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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 4.1886

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Nr. 12
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Prill, Joseph: Grammatik der kirchlichen Baukunst, [14]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15862#0117

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Archiv für christliche Kunst.

Organ des Rottenburger Diözesan-Vereins für christliche Kunst.

Herausgegeben und redigirt von Professor Dr, Repxler in Tübingen.

Verlag des Rottenburger Diözesan-Aunftvereins, für denselben: der Vorstand Professor Dr. Keppler.

Erscheint monatlich einmal. Halbjährl. für M. 2. 05 durch die württemb. <M. I. 90
im Stuttg. Bcstellbezirk), M. 2. 20 durch die bayerischen und die Reichspostanstalten,

I* fl. 1.27 in Oesterreich, Frcs. 3. 40 in der Schweiz zu beziehen. Bestellungen werden tQQ/C

-L1Z. auch angenommen von allen Buchhandlungen, sowie gegen Einsendung des Betrags K'Ova.

direkt von der Expedition des „Deutschen Volksblatts" in Stuttgart, Urbansstrahc 94
zum Preise von M. 2. 05 halbjährlich.

Grammatik der kirchlichen
Baukunst.

Von Joseph Prill.

(Fortsetzung.)

Zur Erklärung dieser ganzen Gewölbe-
anordnnng diene Fig. 99. Hier sind nur
die tragenden Bögen gezeichnet; b ist einer
der Rippen, die sich im Scheitel schneiden,
a a sind die (spitzbogigen, worüber sogleich)
Gurten, und auf dieses Gerippe legen sich
nun die leichten (meist nur xk Ziegel star-
ken) Kappen.

Weil nun das Gewölbe in Glieder zer-
legt erscheint, die je nach eigenen Ge-

setzen ausgeführt werden, weil überdies der
Richtung und Lage der Kappenschichten ein
gewisser Spielraum gelassen ist, so ergibt
sich ein weiterer Vorzug des gothischen Ge-
wölbes, welcher von der weittragendsten
Bedeutung ist und sogar einschneidenden
Einfluß auf die Bildung des Grundrisses
ausübt: das R i p p e n g e w ö l b e ist

nicht mehr an die quadratische
Grundform gebunden.

Auch beim romanischen Gewölbe hatte
man schon Versuche gemacht, die quadra-
tische Grundfläche zu verlassen, aber da
dann die Gurten theilweise übermäßig ge-
stelzt werden mußten, dadurch aber die
Diagonalgräte übermäßig schief und scharf
wurden, so führten dieselben zu keinem

Ergebniß. Nun war diese Schwierigkeit
von selbst gelöst, da bei auch noch so
hoher Stelzung immer der Körper der
Rippe bestehen blieb, hinter dem sich der
Kappenanfang zurückziehen konnte. Aber
auch die, doch immerhin mißliche, bedeu-
tende Stelzung wurde unnöthig durch die
Einführung des S p i tz b o g e n s, der einen
wesentlichen Bestandtheil der gothischen
Bauweise bildet; denn mit Hilfe desselben
konnte man über jeder Spannung beliebig
hohe Bögen errichten, und so mit Beibe-
haltung einer gemeinschaftlichen Höhe der
Grundlinien allen, ob engen oder weiten
Bögen, gleiche Pfeilhöhe geben. Fig. 100
gibt ein spitzbogiges Gewölbe über quadra-
tischer Grundlage; bei demselben sind die
Gurten, damit sie
mit den Diagona-
len annähernd
gleiche Höhe er-
halten, nicht ge-
stelzt, sondern nach
einem Spitzbogen
gebildet, dessen
Mittelpunkte um Ng. ioo.^Spitzb°giges
ein Drittel der

ganzen Spannung von einander entfernt
sind. Will man nun dieselbe Höhe über
einer geringeren Weite erhalten, so muß
man nur die Mittelpunkte entsprechend
auseinander rücken, den Bogen also steiler
bilden. Fig. l 01 zeigt dies deutlicher. Sie
stellt a den Grundriß, b den Durchschnitt der
Breite, und c den der Tiefe nach von einem
über länglich viereckiger Grundfläche er-
richteten Rippengewölbe dar. In demsel-
ben liegen die Scheitel sämmtlicher Bögen
in fast gleicher Höhe, die Diagonalen sind
nach Halbkreisen gebildet. Die Gurten stel-
len stumpfe Spitzbogen dar, die auf der-
selben Grundlinie stehenden Schildbögen (3 s)
steile Spitzbögen, deren Mittelpunkte wei-
ter auseinander liegen als die Spannung.
 
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