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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 4.1886

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Nr. 7
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Detzel, Heinrich: Mariä Verkündung in der christlichen Kunst, [1]
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Neresheimer Marmor
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https://doi.org/10.11588/diglit.15862#0079

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75

6) Einen zweiten in derselben Sammlung
erwähnt Rohanlt de Flenry (La ste. vlerge
I. 78. pl. IX.).

Auf all diesen Darstellungen sieht man den
Korb und die Urne, aus welcher die hl.
Jungfrau eben den Wollfaden herauszieht.
Auf andern sieht man nicht den Korb, son-
dern nur die Spindel, so:

7) Eine Platte vom Elfenbein st u hl
des hl. Maximianu s b ei Oliv ieri in
Pesaro, um 556 entstanden. Maria sitzt
unter einem Gebäude auf ihrer Kathedra,
anscheinend einem geflochtenen Korbstuhle, die
Spindel in der Linken. Der Engel steht,
geflügelt, mit dem Scepter vor ihr. Beide
ohne Nimbus.

8) Elfenbeinbuchdeckel in Paris.
Engel, geflügelt und mit Nimbus und Scepter,
steht vor der ebenfalls mit dem Nimbus ge-
schmückten, in einem geflochtenen Stuhle
sitzenden Madonna, welche die Spindel wieder
in der Linken hält.

9) Elfenbein der Sammlung Tri-
vnlzi in Mailand. Engel und Maria
ohne Nimbus. Der Engel ungeflügelt, aber
mit den: Scepter, Maria mit der Spindel,
stehend.

10) Mosaik aus der Zeit Leo'slil.
in S, Nereo edAchilleo iUN 0 M. Engel
mit Flügel und Scepter, Maria sitzend mit
der Spindel, beide mit Nimbus.

11) Elfenbeinpyxis aus der ehemali-
gen Hahn'schen Sammlung in Hannover,
jetzt wahrscheinlich in Paris.

Alle diese Darstellungen lehnen sich an
die Apokryphen an und betonen so mehr, wie
gesagt, das historische Moment in der Ver-
kündigung; ihnen läßt sich nur ein einziges
Denkmal aus dieser altchristlichen Zeit gegen-
über stellen, das mehr das Mysterium zeigt
und also einfach das Lukasevangelium wieder-
giebt: es ist eine Elfenbein platte von
einem Kästchen oder Buchdeckel in der Vidi,
nationale zu Paris, welche zwischen dem 5.
bis 7. Jahrhundert entstanden sein soll.

(Fortsetzung folgt.)

Neresheimer Marmor.

Wer hätte nicht schon beim Anblick der
marmorreichen Kirchen Tirols und Italiens
Anwandlungen von Neid empfunden, wenn
er des eigenen marmorlosen Landes gedachte,
das dem kirchlichen Kunststreben kein so kost-
bares und dankbares Material zur Verfügung
stellen kann. Aber fast scheint es, als seien
wir nach dieser Hinsicht reicher als wir

wußten. Daß da und dort auch in unfern
Bergen ein Körnchen Marmor sich finde,
war ja wohl bekannt; aber der Gedanke
der Ausbeutung derartiger Lager kam nicht
auf, weil man ihnen keinen erheblichen Um-
fang zutraute und weil die gefundenen Proben
nicht gerade auf höhere Qualitäten von
Marmor wiesen.

Da kam im vorigen Sommer aus Neres-
heim und Umgegend die Freudenkunde, daß
man aut Marmorlager gestoßen sei, welche
zu größeren Hoffnungen berechtigen, und es
haben die Nachforschungen Resultate zu Tage
gefördert, welche den Optimisten bedeutendes
Uebergewicht über die Pessimisten und Zweifler
verschafften. Die Befürchtung, man möchte
es auch hier mit ganz gewöhnlichem, ge-
schichteten und lagerhaften Juramarmor zu
thun haben, hat sich in die freudige Ueber-
zeugung umgesetzt, daß dieses Lager ge-
wachsener Marmorberg ist und durchweg ge-
sunde, kompakte Blöcke von feinem Korn und
gut polirbarer Qualität zu liefern im Stande
ist; man hat bereits Blöcke von 2^2 Kubik-
meter Umfang und mehr gebrochen. Das
ganze Lager scheint von großer Ausdehnung
und Mächtigkeit, da es nicht nur am Berg
in einer Länge von ca. 3000 Meter sich
verfolgen läßt, sondern auch über die Thal-
sohle hinüberläuft und an der jenseitigen
Bergwand sich wieder zeigt. Auch in der
Nachbarschaft von Neresheim, in Dunstelkingen,
Kösingen, Schloßberg, Trngenhofen zeigen
sich Marmorlager;r) der Kösinger totem soll
nicht die schöne Färbung haben wie der
Neresheimer aber ebenso kompakt sein wie
dieser und der Schloßberger; der Dunstel-
kinger ist sehr schön weiß und zeigt inter-
essante Pflanzenabdrücke, scheint aber an
Kompaktheit hinter dem Neresheinier zu stehen;
der Trugenhofer übertrifft den letzteren an
Schönheit der Färbung. Den Neresheimer
selbst vergleichen Kenner mit dem italienischen
und französischen Marmor, was Äderung
und Färbung anlangt, ja sie räumen vor
diesem ihm einen Vorzug ein, wegen seiner
durchaus tüchtigen Gesundheit und größeren
Politurfähigkeit. Vor mir liegen zwei Proben;
die eine Tafel zeigt fleischrothe, mit gelb
untermischte Färbung mit dunkelbrauner
Streifung, ein wirklich schönes, ebenso leben-
diges, als harmonisch-ruhiges Farbenspiel; die
andere ist dunkler und eintöniger, braungelb
mit helleren und dunkleren Streifen. Die sonst
noch vorkommenden Nnancirnngen sind sehr
mannigfaltig und reich.

') Neuerdings kommen auch aus Mühlheim
bei Tuttlingen Nachrichten von reichlichen und
schönen Funden.
 
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