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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 6.1888

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Nr. 2
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Keppler, Paul Wilhelm von: Neue Studien über Paramentik, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15864#0017

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beten sich auch die „reaktionären" Ver-
theidiger der alten Caselform, sei es der
ältesten und weitesten, sei es der redu-
cirten des 13.—15. Jahrbnnderts. Jede
Richtung hasste in Rom zu ihren Gunsten
beschieben zu werben. Die erstgenannte
verließ sich daraus, baß in Italien ttnb in
Rom selbst eine sehr redneirte Form des
Meßgewandes üblich sei; die letztere dar-
aus, daß Rom unmöglich den Bestrebungen
für Wiederherstellung der würdigsten, der
Easula des ersten Jahrtausends näcbst-
kommenden Form des Meßgewandes die
Billigung versagen könne. Bezeichnend ist,
daß schon im Jahre 1858 die „Frankfurter
Zeitung" sich ans Rom berichten ließ, ein
Erlaß des Papstes verbiete aufs strengste
die Wiedereinführung des mittelalterlichen
Schnittes bei Meßgewändern. I Erst am
21. August 1863 erschien ein Erlaß der
Ritnskongregation an die Bischöfe, fol-
genden Wortlauts:

Quum, renunciantibus nonnullis Re-
verendissimis Episcopis, aliisque Ec-
clesiasticis, et Laicis viris, Sanctam
Sedem non lateret quasdam in Anglia,
Galliis, Germania, et Belgio Dioeceses
immutasse formam sacrarum vestium,
quae in celebratione Sacrosancti Missae
Sacrificii adhibentur, easque ad stylum,
quem dicunt gothicum, elegantiori qui-

dem opere conformasse.

sacra Congregatio legitimis pro tuendis
Ritibus praeposita super hujusmodi
immutationibus accuratum examen in-
stituere haud praetermisit.

Ex hoc porro examine quamvis
eadem Sacra Congregatio probe nosce-
ret sacras illas vestes stylum gothicum
praeseferentes praecipue saeculis XIII.,
XIV. et XV. obtinuisse, aeque tarnen
animadvertit Ecclesiam Romanam,
aliasque latini ritus per orbem Eccle-
sias, Sede Apostolica minime recla-
mante, a saeculo XVI., nempe ab ipsa
propemodum Concilii Tridentini aetate,
usque ad nostra haec tempora illarum
reliquisse usum, proindeque, eadem
perdurante disciplina, necnon Sancta
Sede inconsulta, nihil innovari posse
censuit; uti pluries Summi Pontifices
in suis edocuere Constitutionibus sa-

pienter monentes immutationes istas,
utpote probato Ecclesiae mori contra-
rias, saepe perturbationes producere
posse, et fidelium animos in admira-
tionem inducere.

Sed quoniam Sacrorum Rituum Con-
gregatio arbitratur alicujus ponderis
esse posse rationes, quae praesentem
immutationem persuaserunt, hinc, au-
dito Sanctissimi Domini Nostri PII
PAPAE IX. oraculo, verbis amantissi-
mis invitare censuit Amplitudinem
Tuam, ut, quatenus in tua Dioecesi
hujusmodi immutationes locum habue-
rint, rationes ipsas exponere velis, quae
illis causam dederunt.

Die Fassung des Erlasses mag ans den
ersten Blick ansfallen und hat seiner Zeit
großes Befremden erregt. Jetzt aber können
wir sagen, daß er die gute Wirkung gehabt
hat, die starke Erregung ztt dämpfen; es
war gut, daß keiner jener Richtungen un-
bedingtes Recht zngesprochen, und daß die
ganze Frage vertagt wurde; es war auch
dem sonstigen Verhalten Roms in Fragen
der Paramentik ganz entsprechend, daß nicht
alsbald eine Normalform des Meßgewandes
für bindend erklärt, sondern der freien
Bewegung ein Spielraum gelassen wurde.
Zunächst hefteten sich die entgegengesetz-
testen Erwartungen, Hoffnungen und Be-
fürchtungen an das Ansschreiben an. Wäh-
rend das Limburger Ordinariat,
dessen Erlaß das Eichst ätte r Pastoral-
bt a t t abdrnckt, „den Gebrauch der gothi-
schen Meßgewänder zwar nicht verbieten,
aber weiteres Anschassen solcher aus dem
Grunde mißrathen will, weil ein positives
Verbot derselben seitens des hl. Stuhles
über kurz oder lang erfolgen könnte"
(Erlaß vom 20. November 1863 ), so zwei-
felt Bock nicht im mindesten an einer für
die mittelalterliche Casula günstigen End-
entscheidung, da in Folge obiger Anfsorde-
rnng „hervorragende englische, französische
und deutsche Prälaten mit ebenso großer
Entschiedenheit als Sachkenntniß der Wie-
dereinführung der älteren, ohne förmliche
Gutheißung des hl. Stuhles langsam be-
seitigten Formen der liturgischen Gewänder
das Wort geredet haben" (Gesch. der li-
tnrg. Gewänder Bd. II, S. 256). Der
„Kirchenschmnck" hatte kurz zuvor, von
Rom ans schlecht beraten, die Nachricht

) Vgl. Kirchenschmuck 1858, Heft 6, S. 84.
 
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