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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 6.1888

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Nr. 7
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Chorschranken, Lettner und Tiborien in Württemberg, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15864#0071

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67

den Steingesims auf. Der Raum zwischen
diesen Säulen und Arkaden und der Chor-
bogenwand ist in drei Traveen mit einem
Rippenkreuzgewölbe überspannt; aus den
Schlußsteinen ist ein Adler (oder Taube),
das Haupt Christi und das Lamm Gottes
zu sehen. Die Anlage ist nun näherhin
die, daß die mittlere Travee in ihrer Breite
mit der Breite des Chorbogens zusammen-
trisft, also sichtlich nichts anderes reprä-
sentiert, als einen (später durch den Altar
behinderten) gewölbten Durchgang vom
Schiff in den Chor. Die beiden seitlichen
Traveen füllen je den Raum vom Chor-
bogen bis zur Umfassungsmauer des Schis-
ses aus. Der nebenstehende Grundriß
und Ausriß, der nur aus ungefähre Rich-
tigkeit Anspruch macht, wird das Gesagte
erläutern. Die Bestimmung dieser seitli-
chen überwölbten Räume kann nicht frag-
lich sein; es sind zwei Altarbaldachine für
die Nebenaltäre. Um der letzteren willen
wurde nun offenbar der Zwischenbau auf-
geführt, und wir werden nid)t irregehen mit
der Annahme, daß man mit dem Gedan-
ken, zwei Ciborien zu errichten, alsbald
den weiteren verband, den nicht großen
Zwischenraum zwischen diesen beiden Ci-
borien ebenfalls mit einem Gewölbchen zu
überspannen, das zunächst keine weitere
Bestimmung habe, als diesen Vorderranm
einheitlicher abzuschließen und einen wür-
digen Zugang zum Chor zu bilden. Fügen
wir noch an, daß dieser ganze Zwischen-
ban unzweifelhaft in die gothische, nicht
romanische Zeit fällt; die Arkaden sind
spitzbogig und die Kreuzgewölbe unzweifel-
haft gothisch, näherhin, wie die runde Form
der Schlußsteine und die Art der Skulp-
turen beweist, srühgothisch. Allerdings sind
zwei unverkennbar romanische Bestandtheile
wahrzunehmen, nämlich die beiden Frei-
säulchen, welche die Arkaden tragen; sie
haben skulptirte Kapitelle, ans dem einen
Drachen, mit den Hälsen in einander ver-
schlungen, Hirsche, Hunde, Köpfe, auf dem
andern in seltsam hockender Stellung acht
Adler in völlig gleicher Positur und über
denselben acht Menschenköpfe, männliche
und weibliche. Es bleibt nichts übrig, als
anzunehmen, daß diese Säulchen aus früherer
Zeit, ursprünglich an anderem Platze, zu
diesem Dienste beim Bau der Ciborien bei-
gezogen wurden. Es läßt sich die Ver-

mutung aussprechen, daß sie vom früheren
romanischen Portal stammen, zu welchem
auch der über dem Eingang ins Hospiz
(jetzt Pfarrhaus) eingemauerte romanische
Christuskopf gehört haben mag.

Wir werden kaum mehr besonders die
Folgerung zu ziehen brauchen, daß von
einem Lettner hier keine Spur vorhanden
ist, vollends nicht von einem romanischen.
Man kann auch nicht etwa annehmen, daß
dieser gothische sogenannte Lettner an Stelle
eines romanischen errichtet worden sei,
denn einmal hat für einen eigentlichen
Lettner das Kirchlein seiner Höhe nach über-
haupt gar keinen Platz; nach Altarciborien
entstand aber jedenfalls erst später ein Be-
dürfnis ; ursprünglich hatte die Kapelle
sicher nur einen Altar.

In H e s s i g h e i m, OA. Besigheim, tref-
fen wir den ganz gleichen Zwischenban,
der sonst im Lande nicht mehr vorkommt;
ob im übrigen Deutschland, ist uns nicht
bekannt. Auch hier bilden drei gewölbte
Traveen mit Arkadenbögen ans achteckigen
Freipseilern den östlichen Abschluß des
Schiffes; der Zwischenban trägt unmittel-
bar aus seinem Gesims den Holzplafond
der nicht hohen Kirche; die mittlere Tra-
vee, etwas breiter als die seitlichen, daher
mit etwas weiter und höher gesprengtem
Bogen, bildet den Durchgang vom Schiss
in den Chor, ihr Bogen ist zugleich Tri-
umphbogen. Das innere Netzgewölbe ist
nicht durch bestimmte Linien in drei Felder
abgeteilt, sondern zieht sich gleichmäßig über
den ganzen Raum hin. Die Oberamts-
beschreibnng wird durch diesen Querbau
zur Vermutung geführt, es möchte einmal
die ganze Kirche dreischiffig gewesen sein
(S. 196). Davon ist aber keine Rede.
Der Zwischenbau erklärt sich vielmehr
ebenso wie ans dem Michelsberg; man sah
sich veranlaßt, zwei weitere Altäre anzu-
bringen und baute Ciborien für dieselben;
um aber einen besseren Abschluß des Schif-
fes 31t gewinnen, beschloß man, beide Ci-
borien architektonisch zu verbinden und auch
den Zwischenraum zwischen denselben mit
einem Gewölbe und einem weiteren Ar-
kadenbogen zu überspannen.

So sind wir nun bei den Ciborien
angelangt und wollen nach wenigen ein-
leitenden Worten über dieselben die im
Lande noch erhaltenen ausführen. Man
 
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