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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 4.1886

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Nr. 9
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Relpek, Eugen: Eindrücke von der Augsburger Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.15862#0091

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87

Eindrücke von der Augsburger
Ausstellung.

Gerne hätten wir dem Leser als Führer
gedient ans einer Kunstwanderung nach Augs-
burg, zu seinem ehrwürdigen Dein mit den
alten Glasgemälden und den bilderreichen
Thoren, an welchen leider ein Heer garstiger
Vögel, mehr geschäftig als kunstsinnig, haust,
die, wenn ihnen nicht einer wehrt, bald das
Ganze zugebaut haben werden; zu seinen
sehenswerthen Sammlungen und insbesondere
zu seiner immer noch tagenden „Schwäbischen
Kreis-Industrieausstellung", welche durch eine
Menge in Privatbesitz befindlicher und hier
zum ersten Mal der Welt zugänglich ge-
machter Kleinodien eine weit über das Lokale
hinausgehende Bedeutung besitzt. — Aber
sie wird nicht mehr lange tagen. Wir sind
zu spät aufgestanden! Wir können nur noch
den gehabten Gesammteindruck zu Papier
bringen, einige bis jetzt weniger bekannte,
namentlich dienachahmenswerthen Kunstgegen-
stände ins Licht setzen und nebenbei ein paar
Ungenauigkeiten, die uns ausgestoßen, be-
richtigen. Zu letzteren gehört die etwas selt-
same Bezeichnung „Kreuzpartikel-Monstranz"
für die Nummern 1327—1329. Das sind
keine Kreuzpartikel, sondern Monstranzen,
wie die noch vorhandenen lunulae beweisen.
Der „Pastoralstab für Trauereeremonien eines
Propstes vom hl. Kreuz in Augsburg" Nr.
1416 ist einfach ein Stab aus alterschwarzem
oder aus schwarz gebeiztem, oder aus Eben-
holz mit Elfenbeinkrümmung. Mit Trauer-
ceremonien hat er nichts zu thun. — Nr. 312
„Geschnitzte Truhenvorderwand von Andreas
Winckle 1579" ist nicht „geschnitzt", sondern
mit sehr schönen Intarsien oder eingelegter
glatter Arbeit verziert. — Daß man nicht
sagt: „Ein silbernes Plättchen mit einem
Cherubim" (Nr. 1583), so wenig als man,
wie es in gewissen „italienischen Reisen" ge-
schieht, von Einer Lire und Einem Scudi
sprechen kann — das zu wissen könnte einem
Kunstkenner so wenig schaden als einem
Sprachenkenner.

Für den ruhigen Genuß und das über-
sichtliche Studium der alten Werke ist es
sehr günstig, daß dieselben als „Kunsthisto-
rische Ausstellung" getrennt von dem klebrigen
in eigenen Räumen untergebracht sind. Leider
ist für die Uebersichtlichkeit in: einzelnen wenig
gesorgt. Man findet zwar, so gut es eben
geht, die Abtheilungen eingehalten: Höhere
Künste: Malerei und Skulptur — eigentliche
Kunstgewerbe — vervielfältigende Künste;
aber innerhalb dieser Abtheilungen herrscht
vielfach ein reizendes Durcheinander. Neben
dem Stab des Abtes Reginbald ein Kamm.

Ein Mörser, ein Ulmer Normalmaß, ein
Rauchfaß und eine Schlüsselloch-Einfassung
friedlich neben einander und zwar ohne höhe-
ren Gesichtspunkt! — Man kann ja wohl
ungleichartige Gegenstände neben einander
stellen, wenn an den verschiedenen die eine
und selbe Technik ftubirt werden kann und
soll. Man kann Kelche unb Schnupftabaks-
dosen , Ringe und Schmuckkästchen unmittel-
bar neben einander reihen, wenn sie z. B.
alle emaillirt sind; je verschiedener die Gegen-
stände, desto günstiger ist dann die Gelegen-
heit, die Entwicklung des betreffenden Knnst-
zweigs zu beobachten. Wo aber dieser höhere
Eintheilnngsgrnnd nicht festgehalten werden
kann — und er kann es meist nicht — da
verfahre man doch nach dem Sprichwort
Oracalus z^raculo adsidet! — Noch Ungleich
bunter als in der knnsthistorischen Abtheilung
ist freilich die Mischung in der Gruppe
„Moderne Erzeugnisse für den Kultus" —
und am buntesten auf dem Weg dahin! —
Doch wir sollen ja den Wald nicht lichten
und nicht sichten! Wenn wir nur darin botani-
siren gehen und das eine und andere kostbare
Beutestück, wenn auch vertrocknet und seines
Glanzes verlustig, in unser Herbarium schlep-
pen, so haben wir schon genug gethan!

Die erste Augenweide des Besuchers ist
die reiche Schaustellung schwäbischer Malerei,
an die eine kleine, aber auserlesene Samm-
lung von Miniaturen sich anschließt, unter
welchen die Emailmalereien besonders hervor-
ragen. Auch einige Darstellungen auf Wis-
muth aus dem 15. Jahrhundert verdienen
Beachtung. Diese schwäbische Gemäldeaus-
stellung enthält in nahezu 200 Nummern
Proben einer über mehr als drei Jahrhun-
derte sich erstreckenden Knnstthätigkeit, darunter
Werke von mehr als einem Dutzend trefflicher
altschwäbischer Meister, auch solcher Werke,
die man sonst gar nicht, oder nicht vollständig
zu sehen bekommt. So ist z. B. ein Altar-
gemälde des ä. Hans Holbein, den Tod
einer Heiligen darstellend, von den: sich die
eine Hälfte in Eichstätt, die andere in Mün-
chen befindet, hier in Augsburg wieder ver-
einigt. Dieser Meister tritt in 14 Bildern
vor unser Auge. Außer ihm versetzen uns
noch drei andere Söhne Augsburgs: Gum-
polt Gültlinger (ca. 1450 — 1522), Hans
Bnrgkmair (1471 — 1531) und Christoph
Amberger (1490 — 1563) in die Blütezeit
dieses Sitzes altschwäbischer Malerei. Ulm
glänzt durch seine berühmten Maler Hans
Schülein (1468—1502), Bartholomäus Zeit-
blom (fi 1518) und Martin Schaffner (1499
bis 1535). Von letzterem sind die zwei lieb-
lichen bilderreichen Altarflügel Nr. 68. Die
Gmünder sind vertreten durch ihren Lands-
 
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