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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 5.1887

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Nr. 2
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Das Grabmal des Prälaten Dr. Schwarz
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https://doi.org/10.11588/diglit.15863#0024
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20

zenberger, Stadtpfarrer. Dritte und
vierte Lieferung mit fe 10 photogr. Abbil-
dungeil. Frankfurt, Fösser, 1886. u 6 M.
Wir säumen nicht, den Lesern Nachricht zukom-
mcn zu lassen über den Fortgang dieses hoch-
wichtigen Werkes, das mit der nächsten, fünften
Lieferung zur Hälfte abgeschlossen sein wird. Im
Texte der dritten und vierten Lieferung wird zu-
nächst die Geschichte der frühgothischen Flügel-
altäre abgeschlossen, dann die mittlere gothische
Periode eingeführt, welche durch die Zahleu 1375
bis 1475 abgegrenzt wird und aus welcher zn-
nächst die geschnitzten, daun die gemalten Flügel-
altäre zur Besprechung kommen. Beiden Liefe-
rungen sind je weitere 10 phototypische Nachbil-
dungen beigegeben und es sind besonders die Bei-
lagen der vierten Lieferung (von Stöhring in
Lübeck) ganz vorzügliche Leistungen zu neuneu.

Auf den überaus reichen Text- und Jllustra-
tionsinhalt der beiden Hefte näher einzugehen,
ist nicht möglich. Aber einige Bemerkungen seien
mir gestattet. Die Beschreibung, welche der Hr.
Berf. den einzelnen Altarwerken angedeihen läßt,
geht sehr ins Detail; wir haben dagegen nichts
und halten mit dem Vers, ein Eingehen ins Ein-
zelne für nothwendig, wenn durch die Vorführung
alter Musterwerke auf das Kunsthandwerk Einfluß
geübt werden soll. Doch bekennt der Vers, selbst,
daß ohne Abbildung die einläßlichste Beschreibung
kein scharfes Bild zu geben vermöge. Das ist nun
aber gerade das Mißliche, daß die den einzelnen
Lieferungen beigegebeueu Tafeln mit dem Text
der Lieferung sich zunächst gar nicht decken, auch
im Text nicht gesagt wird, ob von diesem oder
jenem Altar eine Abbildung gegeben wird oder
nicht. Das stört und behindert die Lektüre und
Benützung des Werkes, so lange cs noch nicht
vollständig erschienen ist, und es werden auch bei
der endgiltigeu Anreihung der nicht numerirten
Tafeln Schwierigkeiten entstehen.

Noch viel weniger möchten wir es tadeln, daß
der Vers, seine Darstellung reichlich mit Reflexio-
nen und Exkursen durchwebt, in welchen Ver-
bindungsfädcn zwischen der alten und jetzigen
Kunst gesponnen und geknüpft werden sollen. Aber
wir sind nicht mit allen seinen praktischen Schlüs-
sen und Weisungen einverstanden. Insbesondere
nicht mit allem, was über die Polychromirung
der Altäre (S. 55 ff.) gesagt wird. Die früher
übliche totale Vergoldung der Statuen und sogar
des Holzwerks der Altäre gehört unserer Ueber-
zeugung nach nicht zu dem, was wir unbedingt
aus den alten Zeiten wieder in die gegenwärtige
Kunstpraxis herübernehmen müssen. Wir ver-
stehen und achten durchaus das Streben der alten
Kunst, die Heiligenbilder und das Allerheiligste
im Glorienglanz der Verklärung erscheinen zu
lassen, aber wir anerkennen keine Pflicht der christ-
lichen Kunst, dieser Idee in solcher Weise und
gerade im Goldglanz Ausdruck zu geben; wir
können es nicht geschmackvoll und nicht wahrhaft
künstlerisch finden, wenn man eine Holzfigur ein-
fach ganz ins Gold taucht; mau wird ja doch
auch wohl die Haare und Bärte der Heiligen
nicht mehr vergolden, obwohl die Alten auch das

thaten. Neben dem künstlerischen Standpunkt,
von welchem aus der Farbe neben dem Gold
ihr Recht zu sichern und auch die Berechtigung
der Naturfarbe unseres edlen (durch Politur oder
Schliff veredelten) Eichen- und Nußbaumholzes
zu wahren ist, ist hier maßgebend der praktische
Standpunkt. Die heutigen Vergoldungen sind,
wie der Vers, selbst zugesteht, eben so theuer als
unhaltbar; daher kann man nicht empfehlen, ein
ganzes Altarwerk in Gold zu kleiden; es könnte
schon nach fünf Jahren das Gold jeglichen Ver-
klärungsschimmer verloren haben und nach zehn
Jahren könnte die absolute Nothwendigkeit da
sein, die ganze Vergoldung zu erneuern. Dazu
reichen unsere Mittel nicht.

Dagegen sind wir mit den Ausführungen des
Vers, über die Restauration alter Holzschnitzwerke
vollständig einverstanden und nehmen auch hier
die Warnung auf, doch bei Statuen, bei welchen
der Kreidegrund etwas verdorben ist, vom Re-
staurator nicht die ganze Gruudirung entfernen
und daun eine neue auftragcn zu lassen, da das
nie ohne schwere Schädigung der Bilder abgehe.
In seltenen Fällen ist Die Erneuerung des ge-
summten Kreideüberzugs nothwendig; ist er defekt
geworden, so sollen die losgewordenen Stellen
wieder befestigt, die abgefallenen sorgfältig aus-
punktirt werden. Denn ein von wirklich künst-
lerischer Hand geschnitzter und bemalter Altar,
sagt der Vers., oder eine solche Statue ist, wenn
ihm die alte Bemalung ganz genommen und
durch eine neue ersetzt wird, nur ebensoviel etwa
noch werth, als ein altes werthvolles Bild, das
man so lange „gereinigt" hat, bis glücklich die
alten Lasurfarben heruntergeputzt sind. —

Keppler.

FestkalenderinBildernundLiedern,
geistlich und weltlich, von Franz Gras
v. P o c c i, G. G ö r r e s uitd ihren Freun-
den. Neue Ausgabe. Erster und zwei-
ter Theil. 40, vill u. 170 S. M. 6;
gebunden in Halbleinwand mit Goldtitel
M. 7; in eleg. Originaleiubaud, Leinwand
mit Deckenpressung M. 9.

Dieses herrliche, reizend ausgestattete Buch ver-
dient Erwähnung und wärmste Empfehlung auch
in unserem Organ, weil es in glücklichster Weise
daran arbeitet, wahrhaft christliche Kunst zur
Freundin und Genossin des Volkes zu machen.
Hier tritt diese Kunst in Begleitung ihrer Schwester,
der Poesie, in die Kreise der Jugend, singend
und sagend, scherzend und mahnend, lachend und
betend, selbst recht wie ein fröhlich christlich Kind
mit dem Kindesauge, in welchem der Himmel
blaut und die Liebe Gottes lacht. Begnadete
Künstler, wie nicht mehr viele leben, haben ihr
ihren Stift geliehen: Wilhelm Kaulbach, Sette-
gast, E. Schwanthaler, N. Halbreiter, I. v. Füh-
rich, Steinle, Kupelwieser. Möge das edle Paar,
die Poesie und ihre Mitschwester, die Kunst, über-
all Aufnahme finden und inmitten der Wirrniß
der Zeiten und Geister, unserer Jugend ihren
Paradiesesgarten der Fröhlichkeit und Unschuld
schützen und erhalten! —

Stuttgart, Buchdruckcrci der Akt.-Ges. „Deutsches Volksblatt".
 
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