Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 6.1888

DOI Heft:
Nr. 5
DOI Artikel:
Chorschranken, Lettner und Tiborien in Württemberg, [1]
DOI Artikel:
Detzel, Heinrich: Adam und Eva: in der christlichen Kunst, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15864#0050

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
46

Arkadenbögen aus zwei Mittelsäulchen den
Raum zwischen den Chorbogen und dem
ersten Pfeilerpaar des Mittelschiffs ein; die
Säulen sind mit Halbsäulchen besetzt; die
Bögen mit durchbrochenem Lilienfries ge-
ziert (gefranst). Ueber den Mittelsäulen
sind überdies Statuen auf Konsolen unter
Baldachinen angebracht: St. Johann Bap-
tist und Madonna mit über der Brust
gekreuzten Armen; die Baldachine bilden
zugleich wieder die Konsolen für zwei wei-
tere Statuen St. Johann Ev. und eine
Heilige; oben schließt eine durchbrochene
Brüstung nach Osten und Westen den
Emporenraum ab. Nun hat aber auch
dieser Lettner seitliche Ausläufer in die
beiden Nebenschiffe; beiderseits schließen
sich ihm noch zwei Traveen mit Kreuzge-
wölbe an, deren Arkadenbögen auf einer
Mittelsäule Zusammentreffen; auch diese
vier gewölbten Räume sind offenbar als
Ciborien anzusehen und wurden für die
Seitenaltäre angebracht, in glücklicher Weise
architektonisch mit dem Lettner verbunden.

Aus den: Jahr 1486 stammt der Lett-
ner in der St. Dionysiuskirche in
Eßlingen, von dem Meister Lorenz
Lechler von Heidelberg gefertigt, von wel-
chem auch das Sakramentshaus dieser Kirche
stammt. Er spannt sich zwischen die Wände
der beiden Thürme ein, welche Chor und
Langhaus trennen, und öffnet sich in je
drei Bögen nach Westen und Osten; über
dem Mittelbogen nach dem Langhaus hin
schwingt sich ein krabbenbesetzter geschweif-
ter Zierbogen aus, dessen Schlußblume in
die Galerie verläuft; die Bögen ruhen auf
fleißig gegliederten Pseilerchen mit hübschen,
über Eck gestellten Füßchen; die Profi-
lirnngen der Pfeiler setzen sich in den
Bögen fort. An der Chorseite sind zwei
Säulchen mit Konsolen und Baldachinen
für Statuen. Der Lettnereinbau nimmt
übrigens hier nur die vordere Hälfte der
Thurmwand ein und läßt noch einen ziem-
lichen Zwischenraum zwischen sich und den
Chorbogen; den Zugang vermittelt ein in
Stein angelegtes, oben später in Holz
ausgebautes Treppenthürmchen an der lin-
ken Seite des Chorbogens, das durch eine
Holzbrücke mit dem Lettner in Verbindung
steht, sodann ein aus dem rechten Thurm
sich öffnendes Pförtchen. Nach dem Chor
und Schiff ist die Empore mit einer Maß-

werkgalerie abgeschlossen; innen haben die
drei Traveen ein auf zierlichen Diensten
ruhendes Netzgewölbe, auf den Schluß-
steinen laubumkränzte Wappenschilder. Die
Höhe dieses Lettners ist eine ziemlich be-
trächtliche. (Fortsetzung folgt.)

Adam und Lva

in der ch ristlich en Kunst.

Von Pfr. Dctzel in Eisenharz.

Die Darstellungen des ersten Menschen-
paares sind in der christlichen Kunst der
Neuzeit selten geworden, ja sogar, und nicht
ganz mit Unrecht, vielfach in Mißkredit ge-
kommen. Schon die Renaissance hat näm-
lich den Gegenstand nicht immer seines reichen
symbolischen Inhalts wegen behandelt, son-
dern ihr war er oft gerade gut genug und
eine passende Gelegenheit, Kenntnisse des
Baues des menschlichen Körpers zu zeigen
und so Probleme der menschlichen Ana-
tomie zu lösen. Noch mehr mußte sich
eine wahre christliche Kunst gegen Dar-
stellungen unseres Sujets verwahren, wenn
sie sah, wie neuere Künstler nach dem
Vorgänge von Lukas Kranach und an-
dern den Gegenstand zu noch Schlim-
merem mißbrauchten. Und doch, welch'
ungemein reiche typologische Beziehungen
finden sich nicht zwischen dem Sündenfalle
des ersten Menschenpaares und der nach-
folgenden Erlösung! Wenn die Kirche
selbst in ihrer liturgischen Feier das Er-
eigniß im Paradiese so stark hervorhebt
und ausruft: »O certe necessarium Adae
peccatum, quod Christi morte deletum
est! O felix culpa, quae talem ac tan-
tum meruit habere Redemptorem!«,
sollte dann nicht auch die christlich bil-
dende Kunst dasselbe wieder öfter, wie es
früher geschah, in den Dienst der Kirche
stellen? Es sollte für den ernsten christlichen
Künstler nicht allzuschwierig sein, dem Gegen-
stände eine Form zu geben, die einerseits dem
sittlichen Gefühle alle nöthige Rechnung
tragen und andererseits die Schuld der
ersten Menschen hinlänglich charakterisiren
würde. Es scheint aber fast, daß die
Kenntniß der reichen symbolischen Be-
ziehungen des Sündenfalles und der Er-
lösung, wie sie in den Darstellungen der
älteren christlichen Kunst sich zeigt, der
 
Annotationen