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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 6.1888

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Nr. 6
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Keppler, Paul Wilhelm von: Neue Studien über Paramentik, [6]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15864#0058

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54

man überdies die Halbkreisausschnitte an,
welchen wir das geistreiche und melodische
Aussehen dieses echten Kindes der Zeit
des Frackes verdanken, — die Casnla selbst
war zum Caselfrack geworden.

In der Verurteilung dieser Mißgeburt
der Industrie sind die Stimmen der Kunst-
sorscher, Kunstsrennde und Liturgen einig.
Wenn das Dekret der Rituskongregation
keine ausdrückliche Verurtheitnng derselben
enthält, so kommt dies daher, daß die
Baßgeige in Rom und Italien niemals
Eingang fand und daher auch dort in ihrer
ganzen Häßlichkeit wohl nicht bekannt ist;
wenn sie dort durch ihren Ruf bekannt
war, so nahm man ohne Zweifel an, die
Bewegung auf dem Gebiet der Paramentik
habe diese Mißform bereits aus der Welt
geschafft, von welcher in keiner der Ein-
gaben und Anfra-
gen, die nach Rom
gelangten, die Rede
war. Es war ja
auch in der That,
namentlich durch die
Bemühungen des
„Kirchenschmucks ",
die Baßgeige zur
Unmöglichkeit ge-
worden. Nurwosie
bereits im Besitz-
stand war, mußte
sie theilweise noch
geduldet werden,
wenn das Geld für
Neuanschaffungen fehlte. Auch in die-
sem Falle wurde übrigens vielerorts —
möge es überall nachgeahmt werden, wo
man noch mit Meßgewändern dieses
Schnittes sich behelfen muß! — eine
Veredlung desselben vorgenommen, indem
man das Gewand von der Steifleinwand
und dem Pappendeckel erlöste, wieder bieg-
sam machte und die beiden großen Aus-
schnitte an der Brust mit Stoff ausfüllte.

Daß bei Neuanschaffungen diese Form
unbedingt zu meiden ist, ist selbstverständ-
lich, muß aber gleichwohl wieder als ernste
Mahnung und Warnung ausgesprochen
werden. Denn aus den: mehrfach ange-
deuteten Weg der Steifung sind manche
Paramentengeschäfte wieder glücklich bei der
Baßgeige angekommen und stellen nun aber-
mals die Errungenschaft jahrzehntelanger

!Fig. 7 r>. Vorderseite.

Gewöhnliches

Bemühungen in Frage; ja unlängst sahen
wir in einem illustrierten Musterkatalog
die conrplete Baßgeigenform abgebildet und
znm Verkauf ausgeboten. Hoffentlich
verschwindet dieselbe wieder a us
den Preiscour an ts und aus den
M u st e r p r o b e n der Reisende n u n d
wagt es kein Paramentengeschäft
m e h r, sie neu a u f z u l e g e n. W i r
haben h i e m i t ihr d e n Krieg e r-
klärt .und werden rücksichtslos
gegen sie zu Felde ziehen, wo
immer sie sich zeigt. —

Stellen wir die praktischen Resultate
unserer Untersuchung kurz zusammen. Von
den fünf historisch hervorgetretenen Haupt-
formen des Meßgewands können bis zu
einem etwaigen definitiven Ausspruch Roms
zwei als erlaubt, würdig und als die einzigen
für das gewöhnliche
Bedürfniß empfeh-
lenswerthen bezeich-
net werden:

1) Die jetzige
römische, auch bei
uns eingebürgerte
Form, vergl. Fig.
7 a und 7 b, welche
von oben bis un-
ten gleiche Breite
ititb unten rund-
lichen Abschluß hat
und vorn an der
Brust nur ganz
wenig eingelassen
ist, vorausgesetzt, daß das Gewand in
seiner Weichheit belassen wird und an-
ständige Maaße hat, nämlich:

Länge lOO—110 cm,

,Breite 65—70 cm,

über der Brust 55—60 cm.
Vorder- und Rücktheil sollen gleiche Länge
haben, nicht, wie gewöhnlich geschieht, der
Vordertheil beschnitten werden.

Für das Kreuz und den vorderen Stab
bestimmen der hl. Karl Borromäus itnb
Gavantns eine Breite von 15 cm.

Diese Form wird namentlich auch aus
Gründen der Sparsamkeit für den ge-
wöhnlichen täglichen Gebrauch beiznbe-
halten sein.

(Schluß folgt.)

Fig. 7 b. Rückseite.
Meßgewand.
 
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