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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 4.1886

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Nr. 11
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Prill, Joseph: Grammatik der kirchlichen Baukunst, [13]
DOI Artikel:
Schnell, J.: Die Vortragkreuze im Landkapitel Tettnang, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15862#0113

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109

selbst ergeben, so machte man dieselbe
setzt noch kräftiger, um so deren Halt zu
vermehren, wodurch der ganze zwischen
Gurten und Rippen liegende Wölbetheil
einem flachen Kuppelstück ähnlich wurde
(daher der Name Kappe für diese Ge-
wölbeselder, während man die Rundung
derselben Busen oder Busung nennt.
Es entsteht durch diese Anordnung ein
kräftiger Gegensatz zwischen tragenden und
getragenen Theilen, Rippen und Kappen,
der einem solchen Gewölbe etwas unge-
mein Frisches und Lebensvolles verleiht. —
Was die Ausführung angeht, so bedürfen
nur die Rippen und Gurten (bzw. Schild-
bögen) einer Holzform (Lehrbögen), auf
denen sie gemauert werden, die Kappen
werden ans der Hand aufgeführt, da die
einzelnen Schichten der dünnen Wölbung
vollständigen Halt haben sobald sie für
sich geschlossen sind. Dabei kann die
Richtung der Kappenschichten eine mehr-
fache sein. Entweder laufen sie senkrecht
zur Richtung der Gurten und schneiden
sich über den Rippen oder sie laufen senk-
recht zur Richtung der Rippen über diese
weg und schneiden schief an die Gurten
bzw. einander im Scheitel der Kappe.

(Fortsetzung folgt.)

Die Vortragkreuze im Landkapitel
Tettnang.

Von Vikar I. Schnell in Friedrichshafen.

(Schluß.)

Für gothische Entstehungszeit spricht auch
das Kreuz in Wildpoltsweiler. Doch
ist hier ein absolut sicheres Urtheil nicht
ganz leicht möglich. Denn das Kreuz
wurde wohl in der redlichsten Absicht zur
Reparatur hergegeben, aber derart mit
Gold- und Silberbronce überzogen, daß
von den Gravierungen nur noch spärliche
Umrisse zu sehen sind, am meisten noch am
Längenstab, wo auf der Rückseite um einen
schmalen Stab sich Blätter winden, wäh-
rend die Vorderseite noch viel reicher ver-
ziert war. Vierpaß, wie oben mit Me-
daillons auf beiden Seiten, die aber ganz
mit Farbe überstrichen sind. In der
Vierung zeigt sich eine ganz eigenthümliche,
von den andern verschiedene Form, näm-
lich ein sehr großes Quadrat, welches aber
in seinen Ecken eingeschnitten ist und so

den Uebergang vom Längen- zum Quer-
stab besser vermittelt (vergl. die Zeichnung
aus Blatt II, Nr. 10).

Der crucifixus mit stark gebogenen
Armen und auf die Brust gesenktem
Haupte ohne Dornenkrone und überein-
ander gelegten Füßen ist durch Goldbronce
ganz ausdruckslos gemacht. Es ist wirklich
schade um das Kreuz, welches bei seiner
schlanken Form (der Stab hat eine Breite
von nicht ganz 3 cm bei einer Höhe von
46 cm und einer Breite von 36 cm in
den Querarmen) einen schönen Eindruck
macht und es dürfte sich lohnen, demselben
sein früheres Aussehen wieder zu gebeu.

Das Vortragkreuz von Gopperts-
w eil er ist entschieden älter. Seine Höhe
beträgt 45 cm, seine Breite in den Quer-
armen 35 cm und im Stab 4 cm. Vier-
paß wie gewöhnlich. Die Vierung weicht
in der Form von den übrigen ab, indem
der rechtwinklige, stark heraustretende Vor-
sprung ausgeschweift ist (siehe Blatt II
Nr. 11). Auf der Vorderseite der Vierung,
ziemlich oben, sehen wir ein Medaillon mit
gravirtem Agnus Dei und schön getrie-
bener Umrahmung. Auf der Rückseite ist
eine vergoldete Kapsel aus Kupferblech,
welche sich öffnen läßt. Auf dem Deckel
ist ein Agnus Dei eingravirt mit Sieges-
fahne und ringsherum eine Inschrift in go-
thischen Minuskeln, zu deren Entzifferung
mir die nöthige Zeit fehlte. In den Vier-
päsfen sind auf der Vorderseite 1 cm hohe
Medaillons angebracht, deren Oberfläche
gravierte Sterne darstellen, die aber wie
Blätter behandelt sind. Aus der Rückseite
sind 1,5 cm hohe Nägel mit sauber ge-
arbeiteten Blättern im Kreise befestigt. Die
Zeichnung der Stäbe ist eine von den bis-
her beschriebenen verschiedene. Auf der
Vorderseite haben wir einen knorrigen
Stamm, um den sich feine Zweige winden
(Blatt II, Nr. 12 links vom crucillxus
unter dem Querarm) und dieses Motiv
ist auf der ganzen Vorderseite das näm-
liche. Die Rückseite bietet zweierlei Muster,
nämlich auf der unteren Hälfte des Länge-
stabes einen flach gehaltenen schmalen
Stab, umrankt von feinen Zweigen (vgl.
Blatt II, dir. 13). Im oberen Theil des
Längetheiles und in den Querarmen fehlt
dieser Stab und wir treffen hier einen in
der Mitte sich hinschlängelnden Zweig mit
 
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