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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 4.1886

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Nr. 9
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Relpek, Eugen: Eindrücke von der Augsburger Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.15862#0094

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man sie auch nicht, was sie wohl selbst nicht
gethan hätten, was aber der Katalog auf
etwas kühne Weise thut, — wenn man sie
auch nicht mit Benvenuto Cellini, dem ita-
lienischen Meister der Kleinkunst vergleichen
möchte. Doch nicht die Namen sind uns die
Hauptsache, loben wir die Meister in ihren
Werken und besonders — lernen wir von
ihnen!

Durch Mannigfaltigkeit der Form (von
der unbeholfenen byzantinischen bis zur ge-
schmackvollen Renaissance und wieder zum
überladenen, aber oft meisterlich gehandhabten
Rococo) fesselt uns die kostbare Sammlung
von Kreuzen und Kruzifixen, welche
vom 10.—18. Jahrhundert reicht. Wie
wunderfein ist z. B. das Laubwerk an dem
spätgothischen, dem Fürsten von Fürstenberg
gehörigen Vortragkreuz Nr. 1280!

Unter den Kelchen ist gewiß ein Dutzend,
deren jeder irgend ein besonderes Interesse
erregt. Der uralte silberne Kelch aus Füssen
greift angeblich bis in das 7. oder 8. Jahr-
hundert zurück. Der prachtvolle St. Ulrichs-
kelch aus Ottobeuren, Nr. 1340 und der
sog. Ulrichskelch ans Augsburg, Nr. 1341
sind ausgezeichnet durch eine halbkugelförmige
Cuppa. (Nr. 1340 hat nahe dem Rand in
gleichem Abstand vier Löcher. Sollten hier
Ornamente befestigt gewesen sein? Dann
wäre es kein Meßkelch, sondern ein Speise-
kelch.) Nr. 1353 aus dem Anfang des 16.
Jahrhunderts fällt auf durch das ungewöhn-
liche Material: die Cuppa ist von Berg-
krystall. — Durch feinste Filigranarbeit um
Cuppa, Knauf und Fuß leuchtet hervor Nr.
1367 aus Neuburg a. D. Ein Seitenstück
zu demsclbeu bildet Nr. 1381: sehr zierliche
silberne Meßkännchen sammt Teller und
großer Kanne. Fuß, Cuppa, Deckel der
Ampullen, sowie der Tellerrand zeigen feine
Filigranverzierung. Fein und äußerst zier-
lich, aber vielleicht schwer zu reinigen unb
deßhalb nicht ganz praktisch! — Eine ge-
diegene Arbeit des 18. Jahrhunderts, Nr.
1371 ist sehr wirksam durch deir Farben-
schmuck der Medaillons aus Perlmutter und
Achat, die von einem breiten mit Rubinen
und Diamanten besetzten Silberrand einge-
faßt sind Durch hübsche originelle Form
empfiehlt sich zur Nachahmung der Kelch
Nr. 1347 aus dem 15. Jahrhundert (jetzt
im Besitz der prot. Kirchenverw. in Nörd-
lingen). Aus einem kreisrunden Fuß wächst
ein sechseckiger Schaft hervor. Die Ver-
mittlung zwischen beiden ist dadurch herge-
stellt, daß der Fuß unmerklich gegen den
Schaft etwas ansteigt und wie dieser in sechs
Felder gethcilt ist. ^Die sechs Felder des
Fußes wie die des Schaftes sind durch ge-

triebene Peristäbe von einander getrennt und
mit feinem Email verziert. Der Knauf ist
in üblicher Weise mit sechs Zapfen versehen.
Man sieht, der unbekannte Meister hat die
Schablone durchbrochen ■— glücklich durch-
brochen !

Noch eigenartiger in der Form, aber nicht
so glücklich und darum ja nicht nachzuahmen
sind zwei als Bundesladen aufgebaute
Speisekelche, Eigenthum zweier prot.
Kirchenverw. in Augsburg. (Vielleicht auch
ursprünglich für diese gefertigt?) Bei dem
einen knieen auf dem Deckel der Lade die
Cherubim; bei dem andern ruhen die Trag-
stangen der Area in den Händen von Engeln.
Das Ganze ist ein seltsamer Einfall, aber
eine schöne Arbeit aus dein 17. Jahrhundert.

Ein anderes Unicum und zwar wieder
ein glückliches und darum nachahmungswür-
diges („mach's einer nach und breche nicht
den Hals I") ist Nr. 1329, eine M o n st ranz
aus dem 16. Jahrhundert im Besitze des Für-
sten von Hohenzollern-Sigmaringen. lieber
einer nach unten mit einer Bogenkrönung
verzierten Plattform steht, leicht sich empor-
windend und oben in Spitzbogen schließend
eine Laubhütte, umrankt von dichtem Blät-
terschmucke. Die Pfeiler, die Bogen treten
nicht hervor; nichts architektonisch Hartes
und Starres! Das lebendige Laubwerk ist
hier alles! Und wie vollendet ist nicht die
Treib- und Ciselirungsarbeit an Blättern
und Blmnen! Unter der Laube, unmittelbar
auf der Plattform steht — ein über Eck ge-
stelltes Viereck — die Pyxis, in der Nische
über der Pyxis ein edles Muttergottesbild.
Mit dem Fuß ist die Plattform verbunden
durch einen Schaft, der ans zwei durchein-
ander gewundenen Acsten oder Stäben be-
steht, die des bequemen Haltens wegen ohne
alle hervorragende Verzierung sind. Auch
der Knauf ist weggelassen. In der Pyxis
ist noch die Lunula. Es kann also von kei-
ner „Kreuzpartikelmonstranz" die Rede fein!

Außer der genannten entlehnt auch eine
der Renaissance angehörige Monstranz ihre
Form dem Pflanzenreich: Nr. 1331. Ihr
Laubwerk wetteifert mit dem der vorigen an
künstlerischer Vollendung. Die Form der
Pyxis ist ein längliches Achteck. An der
Rückwand desselben wächst der kreisförmige
Strahlenkranz hervor und diesen umschlingt
und umspinnt mit üppig hervorschießenden
Blättern ein Blumenkranz, aus dem Perlen,
Edelsteine und vorzügliche Emailbilder her-
vorblinken. — Man kann sich keinen frap-
panteren Gegensatz denken, als den zwischen
Metallarbeiten, die sich vonr Pflanzenreiche
inspiriren ließen und solchen, welche die
strengeren mehr für Stein als für Metall
 
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