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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 6.1888

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Nr. 9
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Die Generalversammlung des Rottenburger Diözesankunstvereins in Sigmaringen am 2. August
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https://doi.org/10.11588/diglit.15864#0092
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88

Bestrebungen die Summe von 250 M. zn-
kommen ließ. Aus die Verwendung dieses
Ueberschusses bezieht sich nun der vom Ans-
schilß eingebrachte, von der Generalversamm-
lung zum Beschluß erhobene Antrag, daß
der Verein einen Fond aulege, ans welchem
neue Kirchen in der Diaspora oder sehr
arme sonstige Kirchen mit uothwendigen Ein-
richtungsgegeuständen ausgestattet, oder auch
z. B. alte, der Renovation würdige Wand-
malereien ans Kosten und unter Allssicht des
Vereins restanrirt werden könnten. Die
Vereinskasse hatte bisher für diesen Zweck
liichts zil verausgaben; in Zukunft aber
wird sich Gelegenheit bieten, nicht bloß
Wohlthaten zu speilden, sondern namentlich
auch durch Erstellung ganz mustergiltiger
Arbeiten ans das Kunsthandwerk fördernden
Einfluß zu gewinnen. Zil wünschen wäre
nur, daß der natürlich relativ und für den
Anfang kleine Fond des Vereins durch frei-
willige Gaben und namentlich and) Legate
geschwellt würde.

Als Vereinsgabe pro 1886—88 kommt
zur Vertheilung ein statistisches Werkchen:
„Württembergs kirchliche Kunstalterthümer".
Tendenz, Plan und Anlage desselben wer-
den besprocheil. Betont wird namentlich,
daß die bescheidene Schrift den Rayon eilles
Staatswerkes über die Alterthümer des
Landes unangetastet lasse. Es soll in erster
Linie ein Reisebnch sein für Kunstsahrten
durch das Land. Die weitere Verbreitung
des Buches soll den verzcichneten Knnst-
gegenständen beit Schutz der Oeffentlichkeit
sichern und namentlich auch das Kunsthand-
werk auf gute Muster und Vorbilder auf-
merksam machen.

Der Vorstand bringt den vom Ausschuß
verworfenen Antrag, das „Archiv für christ-
liche Kunst" vom l. Januar 1889 ab An-
gehen zu lassen, zur endgiltigen Entscheidung
an die Generalversammlung. Nebst anderen
Motiven ist für ihn insbesondere maßgebend
die Rücksicht auf die von der Generalver-
sammlung der Katholiken Deutschlands be-
schlossene , nun unter der Redaktion des
Domkapitulars Schnütgen in Köln ins Leben
getretene „Zeitschrift für christliche Kunst".
Es sei Ehrensache, diese Zeitschrift mit allen
geistigen und materiellen Kräften zu unter-
stützen und es in Wahrheit zum Zentral-
organ für christliche Knust in Deutschland
zu erheben; man möge nicht auch hier, wie
leider sonst so oft geschehe, einer katholischen
Ilnternehmnng durch Konkurrenz Schaden
bereiten. Als Ideal müsse gelten: Ein Or-
gan für ganz Deutschland, dieses aber so
gestellt, daß es Freund und Feind zu im-

poniren vermag. Prosperire das Kölner
Organ, so würden ohnedies die norddeutschen
und andere Abonnenten dem „Archiv" abwen-
dig werden und damit die Existenz desselben
in Frage gestellt werden.

Die Ausführungen des Vorstandes er-
langten die Zustimmung der Generalver-
sammlung nicht; man betonte den Werth
eines eigenen Organs für den Verein,
glaubte den Lokalzeitfchriften neben dem
Zentralorgan Existenzrecht, Stellung und
Beruf vindiciren zu sollen und einigte sich
schließlich dahin, die ganze Frage zu ver-
tagen als noch nicht spruchreif und als
nicht momentan dringlich. Das nächste
Wort in der Sache und ein entscheidendes,
haben nun die Leser des „Archivs" zu sprechen
beim Herannahen deS neuen Abonnements-
termins. Ein definitiver Entscheid wird auf
der nächsten Generalversammlung des Kunst-
vereins über zwei Jahre zu treffen sein.

Nach Erledigung dieser Angelegenheiten hielt
Stadtpfarrer E. Keppler von Frendenstadt
einen längeren Vortrag über das Thema:
„Fü n f 9tiesenthürm e in deutschen
Gauen." Das Thema war gewählt worden
im Hinblick auf die baldige Vollendung des
Ulmer Münsterthurms. Redner schilderte
den Freiburger als den reinsten und
klarsten gothischen Ban, das erste Lächeln
der entwickelten deutschen Thnrmbankunst mit
noch durchaus ungekünstelter Wirkung; die
Kölner Thürme als deren reichste und
reifste Frucht mit der Eigenschaft des be-
rechnet und bewußt Schönen; Erwins Werk
in Straß bürg als unübertroffen im geistig
und auch im gefällig Schönen, zugleich als
den gemüthstiefsten und wieder das tiefste
Gemüth ergreifenden Bau; Ulm als den
markigen, männlichen, stammhaften Vertreter
der Städtemacht; endlich den W i en er Ste-
phansthnrm, diese heitere Spitzsänle, als die
anmnthige, zierliche und zugleich grandiose
Vertreterin der fprüch wörtlichen Wiener
Grazie. Der Vortrag schloß mit dem Satze,
daß man nicht wisse was man mehr bewun-
dern solle, ob die Vielseitigkeit des gothischen
Stils oder die Künstler, die darin gearbeitet
haben.

Wir hoffen seiner Zeit den Vortrag in er-
weiterter Gestalt und mit den nöthigen Be-
legen und knnsthistorischen Notizen im „Archiv"
zum Abdruck bringen zu können.

Mittags bereitete reichen geistigen Genuß
der Besuch der fürstlichen Museen, die mit
gewohnter Hochherzigkeit den: Verein ge-
öffnet und durch Herrn Hofrath Dr. von
Lehner in liebenswürdigster Weise erläutert
wurden.

Stuttgart, Buchdruckerei der Akt.-Ges. „Deutsches Volksblatt".
 
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