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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 5.1887

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Nr. 7
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Detzel, Heinrich: Mariä Heimsuchung in der christlichen Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.15863#0069

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ein Stückchen hält uub an dem Ende des
Stückchens ist ein Körbchen aufgehängt, und
auf der andern Seite wieder eine Krippe und
an derselben ein Maulthier angebunden, wel-
ches frißt." In der Folge sehen wir dann
in der abendländischen Kunst den hl. Joseph
und Zacharias, außerdem aber oft noch zahl-
reiches Gefolge eingeführt. Gegen eine weib-
liche Begleitung, wie sie z. B. Giotto in
seinem Fresko zu Padua tit Figuren voll er-
habener Schönheit und doch so einfach —
zwei bei Elisabeth und eine bei Maria —
betgegeben hat, wird nichts zu erinnern sein,
zumal da diese Begleiterinnen hier nicht stö-
ren, indem sie in größter Ruhe, deu feier-
lichen Vorgang bewundernd, dastehen. Wenn
Dom. Ghirlandajo dagegen in seinen Fres-
ken von S. Maria Novella zu Florenz
den Vorgang dadurch sehr erweitert, daß er
auf beiden Seiten je 5 und 3 Begleiterinnen
stehen läßt, so ist das des Guten ju viel.
Fiesole in seinem zarten Predellabildchen
der Taufkirche (früher bet Gesü) zu Cor -
ko na hat nur eine Person, die au§ einer
geöffneten Thüre neugierig dem Vorgänge
zuschant, beigegeben. Palma Vecchio
(1480—1528) dagegen hat vollends den
Gegenstand zu einer gewöhnlichen Visite ge-
macht. Elisabeth und Zacharias eilen freu-
dig aus dem Hause, um die Ankömmlinge
zu begrüßen. In der Mitte des Bildchens
treffen Maria und Elisabeth zusammen und
umarmen sich. Links hinter der hl. Jung-
frau kommt der hl. Joseph gewandert; seine
Linke hält das gelbe Gewand zusammen, die
Rechte stützt sich ans den Stab. Rechts hin-
ter der hl. Elisabeth kommt Zacharias ein-
hergeschritten, ein schöner Greis mit großem
weißem Bart, die Rechte zum Willkomm
ausgestreckt. Ein kleiner Hund steht neben
ihm. Aus dem Hause eilen Mägde, und
die Baulichkeiten desselben reichen weit zu-
rück in eine schöne Landschaft.

Den Bräutigam der hl. Jungfrau selbst
in ihr Gefolge zu versetzen und wenn es
auch, wie bei einer zarten Bleistiftzeichnung
von Overbeck im Museum zu Basel (Nr. 34)
in weiterer Entfernung geschieht, verbietet
eben so sehr das bedeutungsvolle Schweigen
des Evangelisten, als der noch geheimgehal-
tene Zweck, der die hl. Jungfrau zu Elisa-
beth führt. Wenn der hl. Joseph die Worte
der hl. Elisabeth (Luk. 1, 42 u. 43) in Hebron
gehört hätte, wäre damit sein Entschluß, die
Verlobte heimlich zu verlassen (Matth. 1, 19),
nicht wohl zu vereinigen. Dennoch geschieht
dies nach dem Vorgänge der griechischen Kunst
häufig, besonders in der neueren Epoche,
niemals in der älteren. Schon Bernar-
dino L u i n i hat in einem Wandgemälde der

Brera zu M a i l a nd den hl. Joseph und Zacha-
rias beigegeben; Maria und Elisabeth reichen
sich die Hände, dazwischen ist ein Engel gestellt.

In der Neuzeit hat die Kunstschule von
Beuron-Emaus in Prag diese Art der
Darstellung nachgeahmt in der Klosterkirche
daselbst. Die Begegnung geschieht vor dem
Hause des Zacharias, der noch unter der
Thüre steht, Elisabeth empfängt knieend die
Mutter des Herrn; beide Frauen sind Ge-
stalten voll hoheitsvoller Würde. Unmittel-
bar hinter Maria aber steht der hl. Joseph,
der das bekannte Lastthier führt, atif dein die
hl. Jungfrau den Weg zurückgelegt hat, ein Mo-
tiv, dessen Nachahmung wohl besser unterbleibt.

Als den Ort der Begegnung der hl. Frauen
sehen wir in der älteren Kunst gewöhnlich
das Haus des Zacharias oder vielmehr
den Platz unmittelbar vor demselben; so hat
bei Giotto Elisabeth eben die Schwelle der
Vorhalle der Hausthüre verlassen und eilt
mit Verbeugung in die Arme der hl. Jung-
frau, während ihre Begleiterin noch an der
Hausthüre steht. Spätere Meister dagegen
haben den Schauplatz in den Tempel, in eine
Kirche oder in die Vorhalle derselben verlegt;
so Jacopo Carucci, nach seinem Geburtsorte
da Pontormo (1493—1556) genannt, in
seiner „Heimsuchung Mariens", welche er in
die Vorhalle von S. Annunziata zu Flo-
renz 1516 gemalt hat (er liegt auch unter
diesem seinem Hauptwerke begraben). Die
hl. Elisabeth hat sich hier auf ein Knie nieder-
gelassen und Maria reicht ihr die Hand;
zahlreiches Volk, besonders Frauen, umgeben
die hl. Scene, so daß letztere in ihrer eigent-
lichen Weihe und Feierlichkeit fast verloren
geht. Noch dramatischer und volkreicher ist
die Komposition von Giov. Ant. Bazzi gen.
Sodoma (1477—1549) im oberen Orato-
rium von S. Bernardino zu Sieua, wo
die Begebenheit in den Tempel verlegt ist
nnb Elisabeth ebenfalls in die Knie sinkt,
aber von der herbeieilenden hl. Jungfrau ans-
gefangen wird, ein Motiv, das für einen
Gegenstand von so erhabenem Mysterium als
theatralisch erscheint. Was das Portrait
der hl. Elisabeth anlangt, so muß sich
die Kunst allerdings daran erinnern, daß sie
„eine in den Jahren vorgerückte Frau" war,
aber damit ist nicht angezeigt, daß sie als
ein altes, runzeliges Weib abgebildet werde,
da dies schon der Würde des Gegenstandes
widerspricht wie der Thatsache selbst; sie
werde vielmehr als eine zwar ältere, aber
würdevolle, milde und anmutige Frau ge-
geben, die „rechtschaffen vor dem Herrn" war
und tadellos in all seinen Geboten wandelte.
Mit freudiger Demut geht sie ihrer „gebene-
deiten Base" entgegen, deren höhere Bestim-
 
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