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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 4.1886

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Nr. 11
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Schnell, J.: Die Vortragkreuze im Landkapitel Tettnang, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15862#0114
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kleineren Zweigen und Blättern. Ganz
nett ist hier nach Art der Eckblätter an
den romanischen Säulenbasen der Ueber-
gang vom Vierpaß zum Medaillon durch
die hübschen Blättern in den Ecken ver-
mittelt (vgl. Blatt Ist Nr. 14). Der
crucifixus ist ganz der nämliche wie am
Kreuze im benachbarten Primisweiler.

Das Vortragkreuz in Eriskirch ist
das bisher noch am meisten berücksichtigte
im Kapitel. Es ist sehr gut und schlank
gebaut; namentlich sind die Verhältnisse
von Höhe 50 cm und Breite der Quer-
arme 36 cm und des Stabes 3,5 sehr
gut gestimmt. Die Stäbe enbtgen in Vier-
pässen, in deren Mitte auf der Vorder-
wie ans der Rückseite Medaillons sind.
Auf der Rückseite sind ans niellirten
Grund ziemlich roh die 4 Evangelisten-
symbole eingravirt mit einem den betr.
Namen in gothischen Majuskeln tragenden
Spruchbande. (Vgl. Blatt Ist Nr. 3 Engel
im Medaillon). Auf der Vorderseite ist
oben der hl. Geist von Strahlen umgeben,
rechts der hl. Johannes, links die mater
dolorosa, das Schwert in der linken Brnst-
seite, unten ein Löwe mit ansgesperrtem
Rachen und mit 2 Jungen vor einer Palme.
In der Vierung ist hier eigenthümlicher
Weise ein kreisrundes Messingblech mit
10 cm Durchmesser. Die Vorderseite des-
selben zeigt ein Medaillon in umgestürzter
Herzform worauf ein Pelikan mit 2 Jungen
eingravirt ist, die Rückseite ein Agnus
Dei mit Siegesfahne. Die Kreuzesüber-
schrist ist schön und zierlich gearbeitet in
gothischen Minuskeln, welche durch sauber
gearbeitete Blättchen von einander getrennt
sind. Die Schrift ist auf einem von links
oben nach rechts unten laufenden Viertels-
stab, welcher umrahmt ist von gewundenen
eiselirten Messingstäbchen. Die Zeichnung
der Stäbe ist noch ziemlich primitiv. Ans
der Vorderseite ist ein sich hinschlingender
Zweig mit kleineren Zweigen (vgl. Blatt Ist
Orr. 15 rechts). Ans der Rückseite kreuzen
sich gerade Linien und bilden so auf den
Ecken stehende Rhomben, in welche kleine
Sterne eingravirt sind (vgl. Blatt Ist
Nr. 16 links). Der crucitixus ist ein
schöner Messingguß. Der lange herab-
wallende Bart verleiht ihm etwas Maje-
stätisches. Die Dornenkrone ist aus zwei
Flechten schön gewunden. Dieses Kreuz

wird wohl in frühgothische Zeit zurück-
reichen, wenigstens was die Medaillons
betrifft.

Um der Nachbarschaft willen mag es
gestattet sein, hier kurz das Vortragkreuz
von Langenargen zu beschreiben. Es
gehört mit denjenigen von Laimnau und
Ailingen zu den größten. Denn es ist
55 cm hoch, 42 und 5 cm breit. Der
Vierpaß, wie in Ob ertheuringen,
nicht rechtwinklig, sondern spitzwinklig. Die
Vierung ein stark ausladendes Quadrat.
Eine Zeichnung ist auf dem Kreuze nicht
zu finden. Es ist neu angestrichen. Die
Krenzesüberschrift siehe Blatt Ist Nr. 17
oben rechts. Merkwürdig ist der cruci-
tixus, Broneeguß, ohne Dornenkrone, die
Arme leicht nach oben gebogen, Finger
und Füße ganz roh behandelt, ebenso die
Brustpartie; das Schamtnch, links ge-
schürzt, reicht über die Kniee hinab, auf
die es sich, Hosen ähnlich, glatt hinlegt.
Die Füße sind unterhalb der Kniee über-
einander gelegt (vgl. Blatt Ist Nr. 18
links oben). Besonders bemerkenswerth
ist die Biegung des Körpers. Der cruci-
tixus ist entschieden älter als das Kreuz
und hat ganz byzantinischen Typus.

Ebenfalls aus verschiedene Zeiten weisen
die einzelnen Bestandtheile des Kreuzes in
Haslach. Höhe 53, Breite 40 bezw.
3,7 cm. Vierpaß und Vierung in der
regelmäßigen, oben beschriebenen Form.
Die Gravirung ist aus Vorder- und Rück-
seite überall ganz die gleiche, ein gewundener
dünner Zweig mit Blättern als Füllung
(vgl. Blatt Ist Nr. 19 unten). Interessant
sind die Medaillons in den Vierpässen.
Auf der Vorderseite sind es flachanfliegende
Blechstückchen mit getriebenem Rand und
heransgetriebenen schlanken Figuren (Evan-
gelisten), jedesmal zwei gleich, die einen
nach rechts, die andern nach links schauend,
sitzend und mit der rechten bezw. linken
Hand auf ein Buch weisend, das von einem
Pulte, ähnlich unserem Notenpulte, ge-
tragen wird. Auf der Rückseite sind ganz
alte Medaillons in Kupfer noch roher und
schärfer graviert, als die in Eriskirch. Es
sind wieder je zwei Figuren einander kon-
form; zwei haben hohe spitzige Kopfbe-
deckung und zwei eine abgestumpfte, einem
Kopfbund ähnliche. Jeder trägt ein Peres
Spruchband. Die Vierung ist auf der
 
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