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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 6.1888

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Nr. 3
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Die Stadt Lauffen a. N., ihre Heilige und ihre Heiligthümer, [1]
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28

Die Stabt Cauffen a. ZT., ihre
heilige und ihre Deiligthmner.

Was ein kleiner Fluß und ein kleiner
Höhenzug dazu beitragen kann, um die
Lage einer Stadt interessant und malerisch
zu gestalten, das haben beide tu reichem
Maße der kleinen Stadt Laussen bei Heil-
bronn zukommen lassen, die als bevorzugtes
Kind von Berg und Fluß mit den schönsten
Städtelagen Württembergs wetteifern kann.
Der Neckar tritt hier mit einer ihm selten
eignenden Würde und Größe ans, gleich-
sam noch stolz über einen itidn mühelosen
Sieg, den er in altersgrauer Zeit hier
über den seinem Laus sich entgegenstem-
menden Felsrücken davontrug; und als
gälte auch für ihn immer noch das parta
tueri, scheidet er ernst und streng mit
seinen Wogen den Hügel, auf welchem
der eine Theil der Stadt sich gelagert hat,
von der Anhöhe, die als heiliger Berg,
besetzt mit der Kirche und Kapelle der hei-
ligen Reginswind, den andern Theil, das
Dorf, beherrscht, und er duldet nur die
lange schöne Brücke über sich, welche die
Verbindung zwischen Dorf und Stadt her-
stellt. Und doch Ein Hinderniß hat er in
seinem gewaltigen Kamps mit aller Kraft
seiner Wogenminen nicht wegräumen können;
er muß es heute noch ertragen mitten in sei-
nein Bett und muß sich an ihm vorbeifinden;
das ist der merkwürdige, zwischen Stadt
und Dorf aus den Fluchen aufsteigende
Fels, dessen zackigem Kamm noch in roma-
nischer Zeit ein thurm- und mauer-
bewehrter Burgbau aufgenöthigt wurde.
Daß beim Friedensschlüsse nach jenem
Naturkamps der Neckar sich dazu verstehen
mußte, diesem Felsen, der ohne Zweifel
besonders ritterlich sich gehalten hatte,
Raum in seinem Bett zu geben und ihn
zu respektieren, das erhöht nocb wesentlich
die Schönheit der Lage dieser Stadt.

Doch wir haben sie schon genannt, die
Heilige, welche einst mehr als die Natur
dieses Städtchen berühmt und besucht machte,
deren Wiege eben in der Burg auf der
Felseninsel stand, welche, indem ihr Leich-
nmn lichtnmflossen auf den Fluchen des
Neckars schwamm mtb dann auf dem Kirch-
berg als heilige Reliquie geborgen ward
und als Magnet die ganze Umgegend an-
zog, dem Fluß, dem Berg, der Stadt, der

Gegend einen Duft überirdischer Art ver-
lieh. Sie ist die erste Heilige, welche als
eine von gewaltsamem Tod geröthete Rose
dem an Heiligen armen Boden unseres
engeren Vaterlandes ersproßte, und ihr
Name ladet zu einer kurzen hagiologischen
Untersuchung ein, — zu einer kurzen,
denn im nächsten Bande der Franconia
sancta, des vorzüglichen Werkes von Dr.
Stamminger, wird ihr erstmals eine Bio-
graphie gewidmet werden.

Was wir von ihr wissen ist dies:
Reginswind (schnell in: Rath; auch
Reginswida, Regnisinda genannt) ist die
Tochter des Markgrafen Ernst aus Bayerit
und seiner Frau Friedeburg; diesen Mark-
grafen hatte Ludwig der Fromme bei sei-
nem Aufenthalt in Augsburg 832 mit
dem Kammergnt in Lausten belehnt und in
letzterer Stadt, ans der Jnselbnrg, erblickte
die genannte Tochter das Licht der Welt.
Sie ward der Pflege einer Amme anver-
traut; diese aber hatte einen Bruder im
Dienste des Markgrafen. Als nun der
letztere einstmals seiner Obliegenheit, der
Pferde seines Herrn zu warten, schlecht
nachkam und dadurch Schaden verursachte,
ward er zur Verantwortung gezogen und mit
Ruthen gestrichen. Das verdroß die Amme
so sehr, daß sie, als einmal die Eltern
abwesend waren, das siebenjährige Töchter-
lein nahm, es würgte und erstickte und
dann in den Neckar warf. Alsbald nach
vollbrachter Unchat regte sich das Ge-
wissen; von Verzweiflung getrieben stürmt
sie zu einem Felsen empor, unter welchem
ein schrecklicher Abgrund gähnt. Aber ehe
sie noch sich hinabstürzen kann, haben
Bürger der Stadt sie bemerkt und erreicht.
Sie entwinden ihr ihr Geheimnis); man
sucht nach dem Kinde und findet es am
dritten Tage: blühenden Antlitzes, die
Arme in Kreuzesform ausgestreckt, scheint
es über einer Untiefe des Neckars auf den
Fluchen zu schlafen. M Der Leichnam

r) Die lateinische Legende, die einzige eigent-
liche Quelle, von welcher gleich nachher zu handeln
ist, sagt, man habe sacrum corpus exanime ge-
sehen piscoso cuidam cohaerens gur-
gustio (an oder über einer fischreichen Tiefe
hängend, schwimmend: nur durch falsche lleber-
setzung des gurgustium piscosum entstand die
abenteuerliche Version, welche in die Oberamtsbe-
schreibung S. 297 und auch in Stadlers Heiligen-
lexikon Bd. 5 S. 56 übergieng, man habe sie
 
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