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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 4.1886

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Nr. 8
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Detzel, Heinrich: Mariä Verkündung in der christlichen Kunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15862#0087

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Engel kniet auf Wolken. Das Zarte, Feier-
liche des Ganzen wird noch gehoben durch den
Goldgrund. Vorbild für diese einfach feier-
lichen Kompositionen des engelgleichen Malers
war wohl Giotto's Verkündigung in der
Annunriata dell’ Arena zu Padua. Maria
kniet hier, die Hände über der Brust gefaltet
und zugleich ein Buch haltend und die Augen
niedergeschlagen voll Demuth da, eine kraft-
volle, von aller Weichlichkeit und Sentimentali-
tät weit entfernte Jungfrau; ihr Zimmer
wird von einem großen himmlischen Strahle
erleuchtet. Der Engel kniet auf beiden
Knieen und erhebt segnend die Rechte,
in der Linken hat er ein Spruchband und ist
von himmlischem Lichte umflossen. Der Vor-
gang geschieht in dem einfachen Hanse Mariens.

Was die Zeit anlangt, in welche die christ-
lichen Künstler in ihren Darstellungen das
Ereigniß der Verkündigung verlegen sollten,
so ist ihnen hierüber von der hl. Schrift keine
besondere Norm gegeben. Die Kirchenväter
und älteren Ausleger der hl. Schrift nehmen
an, daß die Verkündigung in der ersten Zeit
des Frühlings und zwar Abends, bald nach
Sonnenuntergang, der nachher als „Ave
Maria" geheiligten Stunde, stattgefunden
habe und daher auch das Glockenzeichen, welches
die Ankündigung gibt, der „Angelus" genannt
worden sei. Letztem Gedanken hat der Wiener
Meister Führich23) sehr sinnreich dadurch
angedeutet, daß er hinter dem Verkündignngs-
engel einen andern Himmelsboten eine Glocke
läuten läßt, über der die Aufschrift „Ave
Maria" angebracht ist. Auf altern Werken
findet man das Ereigniß auch als um Mitter-
nacht stattgefunden angegeben, indem entweder
der Mond und die Sterne am Himmel er-
scheinen, oder eine brennende Wachskerze oder
Lampe vorhanden ist.

Als Ort der himmlischen Erscheinung
kann nach der hl. Schrift (Luc. 1, 28) nur
das Innere des Hauses der hl. Jungfrau
gemeint sein. Abweichende Darstellungen hie-
von, wie wenn z. B. Maria gerade, als der
Engel erscheint, Wasser aus dem Brunnen
außerhalb ihres Hauses schöpft, sind ein Nach-
klang der apokryphen Darstellungen der älte-
sten Kunst. Wir sehen den Vorgang übri-
gens bald in das Innere des Hauses, bald
in eine Kirche, bald auch selbst auf die Straße
verlegt. So hat Fr an eia Raibolini
(1450—1517) in feinem großen Verkündi-
gungsbilde in der Brera zu Mailand die
>Lcene auf die Straße einer Stadt zwischen

2S) Der Bethlehemitische Weg. 12 Zeich-
nungen mit einem Titelblatt von Joseph Ritter
von Führich. Leipzig. Bl. 1.

hohe Gebäude verlegt. Das sonst herrlich
schön gemalte Bild zeigt Maria mit dem
innig frommen Ausdrucke, der Francia eigen
ist; sie steht an einem hohen Gebäude und
neigt dem Engel ihr Haupt zu, der mit einer
Lilie in der Linken auf der andern Seite
steht und die Rechte sprechend erhebt. In
der Mitte ist ein großer Freiblick gelassen in
die blaue Luft, lvoher die Taube erscheint;
ganz im Hintergründe eine kleine Landschaft.
Mehr eine Art Votivbilder sind solche Dar-
stellungen, welche die Verkündigung zwischen
zwei Heiligen zeigen, so z. B. von demselben
Meister ein Gemälde, das die Verkündigung
zwischen dem hl. Hieronymus und Johannes
dem Käufer zeigt, in der Pinakothek zu B o-
logna. Eine ähnliche Auffassung mit dem
Täufer und St. Sebastian ist auch die von
Timoteo della Vite (1467—1533) in
der Brera zu Mailand.

Overbeck verlegt in einer zarten Blei-
stiftzeichnung im Museum zu Basel den
Vorgang in eine gothische Halle, in deren
Hintergrund man einen Garten sieht, woselbst
der hl. Joseph die Blumen gießt. Die sitzende
hl. Jungfrau hat eben das Buch zugeschlagen
und horcht auf die Worte des erscheinenden
Engels, der knieend seine Botschaft vorträgt.
Wenn der Vorgang in das Innere des
Hauses verlegt ist, so schaut dieses zuweilen
aus wie ein Oratorium; manchmal sehen wir
ein Portal mit offenen Arkaden, öfter aber
auch blos ein Schlafzimmer. 2lnf altdeutschen
und niederländischen Gemälden gibt uns der
Künstler, allerdings mitunter in sehr naiver
Weise, ein altdeutsches gothisches Zimmer
mit einem Gitterfenster und kleinen Butzen-
scheiben; ein Bett mit Kissen oder eine be-
queme mit Vorhängen versehene, vierfüßige
Bettstatt ist zu sehen und dergleichen andere
Hauseinrichtungen mehr. Wir haben hier dann
weiter nicht viel mehr als das Konterfei einer
altdeutschen Stube, was wohl „naiv", aber
der Würde der Sache nicht entsprechend ist,
besonders wenn dazu nicht bloß Beiwerke
angegeben sind, welche die Beschäftigung der
hl. Jungfrau andeuten sollen, wie Körbchen
mit Näharbeit, Scheeren, Spinnrocken u. drgl.
sondern noch Hunde, Katzen nnb dergleichen
Wesen die Gesellschaft bilden. (Schluß folgt.)

Literatur.

B 1 b 1 i a p a u p e r u m. Bilder für KÜN st-

l er u n d K u n st f r e u n d e, gezeichnet von
Professor Ioh. Klein in Wien und von
Frater Max Schmalzt, Congr. Ss. Red.
2. Auflage. Regensburg, Pustet 1885.
Ouart. Preis 6 M.

In welchem Berhaltniß diese Armenbibel zu
der 1878 von unserem Verein in zweiter Auslage
 
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