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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 6.1888

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Nr. 4
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Die Stadt Lauffen a. N., ihre Heilige und ihre Heiligthümer, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15864#0040

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36

über dem Grab, in welchem die Heilige
erstmals beigesetzt wurde, errichtet. Die
Hauptkirche war damals dem heiligen
Martinus geweiht. Zwischen 741 und 748
schenkte der Majordomus Karlmann dem
Bischof Burkhard von Würzburg die Mar-
tinskirche von Laufsen mit Zubehör, und
832 bestätigte Kaiser Ludwig diese Schen-
kung. H Im Jahr 1227 wurde eine neue
Kirche erbaut; möglich, daß in Folge jenes
Erdbebens, dessen auch Albertus Magnus
gedenkt, und von welchem er berichtet, daß
es den Neckar genöthigt habe, sein altes
Bett zu verlassen, H der Neubau nöthig
wurde. Die jetzt stehende Kirche ist ihrer
Anlage und Grundlage nach die damals
aufgeführte Basilika, freilich im Laufe der
Zeit im Aufbau sehr stark verändert.

Zunächst sah man sich veranlaßt, für
diesen größeren Bau eine feste Snbstruktion
zu schaffen. Man unterfing daher den vom
Neckargrund senkrecht aufsteigenden Felsen,
der schon Standort der alten Kirche ge-
wesen war, mit starken halbrunden Strebe-
pfeilern und Untermauerungen, um ihm
gegen das nagende Spiel der Wogen die
nöthige Sicherheit zu verleihen.

Der Kirche gab man die alte Basilika-
anlage mit niedrigen Seitenschiffen und
erhöhtem Mittelschiff. Aber dem gewaltigen
Brande, welcher 1565 die Kirche heimsnchte,
siel auch die Reinheit und ursprüngliche
Schönheit dieser Anlage zum Opfer. Man
erhöhte nämlich die Wände der Seiten-
schiffe und auch die achteckigen Pfeiler
im Innern und gestaltete dadurch die Ba-
silika einer Hallenkirche mit 3 fast
gleichhohen Schiffen um; die Oberlichter
sielen weg, ein gemeinsames Dach deckte
alle 3 Schisse, und die Umfassungsmauern
wurden mit breiten, in den Formen des
Maßwerks sehr unreinen, an der West-
fassade sogar rundbogigen Fenstern durch-
brochen. Nur einige Portale des Lang-
hauses sind noch ans der alten Zeit er-
halten, scheinen aber ihre Lünetten ver-
loren zu haben; in die erste Erbauungs-
zeit der Kirche reicht auch noch zurück die
in die Quader gehauene Sonnenuhr der
Südseite; eine zweite an der Westseite ist
von 1506. Im Innern spannen sich durch

tz Klunzinger, Gesch. der Stadt Lauffen S. 4,6.
0 Staatsanz. 1858 S. 1714.

das Langhaus hin je fünf stark abgefaste
Arkadenbögen, von den achteckigen Pfeilern
(nur die beiden östlichen sind rund) ge-
tragen. Ueberdies sieht man in Haupt-
nnd Nebenschiffeu, die aus Konsolen auf-
sitzeuden Rippenansätze für eine Einwöl-
bung, die aber nie zu Stande kam, son-
dern durch eine Flachdecke ersetzt wurde.

Zwischen Chor und Schiss legt sich als
Mittelglied der Thurm, dessen Untergeschoß,
in zwei hohen Bogen gegen Chor und
Schiss, in zweien seitlich sich öffnend, den
Vierungsraum bildet. Zu beiden Seiten
befinden sich zwei niedriger eingewölbte
Kapellenräume, in größeren Bogen gegen
die Vierung, in kleineren gegen die Seiten-
schiffe offen; sie können als Abschluß der
Seitenschiffe oder als die Arme einer Art
von Querhaus angesehen werden; ihr
Kreuzgewölbe hat zum Schlußstein eine
Rosette utid einen mit Laub umrankten
Kopf; diese gewölbten Räume stammen
jedenfalls noch von der ursprünglichen An-
lage und geben wohl die richtige Höhe der
Seitenschiffe an. An seinem das Dach
überragenden Aufbau hat der Thurm auch
Veränderungen erfahren müssen; dagegen
sind noch zwei schöne Fenster gegen Norden
und Süden erhalten, nur jetzt infolge der
Erhöhung der Seitenschiffe im Innern der
Kirche, im Vierungsraum, und geblendet.

Am besten erhalten ist der Chor mit seinen
schlichten Streben, seinen schmalen, reinen
Maßwerkfenstern und seinem schönen Kreuz-
gewölbe aus Wanddiensten; auf den Schluß-
steinen wieder die Rose und der phanta-
stische blätterbewachsene Kopf, unter wel-
chem noch eine kleine Fratze angebracht ist;
in der Chorecke ein Treppenthürmchen.
Auch die Sakristei mit zwei kreuzgewölbten
Traveen zeigt noch die echt frühgothische
Fenstergrnppierung zu dreien, mit Erhöhung
des mittleren.

Was die Innenausstattung anlangt, so
ist von deni einst reichen Freskenschmuck
nichts mehr erhalten; dagegen noch einige
schöne Werke der Skulptur. An die öst-
liche Schlußwand des Chors ist unmittel-
bar angebaut der schon erwähnte Stein-
schrank, ca. 2Ü2 m hoch, ebenso breit,
1 m tief, innen mit reizendem steinernen
Netzgewölbcheu ausgestattet, außen mit
reichem Stabwerk umrahmt und mit zwei
Thürchen ans gekreuzten Eisenstäben ver-
 
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