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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 6.1888

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Nr. 5
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Detzel, Heinrich: Adam und Eva: in der christlichen Kunst, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15864#0052

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fragliche Gegenstand schon bei den ersten
Christen war.

Das griechische Malerbuch ') kennt eben-
falls wie die altchristliche Zeit verschiedene
Darstellungen des ersten Menschenpaares;
es hat die „Erschaffung des Adam", „Adam
gibt den Thieren Namen", „die Bildung
der Eva", „die Uebertretung des Adam
und der Eva", „die Vertreibung des Adam
und der Eva" u. s. w. Die Schöpfung
des ersten Menschen soll also dargestellt
werden: „Adam jung, unbärtig, steht nackt
da, und der ewige Vater steht vor ihm
in vielem Licht und hält ihn mit der linken
Hand; und um sie herum sind Anhöhen
und Gehölz und verschiedene Thiere, und
oben der Himmel mit Sonne und Mond."^)
In einer französischen Miniatur2 3) des
13. Jahrhunderts sehen wir die Erschaf-
fung Adams durch einen Engel voll-
zogen, indem dieser aus einer Erdmasse
eine menschliche Figur bildet, von der be-
reits der Kopf in seinen Umrissen sichtbar
ist; der himmlische Vater steht, gleichsam
die Bildung überwachend, dabei und er-
hebt segnend die Rechte. Eine Skulptur
zu Chartres dagegen zeigt, wie Gott
selbst mit eigenen Händen die Gestalt des
ersten Menschen bildet, indem er eben
noch die letzten Handgriffe bei der For-
mirung des Hauptes macht, eine im eigent-
lichen Sinne des Wortes buchstäbliche Auf-
fassung der Worte der hl. Schrift. Spä-
tere Künstler stellen manchmal den Mo-
ment dar, wo Geist und Leben soeben ihm
eingehaucht wird und wo wir auch das
Wort der hl. Schrift »Et inspiravit in
faciem ejus spiraculum vitae« so gleich-
sam wörtlich in die bildende Kunst über-
setzt sehen. Ghiberti an der Bronze-
thüre des Baptisteriums zu Florenz und
Paolo Ucello in seinem Fresko stellen
mehr das erste Erwachen des Menschen
dar, der eben durch die Hand des Schöpfers
bei seiner Rechten von der Erde erhoben
wird. Bei Michelangelo in seinen
Deckengemälden der siptinischen Kapelle
sieht man Gott Vater, von weitem Mantel
umranscht und von Engeln umgeben, gleich-

Schäfer, Das Handbuch der Malerei vom
Berge Athos. Trier, 1855, S. 105 ff.

2) Schäfer 1. c.

3) Abbildung bei Grimouard de St. Lau-
rent, Manuel de l’art ehret, p. 250 N. 86.

sam aus dem unendlichen Aether zu einer
männlichen, ans einer einsamen aufragen-
den Klippe daliegenden Gestalt Heranschwe-
ben, die noch in dumpfem Halbschlafe ver-
sunken ist und der noch die Schwere der Erde
gleichsam in allen Gliedern liegt. Der
Schöpfer streckt die Rechte aus gegen die
gleichfalls ausgestreckte Linke Adams und
man glaubt zu sehen, wie aus der Spitze
seines Zeigefingers Kraft und Leben über
die Gestalt des ersten Menschen sich aus-
gießt.

Unter allen Paradiesesscenen war aber
schon vom frühen Mittelalter an besonders
der Sündenfall eine sehr häufig vor-
geführte Kunstdarstellung. Das griechische
Malerbuch sagt über dessen Darstellung:
„Das Paradies ... und Adam und Eva
stehen nackt da, und vor ihnen ein großer
Baum, wie ein Feigenbaum mit Frucht,
und die Schlange, welche um denselben
gewunden ist, hält ihren Kopf an das Ohr
der Eva; und Eva ißt mit der einen Hand
von der Frucht und, mit der andern giebt
sie dem Adam, und er nimmt dieselbe."')
Diese Art der Auffassung ist auch für das
Abendland in der Hauptsache maßgebend
geworden und wir finden dort unfern
Gegenstand hauptsächlich in den Vorhallen
der Kirchen, um, wie Er. Al?) meint,
den Gedanken anzudeuten, „daß die aus
dem Paradiese verbannten Nachkommen
Adams bei ihrem Eintritte in die christliche
Kirche mehr als das verlorene Paradies
wiederfinden". Wegen dieses regelmäßigen
Wiederkehrs des Sündensalles in den Vor-
hallen bedeutender Kirchen wurde dieser
Vorort der Gotteshäuser selbst „das Para-
dies" genannt?) Gewöhnlich sind hier
die ersten Eltern bereits mit Blätterschürzen
umgürtet und stehen neben dem Früchte
(Aepsel oder Feigen) tragenden Baume
der Erkeuntuiß, um den sich die Schlange
windet und von dessen Früchten sie dar-
reicht; gewöhnlich steht Adam zur Rechten,
Eva zur Linken des Baumes und umher
sind die Thiere des Paradieses angebracht,
die nach Heller häufig von den Künst-
lern im symbolischen Sinne ausgewählt

*) Schäfer, 107.

2) Die Heiligenbilder. Berlin, 1845, S. 89.

3) Eine andere Deutung des Namens „Pa-
radies" für die Vorhallen der Kirchen bei Otte,
Kunst-Archäologie. Leipzig, 1883, S. 82 f.
 
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