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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 6.1888

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Nr. 9
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Busl, Karl Anton: Der Bildhauer Jacob Ruß von Ravensburg, [2]
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85

Der Bildhauer Jakob Buß von
Bavensburg.

Von Pfarrer Karl Anton Busl in Bavendorf.

(Fortsetzung.)

Schließlich vereinigten sich beide Parteien,
ihre Beschwerdepunkte einem Schiedsgericht,
bestehend ans dem Bischof Ortlieb v. Brandts
in Chur, dem Bürgermeister Hans Äther und
dem Altbürgermeister Wilhelm Bernegger
dortselbst, nebst weiteren bischöflichen Rächen
vorzulegen. Laut am 22. Januar 1401 er-
folgtem Kompromißspruch desselben, welcher
noch im Original im bischöflichen Archiv
liegt/) sollten 1) alle seitherigen Streitig-
keiten, bei welchen die größere Schuld auf
das Domkapitel falle, künftighin ruhen, 2) der-
selbe habe „die Altartafel" im Chore des
Münsters sammt Bildwerk ungesäumt fertig
zu stellen, wogegen er 3) vom Domkapitel,
als dessen Vertreter die Dignitäre Dekan
Konrad von Marmels, Scholastikus Silvester
Berner und Kustos Franz de la Porta „als
Buwmaister und seckelmaister der fabrigk un-
serer lieben frowen" erschienen, nach Fertig-
stellung seiner Arbeit 500 Gulden, beit Gul-
den zu 17 Schilling 6 Pfennig Chnrer Wäh-
rung gerechnet, einschließlich seiner Voraus-
empfänge erhalten solle.

Aus einer Bemerkung des Schiedsspruches
geht auch die wichtige, seither unbekannte
xhatsache hervor, daß die Vergoldung und
Polychromirung des Hochaltares tticht von
Jakob Ruß herrührt, sondern einem
anderen, leider nicht genannten Künstler über-
tragen war. Ob diese Maßnahme schon von
Anfang an vereinbart oder eine Folge der
eingetretenen Mißhelligkeiten war, oder ob
Ruß diese Arbeit nicht übernahm, weil er
vielleicht schon Vorbereitungen auf sein zwei-
tes großes int darauffolgenden Jahre begon-
nenes Werk in Ileberlingen ztt treffen hatte,
muß dahingestellt bleiben. Auch ist nicht
ersichtlich, ob dieser Faßmaler unabhängig
von Ruß oder mehr oder weniger ihm unter-
stellt war.

Nun ging die Arbeit, welche allem nach,
wenigstens was die Schnitzereien betrifft,
nahezu schon vollendet sein mußte, rasch ihrent
Abschlüsse entgegen: wenige Tage.über ein
Jahr nach Schlichtung des Streites stand
das Prachtwerk im Chore des Domes in
frisch strahlender Herrlichkeit da. Zetignis
hiefür legt ab die Inschrift auf dem hervor-
ragenden Theile des Sockels unter der Sta-
tue der thronenden Mutter Gottes: opus

st Wir veröffentlichen erstmals den vollen
Wortlaut desselben unten. Ein Regest gab Kind
im Anz. für schlveiz. Geschichte 1875 S. 17t.

consu.mm.atum est 31. die Januarii anno 1492.

Dieser Inschrift ist an demselben Sockel —
— für den Beschauer rechts — das hier in
der Größe des Originals abgebildete, 4 cm
hohe Zeichen beigefügt:

Weder eingeschnitten noch in Farben ge-
inalt, besteht es, tvie die Inschrift und die
Namensbezeichnung beiden einzelnen Heiligen-
figuren des Altares, in einer etwas blässeren
Schattirnng in Gold ans glattem Goldgrund.
Daß cs das Meisterzeichen des Bildschnitzers
Ruß sei, ist nicht unmöglich, aber, weil nicht
eingeschnitten, wenig wahrscheinlich. Cs müßte
denn dieser, ohne zuvor sein Werk init eigener
Hand zu bezeichiten, zur Zeit der Fassung
des Altars Chur bereits verlassen, seine zweite
große Arbeit in Ileberlingen ausgenommen,
und der uns unbekannte Faßmaler das Mei-
sterzeichen des Ruß in seiner (des Faßmalers)
Manier und Technik nachträglich angebracht
haben, was, weil gegen den Handwerksbranch,
nicht wohl anznnehmen ist. Nach gefälliger
Mittheilung des Herrn Dekan Klemm in
Sulz a. N., des derzeitigen Hanptkenners
der Meisterzeichcn, wäre dieses Zeichen wahr-
scheinlicher dasjenige des Domstiftes, der
Domfabrik Chur. Solche Marken, mit denen
man Bauteile der Kirchen, wie auch in ihrem
Besitz befindliche Jnventarstücke bezeichnete,
kennt man von Freiburg i. Br.: ein Kreuz
mit ausgeschlitztem Fuß st, von Basel: ein M,
Wohl — monasterium, V0N Ulm: eilt A mit
Querstrich über der Spitze, wahrscheinlich
— aedes oder — Amt, nämlich der Bauver-
waltnng. Da einerseits bis jetzt atts Chur
weitere mit diesem Zeichen versehene Ban-
theile oder Eigenthumsstücke des Dontes nicht
gemeldet sind, attdererseits im Ueberlinger
Nachhalls weder dieses noch irgend ein ande-
res diesfalls Ruß znznschreibendes Zeichen
gefunden worden, muß die Entscheidung über
diese Frage ausgesetzt werden. Immerhin
scheint neben dem Umstand, daß das Zeichen

st Vgl. Freiburger Diözesan-Archiv, Bd. VII
(1873) S. 349—352 nnd „Schaninslnnd", Bd.
IX (1882) S. 17.
 
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