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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 4.1886

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Nr. 7
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Detzel, Heinrich: Mariä Verkündung in der christlichen Kunst, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15862#0078

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74 —

Schultze wäre es die älteste Darstellung
des Sujets überhaupt) ist ein Sarkophag-
relief aus S. Francesco in Ravenna. ^)
Auf der linken Seite sitzt Maria, Stola
und Kopftuch, auf einem Stühlcheu ohne
Lehne. In der erhobenen linken Hand
hält sie einen Spinnrocken, dessen unterer
Theil abgebrochen ist. Vor ihr gegen rechts
steht ein Korb mit der pnrpurgefärbten Wolle.
Rechts steht der bekleidete und geflügelte
Engel, in der linken Hand einen Stab hal-
tend ; die rechte Hand, die zur Begleitung
der Anrede erhoben war, ist abgebrochen, wie
auch die gleiche bei Maria. Das Relief soll
nach Schultze ^0) dem Anfang des 5., nach
HachU) aber wahrscheinlich eher dem aus-
gehenden 5. oder dem beginnenden 6. Jahr-
hundert angehören.

Rach der Erzählung des Protoevangelium
würde die Verkündigung Mariä in zwei
Akten verlaufen sein: der erste würde die
Scene am Brunnen, wo Maria Wasser
schöpfte, enthalten, und der zweite würde uns
in das Hails der hl. Jungfrau führen, wo
sie mit Spinnen der Pnrpurwolle beschäftigt
ist. Beide Sceneil finden wir seit dem 5.
Jahrhundert, und es sind ilns folgende Monu-
mente * 12) ans altchristlicher Zeit hievon er-
halten lind zwar von der Scene des Wasser-
schöpfens:

1) Ein Elfenbein-Buchdeckel, früher
in S. Celso zu Mailand, jetzt in der Ka-
thedrale daselbst. Der geflügelte Engel steht
vor der auf den Knieen vor dem Quell lie-
geildeil und mit einer Hydria Wasser schöpfen-
den Maria, welche sich erschrocken nmwendet.
Das Relief wird ins 6. Jahrhundert gesetzt,
doch läßt das Fehlen des Nimbus bei beiden
hl. Gestalten vielleicht iloch auf's 5. schließen.

2) Eiile Elfenbeintafel des South
Kensington Museum n. 149 zu London,
wird ins 6.—7. Jahrhundert gesetzt und als
„italienisch" bezeichnet.

Die Sceile des Wollspinne ns, welche
als die zweite und entscheidende populärer
war, findet sich auf folgenden Denkmälern:

1) Ans dem Mosaik Sixtus in. in
S. M a r i a Maggiore zu R o ni (gefertigt
zwischen 432 und 440). Wir sehen hier links
ein Gebäude mit geschlossener Pforte stehen,
über welcher ein Schild aufgehangen ist.

ch Abbildung bei Lehner Taf. VII. 69.

Archäol. Sind. 211 ff.
n) a. q. O. 428.

12) Wir geben die nachfolgende Aufzählung nach
Kraus, R.-E. Bd. II. 936 ff. Die näberen

Nachweise des.

Dann folgen zwei geflügelte und nimbirte
Engel mit Dalmatika und Pallium bekleidet
und mit Sandalen an den Füßen', hierauf
Maria ohne Nimbus in reich gesticktem Kleide
mit einem Kleinod auf der Brust, ein edel-
steingeschmücktes Diadem auf dem Kopfe und
Ringe in den Ohren, auf einem polster-
belegten Sitz mit Fußbänkchen, den Spinn-
rocken an der rechten Seite und eine lange
Flocke von Wolle in den Händen haltend,
aufmerksam und erstaunt anfhorchend. Rechts
neben ihr steht ein dritter Engel in der-
selben Erscheinung, wie die beiden andern.
Alle drei sind theils segnend, theils bewun-
dernd. theils zuredend mit dem Wunder be-
schäftigt, das eben vor sich geht; denn über
dein Haupte Mariens schwebt von links her
die Taube als Symbol des hl. Geistes, von
rechts her ein vierter Engel, der ebenso ge-
kleidet ist, wie die übrigen, nur daß er bloße
Füße hat, in den Wolken. Lehner13),
dessen Beschreibung wir bisher gefolgt sind,
hält diesen für den eigentlichen Verkündi-
gnngsengel, während die drei stehenden die
gewöhnliche himmlische Gesellschaft ansmachen,
die z. B. der hl. Ambrosius und schon das
Protoevangelium der Jungfrau beigibt. Doch
scheint mir eher derjenige der Verkündiger
der himmlischen Botschaft zu sein, der un-
mittelbar vor der hl. Jungfrau steht und zu
ihr gewendet die Rechte sprechend erhebt.

2) Auf einem Oelfläschchen von
Monza ans der Zeit Gregors d. Gr. steht
der Engel geflügelt mit Nimbus, wie auf
dem Mosaik noch ohne Scepter, vor der Jung-
frau, tvelche sich von ihrem Stuhle erhoben
hat und anscheinend die Wolle ans einem
Korbe zieht.

3) Auf dem Elfenbein der S a m m-
lnng Trivulzi zu Mailand steht der
Engel geflügelt und mit Scepter vor der
ebenfalls aufgerichteten Jungfrau. Diese hat
zu ihren Füßen einen kleinen Korb, in welchem
die Spindel u. s. f. sichtbar ist. 5.—6. Jahr-
hundert.

4) In der Ev an g elien h a nd schrift
des Rabulas zu Florenz aus dem I.
586 steht der Engel, geflügelt, mit Nimbus
und Scepter, ebenso wie Maria, die gleich-
falls mit Nimbus, Tunika und Pallium sich
vor ihrem Reffet und auf der diesen tragen-
den Stufe, angesichts eines Gebäudes aufge-
richtet hat und die Wolle aus einer Art Urne
herauszieht.

5) Aehnlich auf einem geschnittenen

toteine b £ 8 Cabinet des m 6 d a i 11 e s z u

P a ri s.

") a. a. O. S. 300 f.
 
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