gehört die
Choranlage bereits ganz der Gothik an.

Die vorstehenden, der ro-
manischen Bauweise ange-
hörenden Grundrisse lassen
erkennen, wie die Anfangs
schweren Pfeiler allmälig
leichter werden und sich mehr
und mehr ans einzelnen
Gliedern zusammensetzen, wie
auch die Mauern beginnen,
sich in stärkere und schwächere
Theile zu lösen. Im gothi-
schen Stil erreicht die Glie-
derung der Massen und die
Leichtigkeit der einzelnen
Theile, insbesondere der die
Schiffe trennenden Pfeiler,
den höchsten Grad. Außer-
dem wird die Raumeintheilung
in Folge des vollendeteren
Gewölbebaues ganz und gar
unabhängig von der quadra-
tischen Grundform, und es
können wieder alle Pfeiler
gleich werden. Man ver-
gleiche nur in Bezug hieraus
den Grundriß Fig. 79 mit
Fig. 75; und um zu erkennen, wie darin das
Ideal einer einfachen Basilika ohne Quer-
schiff erreicht ist, mit Fig. 56 (in Nr. 7 des
vorigen Jahrgangs). Während in dieser
die in sich fertige Säulenreihe, welche so
und auch anders sein konnte, einfach in den
Raum hineingestellt wird, steht in der gothi-
schen Kirche der einzelne Pfeiler wie die
Stellung aller in der innigsten Beziehung

Fig. 78. Münster zu Tchlcttstadt.
(Nach Wolimann.)
 
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