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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 5.1887

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Nr. 2
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Keppler, Eugen: Ueber Ableitungen von Christlichem aus dem Heidenthum, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15863#0018

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sinnvolle Darstellung des Werkes der Er-
lösung und des Sehneus darnach! Da der
hl. Leib nach der Abnahme vom Kreuz in
einer Felsenhöhle bestattet ward und da
eben diese Grotte die Grabeshöhle dar-
stelleu sollte, so ist klar, wie „zweckmäßig"
allerdings dies Bild eben hier angebracht
war. Von Mithras kommt diese Zweck-
mäßigkeit gewiß nicht her. Aber das Bild
der Sonne und des Mondes zu beiden
Seiten des Kreuzes — diese Gestirne trauern
nämlich über beit Tod des Herrn — und
vor allem das Schlangenbild: diese haben
es dem Alterthumsforscher angethan. Da-
rum muß diese Darstellung „selbst in der
Form und Darstellung" mit mehreren
Mithrasbildern Aehnlichkeit haben. Ein
rechter Alterthumsforscher kann nun ein-
mal keine Schlange erblicken, gleichviel
welche und wo sie sei, ohne sogleich an
Mithras zu denken!

Aber revenon3 ä nos moutons. Zu-
rück zu unserem Heilbroner! Von welcher
Annahme geht er denn ans, wenn er ein
Sinnbild an einer christlichen Kirche ein-
fach als ein Stück Heidenthnm deutet?
Von der Annahme, die allen derartigen
Behauptungen entweder ausdrücklich oder
stillschweigend zu Grunde liegt, von der
Annahme, das Christenthnm habe die Welt
nicht überwunden, sondern nur übertüncht;
die Eiche von Geismar sei durch die neue
Religion nicht zu Fall gebracht, vielmehr
in ihrem Bestand belassen und nur mit
neuen Epheuranken umsponnen worden,
die nun ans dem alten Baum ihre Nah-
rung zogen, während er selbst darunter
sortwuchs und fortwächst. Ohne Bild
gesprochen: Unsere Väter seien, als sie
christlich wurden und es längst geworden
waren, doch im Herzen Heiden geblieben
und haben fortgefahren, heidnisch zu füh-
len, heidnisch zu denken, heidnisch zu bauen.
Nur unter dieser Voraussetzung, das ist
klar, kann einem inmitten des Christen-
thums entstandenen, von christlichen Hän-
den geformten Sinnbild an einer christ-
lichen Kultstätte ein heidnischer Sinn un-
terlegt werden. Aber diese Voraussetzung
ist falsch. Sie hat nicht einmal einen
Schein von Wahrscheinlichkeit für sich.
Ueberall, wo die neue Lehre Wurzel faßte,
in Palästen, wie in Hütten, in Rom wie
viel später in unserer deutschen Heimat,

trat sie zu dem alten Aberglauben in so-
fortigen prinzipiellen Gegensatz und gerade
da nicht am wenigsten, wo sie gewisse
feindliche Stellungen vorerst noch unange-
fochten ließ bei der Unmöglichkeit, sie alle
ans einmal im Sturme zu nehmen. Nach-
dem die Festung im Ganzen gefallen,
konnten die wenigen trümmerhaften Ueber-
reste getrost der allmaligen Zerbröckelung
durch die immer dichter sie umrankenden
Zweige christlichen Lebens überlassen wer-
den. Gieng auch dieser Prozeß da und
dort nicht so rasch, vielleicht auch nicht so
gründlich von statten, wie man wünschen
möchte: todt war das Heidenthum sa doch,
und sein Loos war besiegelt. —

„Einen zu bereichern unter allen,

Mußte diese Götterwelt vergeh'n."

Für Weinsberg und Umgegend war sie
längst untergegangen. Drei volle Jahr-
hunderte hatte das Christenthum sich fest-
gewurzelt im Land und im Volk, als der
Sockel der heutigen Weinsberger Kirche
gebaut wurde. Der „dem unbesiegten
Sonnengotte Mithras sein Gelübde gelöst"
— es war Pnblius Nasellius Proclianns,
Centurio der 8. Angnstischen Legion —,
war schon 900 Jahre tobt und seit min-
destens 800 Jahren hatte der letzte römische
Krieger das Land geräumt. Und doch
waren diese die eigentlichen Träger des
Mithrasknltes. Bei den Einheimischen,
soweit sie nicht mit den Römern in ver-
wandtschaftliche Beziehung traten, hatte er
nie festen Fuß gefaßt. So gerne die Rö-
mer die Gottheiten der Germanen zu den
ihrigen machten, so ungern fügten sich diese
römischem Brauch. Der Licht- und Feuer-
dienst der alten Deutschen darf, wie selbst
unser Heilbronner sagt, mit dem Mithras-
dienst nicht verwechselt werden; bei den
Germanen findet sich keine Spur des
Mithrasknltes (vgl. Giefers a. a.O. S. 60).
Itnb nun soll dieser Kult, der doch ans
unserem Boden nur eine erotische Pflanze
war, sich noch im 12. Jahrhundert einer
christlichen Kirche ausgeprägt haben, nach-
dem dessen Träger seit 8 Jahrhunderten
spurlos verschwunden! In der That eine
wunderbare Wirkung in die fernste Ferne!
Wäre doch unser Heilbronner, wenn er
denn durchaus Heidnisches suchte, lieber
ans heidnisch-germanische Wurzeln zurück-
gegangen. Die Schlange als Geist des
 
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