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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 4.1886

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Nr. 9
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Geschlossene Kirchen, [1]
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.15862#0099

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95 —

unserer Diözese ist die rechte Ordnung in
diesem Punkt so sest eingebürgert, daß
man landauf landab, in Dörfern und
Städten, die katholischen Kirchen den ganzen
Tag über geöffnet finden wird und ge-
schlossene Kirchen durchweg als protestan-
tische ansehen darf. Ja um gerecht zu
sein, müssen wir anfügen, daß wir aus
unfern Wanderungen in manchen Gegenden
auch die protestantischen Kirchen offen fan-
den, wenn auch nur zum Zweck der Lüftung.
Aber manche Diözesen, welche an die
nnsrigen angrenzen, viele Gegenden am
Rhein, die katholischen Länder Frankreich
und Belgien haben hierin eine Sitte nach-
geahmt, welche für den Protestantismus
eine berechtigte Konsequenz aus seiner An-
schauung vom Zweck und der Bedeutung
der Kirchen, ans katholischem Standpunkt
aber eine Inkonsequenz, eine Anomalie,
eine Verleugnung der katholischen Anschau-
ung von der Kirche als Wohnung des
eucharistischen Gottes, eine Grausamkeit
und ein Unrecht gegen das katholische Volk
genannt werden muß. Dies ist der Haupt-
grund der Entrüstung, die sicher viele
schon mit uns theilten, wenn sie vor ge-
schlossenen katholischen Kirchen standen.
Die Unannehmlichkeit, den Mesner zu
suchen und für seine die Thüren und das
künstlerische Verständniß erschließenden
Dienste zu honoriren, wäre ja wohl noch
zu tragen. Aber daß man die Thore ver-
schließt, die zum Heiland führen, daß man
die Seelen durch geschlossene Thüren sern-
hält von dem, der ans dem Tabernakel
ruft: kommet alle zu mir, die ihr mühselig
und beladen seid, daß man Leidtragenden
es unmöglich macht, zu seinen Füßen zu
ruhen und sich Trost zu holen, — darin
liegt das durchaus Unkatholische dieser Zu-
sperrung der Kirchen.

Und auch die Kunst ihrerseits hat Recht
und Pflicht, sich hiegegen zu verwahren.
Wenn ich, so kann sie sprechen, den Berns
und das Apostolat haben soll, neben der
Katechese Erzieherin und Lehrerin des
Volkes zu sein, wenn ich meine Lehren in
der Sprache der Farben an die Wände
anschreibe, wenn ich durch meine edlen
Gebilde die Gegenwart des Erlösers ver-
herrliche und verkünde, wenn ich das Leben
der Heiligen schildere und in der geheiligten
Sprache der Symbole die Glaubensgeheim-

nisse an die Wände der Kirchen anschreibe,
welches Recht habt ihr, diese Kirchen zu
verschließen, das Volk zu hindern, bei mir
in die Lehre zu gehen und sich an meinen
Schöpfungen zu belehren und zu erbauen?
Wie könnet ihr es verantworten, spärlich
zur Darbringung des hl. Opfers die Thüren
zu öffnen und sie nachher sogleich wieder
zu schließen? Heißt das nicht soviel als
dem Volk den Anblick der hl. Darstellungen
verwehren und mir die Ausübung meines
Apostolats unmöglich machen? Es ist ja
wahr, daß ich zunächst des Heilandes willen
da bin, um die Stätte seiner Gegenwart
zu zieren, aber vergesset doch nicht, daß
der Heiland des Volkes willen da ist.
Oessnet die Kirchen und gebet dem Volk
seine geistige Heimat wieder! —-

Du vergissest aber, wird man mir er-
widern, daß man die Kirchen nicht ver-
schließen würde, wenn nicht dringende
Gründe es nicht nöthig machten. Wir
wollen sie prüfen und wägen. Ich habe
mir redlich Mühe gegeben, an Ort und
Stelle, wo immer diese Clausnr mir be-
gegnete , die Gründe in Erfahrung zu
bringen, mit welchen dieselbe gerechtfertigt
werden sollte. An manchen Orten war
der einzige Grund, den man vorbrachte —
der Mesner! der Mesner, der eben jeden
Tag nach dem Gottesdienst abschließe!
Und diese Eröffnung wurde zuweilen mit
einem Seufzer und Achselzucken begleitet,
welche andenten sollten, daß eine Auf-
lehnung gegen diese Anordnung und Ge-
pflogenheit des Mesners zu den absoluten
Unmöglichkeiten gehöre. (Schluß folgt.)

Literatur.

Z u r K e n n t n i ß und W ü r d i g u n g der
mittelalterlicken Altäre Deutsch-
lands. Ein Beitrag zur Geschichte der
vaterländischen Kunst von E. F. A. Mün-
zenberger, Stadtpfarrer. Z w e 11 e L i e-
fernng mit 10 photogr. Abbildungen.
Frankfurt, Fässer, 1886. Groß-Folio. Text
S. 25—48. Preis: 6 M.

Die ziveite Lieferung des von uns in Nr. 2
dieses Jahrgangs gekennzeichneten und warm
empfohlenen Werkes führt im Bilde vor Altäre
von Soest aus der romanischen Zeit, die gothi-
scheu Altäre von Obcrwesel, Altenberg, Marieu-
statt, Minden, Erfurt, Wismar, Rothenburg,
Danzig, den Altar mit Sakramentsschreiu von
 
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