Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 4.1886

DOI Heft:
Nr. 9
DOI Artikel:
Relpek, Eugen: Eindrücke von der Augsburger Ausstellung
DOI Artikel:
Detzel, Heinrich: Mariä Verkündung in der christlichen Kunst, [3]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15862#0096

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
tcn hat auf sich wirken lassen. Möchte ein
solches Vorbild anö dem einsamen bayerischen
Allgäu doch auch auf gewisse große Fabri-
kanteu vou kirchlichen Gegenständen wirken,
daß sie z. B. kein marmorirtes Eisen mehr
verkaufen!

Auch die von Karl Ness in Biberach aus-
gestellten preiswürdigen Kirchenparamente
(Traghimmel, Pluviale, Meßgewänder u. dgl.
und namentlich schöne Linnenstickerei), sodann
die von der Kunststickerei-Anstalt von Frick
und Lipp in Aulendorf eingesandten Proben
— besonders das schöne Meßgewand mit
reich und geschmackvoll gestickten: Kreuz (nur
hätte sollen statt des glitzernd weißen Stof-
fes ein etwas mehr gedämpftes Weiß ver-
wendet werden; das Kreuz würde sich wir-
kungsvoller davon abheben!) — ich sage,
diese anerkennenswerthen Beispiele von gutem
Geschmack und gediegener Leistung zeigen,
was unser Kunsthandwerk von dem emsigen
Studium und der vernünftigen Nachahmung
der alten Meister uub Muster gewinnen kann.
Dieses Studium zu erleichtern, diese Nach-
ahmling anzuregen und gu fördern, dazu vor
allem finden doch kunsthistorische Ausstellun-
gen statt. Desto auffallender ist, daß das
Zeichnen dabei verboten sein soll! Ein sol-
ches Verbot ist modernen Leistungen gegen-
über begreiflich, dagegen widersinnig bei Wer-
ken der Vorzeit, welche zugänglich zu machen
die Ausstellungen ja ain meisten behilflich
sein sollten. Was schadet es, wenn ein ehr-
licher Schwabe ein fein stilisirtes Laub, ein
brauchbares Leder-Ornament, oder irgend
ein nachahmenswerthes Motiv eingelegter Ar-
beit mit ein paar nothdürftigen Strichen in
sein Schreibbnch hingeworfen, als gute Beute
mit nach Hause nimmt? Ist dies etwa ein
Eingriff in die Rechte des jeweiligen In-
habers? — Besitzer kann man ja oft nicht
einmal sagen!

Aber in höherem Sinn sind diese Alter-
thümer das geistige Gemeingut des ganzen '
Volkes. Daraus, wie ans den Geisteswer-
ken der Alten überhaupt nach bestem Wissen
und Können zu schöpfen, hat jeder das Recht,
das ihm nicht soll verkümmert, nicht ver-
stümmelt werden. Eugen Relpek.

Mariä Verkündigung in der christ-
lichen Runst.

Von Pfr. Detzel in Eisenharz.

(Schluß.)

Die hl. Jungfrau selbst wird am besten
knieend als im Gebete begriffen oder in einem
größeren aufgeschlagenen und ans einem Tische
vor ihr liegenden Buche lesend dargestellt.

So besonders, wenn derjenige Moment ge-
wählt ist, in welchem sie ihre Einwilligung
in den göttlichen Willen ausdrückt: „Siehe
ich bin eine Magd des Herrn; mir geschehe
nach deinem Worte!" Sie wird dann am
passendsten mit geneigtem Haupte und mit
gefalteten Händen und niedergeschlagenen
Angen daknieen voll Demuth und Ergeben-
heit, wie auf den: Genter Altäre des Joh.
van Eyck, oder wie auf dem Verkündignngs-
bilde des Hubert van Eyck in der Pina-
kothek zu M ü n ch e n; Maria, ganz jugendlich,
zart und innigfromm, kniet hier mit aufge-
lösten Haaren und in dunkelblauem Gewände
vor einem Pulte und hat ein Buch vor sich;
sie hat sich der Erscheinung des Engels zu-
gewendet, ein Motiv, das ans der nieder-
ländischen Schule in zahlreiche Bilder der
oberrheinischen Schulen übergegangen ist.
Wir haben schon oben gesagt, was unter dem
„Schrecken" Mariens bei Erscheinung des
Engels zu verstehen sei und es ist deshalb
fehlerhaft, wenn man den erhabenen und
heiligen Inhalt der Scene dadurch stört, daß
man Maria als wirklich erschreckt empor-
fahrend oder unwillig von ihrem Sitze sich
erhebend erscheinen läßt, zumal da es ja
nicht die Anwesenheit des Engels, sondern
sein Wort ist, worüber sie erschrak. So hat
Ln ca Signorelli (1441—1523) im Dome
zu Volterra die hl. Jungfrau ansgefaßt,
wie sie erschrocken die Hände ausbreitet und
und selbst das Buch hat auf den Boden fallen
lassen. Kein Wunder! denn der Engel er-
scheint so rasch in flatternden Gewändern,
daß sie keine Zeit mehr finden kann, sich zu
fassen. Den gleichen Fehler hat Bernar-
dino Pinturicchio (1455 — 1513) in
seinen Fresken des Domes S. Maria Mag-
giore zu Spello gemacht.

Wenn der Maler aber den Moment ans-
drücken will, in welchem eben der Einzel er-
scheint und seinen Gruß ausspricht, kann
Maria stehend gedacht werden und können
ihre Blicke auf ihn gerichtet sein, wie denn
so die hl. Jungfrau besonders ans vielen
italienischen Verkündigungsbildern dargestellt
ist, z. B. von Filippo Lippi, Signorelli,
Pinturicchio, Francia Raibolini, Andrea del
Sarto n. a. Eine solche Auffassung finden
wir auch ans der Neuzeit in der Kunst-
schule von Beuron-Emaus in Prag.
Maria steht verwundert, die Hände aus-
breitend, der Engel kniet, die Rechte erhebend.
Wie durch all' die herrlichen Bilder dieser
Schule zieht sich auch durch diese Darstellung
eine innige Frömmigkeit und ein hochfeier-
licher Ernst, Eigenschaften, die freilich vor
der modernen Knnstanschaunng keine Gnade
finden. Aber auch sitzend, vielleicht ebenso
 
Annotationen