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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 6.1888

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Nr. 4
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Die Stadt Lauffen a. N., ihre Heilige und ihre Heiligthümer, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15864#0041

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37

sehen; in diesem Schrank war ohne allen
Zweifel der Silbersarg des hl. Regins-
windis verwahrt, und sein Stil spricht auch
dafür, daß er gleichzeitig mit diesem ver-
loren gegangenen Kleinod hergestellt wurde.

Auf der Epistelseite des Chors ist eine
ziemlich hohe Doppelnische angebracht, von
einem Spitzbogen umzogen, durch zwei
niedrigere Bogen, über welchen ein Vier-
paßornament angebracht ist, getheilt. Un-
gefähr in halber Höhe ist eine Steinplatte
durch beide Nischen gezogen und die Bogen-
theile über derselben sind mit Eisenthürchen
geschlossen. Ein Sakramentshaus kann
diese Nische nicht sein, schon weil sie zu
tief unb weil sie auf der Epistel-
feite angebracht ist. Aber welchem Zwecke
diente sie? Man kann an eine Piscina,
vielleicht auch an eine Beichtnische denken;
wahrscheinlicher aber war die Nische ursprüng-
lich ein verschließbarer Wandschrank für
kostbare hl. Gefässe, wie ein solcher im
Münster von Ulm an derselben Stelle an-
gebracht ist.

Auf derselben Südseite findet sich eine
zweite breite Nische, mit einem Flachbogen
umzogen und mit krabbenbesetzter Giebel-
krönnng ansgestattet; ihre Bestimmung ist
zweifellos. Sie ist eine Sediliennische
mit steinerner, natürlich einst mit Polstern
belegter Bank für den Celebrans und seine
Leviten bei Hochamt und Vesper. Solche
Wandnischen haben in unseren mittelalter-
lichen Kirchen noch in großer Zahl sich
erhalten.

Noch ist zu nennen der steinerne
Oelberg, wie gewöhnlich in einer den
Strebepfeilern an der Südseite des Chores
abgewonnenen Nische angebracht. Das Netz-
gewölbe dieser kleinen Kapelle hat schönen
Schlußstein mit dein Brustbild einer Hei-
ligen, die ein Messer oder ein zur Hälfte
abgeschlagenes Schwert in der Hand trägt,
wohl der hl. Katharina. Die Statuen
des Oelbergs weisen ihrer Haltung und
Gewandung nach auf eine tüchtige Künstler-
hand, deren beste und wichtigste Leistung
man leider nicht mehr prüfen und bewun-
dern kann: den Figuren sind die Köpfe
abgeschlagen! Merkwürdigerweise wissen
wir den Meister dieses geköpften Kunst-
werks mit Namen zu nennen; nach der
Stadtchronik von Lauffen heißt er Meister
Hans, Steinmetz zu Heilbronn, und hat

er 1507 um 80 Gulden, von den Auf-
richtungskosten abgesehen, das Werk ge-
liefert. Diese Nachricht ist für uns von
großer Wichtigkeit, denn wir wissen, daß
der Meister des berühmten sog. Oelbergs,
eigentlich Kalvarienbergs an der Leon-
hardskirche zu Stuttgart mit dem Meister
des Oelbergs am Dom zu Speier identisch
ist, letzterer aber auch ein Meister Hans
von Heilbronn war. Alle diese drei ge-
nannten ganz hervorragenden Skulptur-
werke sind also von einem Künstler, be-
züglich dessen nur noch nicht ganz sicher
ist, ob er Eine Person ist mit dem von
1464 an der Kilianskirche in Heilbronn
beschäftigten Hans von Mingolsheim (vgl.
Klemm, Württbg. Baumeister S. 119;
Beil, zum „Staatsanz." 1875, S. 88).

Von der alten Inneneinrichtung der
Kirche ließ der große Brand von 1564
sonst nichts mehr übrig; die Glocken waren
geschmolzen und mußten neu gegossen wer-
den; die große hat die Inschrift: 1564
Septembris ein Strahl vom Himmel ge-
fallen St. Rensis. 1567 hat mich wieder
neu gossen Heinrich Roetenberger; oben:
Gottes Dienerin bin ich, mit meinem Schall
ermahn ich, wenn du mein Schall hörst
klingen, so such das Reich Gottes vor alleil
Dingen. Aus der mittleren steht: anno
1578 jar aus dem Feuer floß ich. Bech-
told Meslang zu Heilbronn gos mich; auf
der kleinen: 1566 verbum domini manet
in eternum. Mein Anfang und das End
steht alles in Gottes Hend. l) — Höchst
merkwürdig sind noch an dieser Kirche die
in großer Fülle und in seltsamen Formen
angebrachten Steinmetzzeichen, welche
Klemm in seinen vortrefflichen Unter-
suchungen : Württb. Baumeister und Bild-
hauer bis 1750 (Stuttgart, Kohlhammer
1882) abgebildet und kommentiert hat.

Im Dorf Lauffen, jenseits des Eisen-
bahndammes steht oder stand das Re-
gt n s w i n d e n k l o st e r, das eine sehr
wechselreiche und unheilvolle Geschichte
hatte. Gestiftet war es als Benediktine-
rinnenkloster am 25. Dezember 1003 durch
Kaiser Heinrich II. auf die Bitte seiner
Gemahlin Kunigunde und des Bischofs
Heinrich von Würzburg. Im Jahr 1474
bis 1476 ward es auf Befehl des Grafen

0 KlIIuz Niger, Gesch. von L. 82.
 
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