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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 5.1887

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Nr. 4
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Keppler, Eugen: Ueber Ableitungen von Christlichem aus dem Heidenthum, [4]
DOI Artikel:
Relpek, Eugen: Ein gothisches Ciborium
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https://doi.org/10.11588/diglit.15863#0039

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35

Schlange angesehen haben — nnd daß
der gnte Hirt von irgend einem Hirten-
jüngling in einein antiken Schäferidyll
meist nicht zn unterscheiden ist. Doch je
weniger er zu unterscheiden war, desto
weniger erregte er den Verdacht der Hei-
den und desto gefahrloser ließ er sich über-
all anbringen. Bedenkt man ferner, daß
die ältesten Verfertiger christlicher Werke
sich in der heidnischen Schule gebildet und
daß gerade die ältesten Sarkophage der
Katakomben aus heidnischen Werkstätten
hervorgegangen, so wird man technische und
geschmackliche Anklänge an das Antike be-
greiflich finden und aus dem gelegentlichen
Vorkommen antiker oder annähernd heid-
nischer Motive (bei der sonst anerkennens-
werthen Freiheit und Selbständigkeit der
altchristlichen Künstler in Behandlung und
Variirung des Entlehnten) nicht zu viel
Wesens machen: zumal die ersten Christen,
wenn sie ausnahmsweise ein ausgesprochen
heidnisches Bildwerk mit in den Kauf neh-
men mußten, ihren Widerwillen dagegen
zu erkennen gaben, indem sie es entweder
nach der Innenseite der Grabnische rückten,
oder sonst unschädlich machten. — „Aus
seinem eigenen Geiste", sagt Kinkel, „erschuf
das (junge) Christenthnm noch keine Kunst."
Allerdings nein! Die Kunst fällt ja nie
vom Himmel, auch mit dem Christenthnm
nicht; sie wurzelt im Boden, in real ge-
gebenen Verhältnissen, wenn sie gleich ihre
Wipfel in Himmelsluft wiegt. Mit Um-
gehung aller Traditionen eine Kunst zu
schaffen, wäre ein Ding der Unmöglichkeit
gewesen. Also ans seinem eigenen Geist
erschuf das Christenthnm noch keine Kunst.
Dagegen goß es, wie wir gesehen, seinen
Geist den alten Kunstsymbolen ein, wie
der Herbst den alten Schläuchen neuen
Wein eingießt. Diese Symbole, waren sie
dann noch die gleichen? Sie waren es
nicht mehr. Das Christenthnm hatte sie
neu gemacht, wie es die Sprache, die Wör-
ter erneute, sobald es sich als gährender
Sauerteig in ihnen festgesetzt hatte. Ccce
nova facio omnia! (Apoc. 21, 5.)

So wäre denn Heidenthnm nur noch
aufzuspüren im ältesten Kirchenban —
wenn Heidenthum überhaupt aufzuspüren
wäre. Bisher wurde fast allgemein an-
genommen, die christliche Basilika sei ein
einfacher Ableger der basilica forensis der

Römer, wie schon der Name beweise.
Aber der Name (wörtlich: Königsbau,
dem Sinne nach: Prachthalle) beweist
hier gar nichts. Basilika hieß nämlich
jeder fänlengetragene Raum. Basilika
hieß wie die römische Markt- und Ge-
richtshalle (basilica tbreirsis) so ins-
besondere der Prachtsaal des römischen
Privatpalastes (basilica privata). Und
da nun eben hier der Schauplatz des
frühesten christlichen Gottesdienstes zn
suchen ist, so hätte man hier auch das
Urbild des ältesten Kirchenbaues suchen
können. Statt dessen trug man seltsamer-
weise alle Merkmale der christlichen Basi-
lika künstlich in die römische Markthalle
hinein, um so anfs bequemste durch petitio
principii aus ihr das erste christliche Kult-
gebände hervorwachsen zn lassen. Allein
weder ganz noch zum Theil deckt sich die
forensische Basilika mit der christlichen.
Wie sollte sie auch? Die basilica torensis
ist ein ans heidnisch-römischem Geist er-
wachsener Bau für weltlichen Handel und
Wandel; unsere Basilika dagegen athmet
durch nnd durch christlichen Geist und ist
für die Bedürfnisse des früheren Lebens
wie der Rock auf den Leib zugeschnitten.

(Fortsetzung folgt.)

Lin gotbisches Liborium.

Früher verkannt nnd verschleudert, er-
freuen sich heute die mittelalterlichen Kunst-
werke in weiten Kreisen der ihnen gebühren-
den Aufmerksamkeit und Würdigung. Wenn
auch noch manches verwahrlost wird, wenn
auch noch da und dort etwas aus Nach-
lässigkeit oder Mangel an Verständniß zn
Grunde geht: um Schleuderpreise abgegeben
wird wenigstens nichts mehr, was irgend auf
Kunst- oder Alterthumswerth Anspruch machen
kann. Die Ueberbleibsel alter Kunst sind in
festen, wenn auch nicht immer in den recht-
mäßigsten Händen und wird je einmal ein
solches zum Kauf angeboten, so muß der
Liebhaber schon tief in die Taschen greifen
können, wie z. B. vor 5 Jahren der Frank-
furter Rothschild der katholischen Kirchen-
verwaltung in Karlsruhe für einen Kelch
mit sog. Riemenornamenten so viel bezahlte,
als der ganze Umbau besagter Kirche kostete.

Und doch gelang es neulich einer armen
Gemeinde, ein auserlesenes Stück mittel-
alterlicher Kunst sich zu erwerben. Oder
stammt das Ciborium, dessen Abbildung bei-
liegt, vielleicht nicht aus der Zeit der edelsten
 
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