Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 6.1888

DOI Heft:
Nr. 10
DOI Artikel:
Todtenleuchten, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15864#0098

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
94

raten, ihre Symbolik für den Katholiken
eine naheliegende. Essenwein *) hat mit
vollstem Recht sich gegen die Erklärung
von Viollet2 3) ansgesprochen, welche ans
einen altkeltischen Gebrauch rekurrieren zu
müssen glaubt. Das Licht am Sterbebett,
das Licht beim Leichnam, das Licht am
Grabe, — das ist etwas Urchristliches und
sicher so alt, als die Anwendung des Lichts
beim christlichen Gottesdienst. Nicht bloß
bei nächtlichen Begräbnissen, sondern auch
bei Leichenbegängnissen am Tage wurden
nachweisbar schon in den ersten Jahrhun-
derten Lichter getragen. Der Gebrauch,
bei den Gräbern Lichter zu unterhalten,
wird durch die massenhaft aufgesnndenen
Katakombenlämpchen als ein altchristlicher
erwiesen.b) Er erhielt sich auch in den
folgenden Jahrhunderten, als die Begräb-
nisstätten überirdisch waren. Erst als aus
den Kirchhöfen eigene Todtenkapellen oder
Karner gebaut wurden, scheint man statt
vieler Grablichter Ein gemeinsames Licht
für den ganzen Kirchhof angebracht zu
haben und zwar eben in diesen Kapellen,
welche deshalb vielfach über dem Dach noch
einen Aussatz haben, eine Laterne. Von
der Spitze dieser runden oder viereckigen
Bauten ans beherrschte so das Licht den
ganzen Kirchhos und warf es in der Nacht
über ihn einen geheimnißvollen Schimmer.
Wieder in einer späteren Periode ließ man
dann an dem Einen Licht es sich nicht
mehr genügen, sondern begabte wenigstens
einige Gräber mit eigenen Lämpchen.

Welches ist die symbolische Sprache dieses
Kirchhoslichtes? Woran gemahnt sein mil-
der Schimmer? Jeder Katholik denkt als-
bald an das Gebet seiner Kirche für die
Verstorbenen: requiern aekeruarn dona
eis domine! Das Licht ist Symbol der
himmlischen Freude und Seligkeit, welche
wir den 'Abgestorbenen anwünschen und er-
flehen; es ist Symbol Christi, des Siegers
über die finftere Höllenmacht, dessen Er-
lösermilde wir die Seelen der Hingeschiedenen

1) In feinem vorzüglichen Aussatz in den
Mittheilungen der Centralkomm. Bd. VII, 317 ff.
über einige Todtenleuchter in Oesterreich; vgl.
auch den Aussatz Riggenbachs in dems. Werk
und Band S. 228.

2) Viollet-Le-duc, Dictionnaire rais. de
l’architecture, tom.VI, p. 154:Lanterne des morts.

3J Kraus, Nealeucykl. Art. Lichter und Todten-
bestattuug.

empfehlen', pie Jesu domine dona eis
requiem! Sein heller Schein sinnbildet
die Christenhossnnng, die auch noch in die
Tiefen des Grabes, in die Abgründe des
Todes, in die Geheimnisse des Jenseits
hineinlenchtet. Schon aus dem christlichen
Altertum veruehmeu wir Stimmen, welche
klar die Sprache dieses Lichtes deuten;
Lichter an den Gräbern werden gepflegt,
sagt Hieronymus, zum Zeichen, daß die
Heiligen durch das Licht des Glaubens
erleuchtet von hinnen geschieden und nun
im himmlischen Vaterland im Licht der
Glorie glänzen; am Sarkophag des Prä-
sekten Probns steht der schöne Vers:

Luce nova frueris: lux tibi Christus adest.1)

Das Friedhoflicht ist aber selbstverständ-
lich nicht bloßes Symbol einer unthätigen
Hoffnung, daß die Abgestorbenen einge-
gangen sein möchten in das Licht des Him-
mels; das Licht ist zugleich Mahner, die
Hoffnung und den Wunsch in christliches
Thun umzusetzen. Sein geisterhafter nächt-
licher Schimmer ruft nicht nur die Er-
innerung an die Abgeschiedenen in den
Lebenden wach, sondern ruft sie auch aus
zum Gebet für dieselben. Darin liegt die
eminent praktische Bedeutung dieses Lichtes;
es ist der Anwalt und Freund der Armen-
seelen, der mit seiner milden und doch ein-
dringlichen Sprache für sie um das Almosen
des Gebetes bittet, der den nächtlichen Wan-
derer mit zum Herzen gehendem Flehen
anspricht, der im Leidensgemach des schlaf-
losen Kranken einkehrt, ihn durch die Er-
innerung an weit größere Schmerzen zur
Geduld mahnt und ihn um das Opfer
seiner Schmerzen bittet für die armen
Seelen, der den Lebenden gemahnt an den
Tod und an seine letzte Ruhestätte und
Wohnstätte. Es ist der Wächter und Hüter,
der treue Pfleger des Ackers Gottes und
der in ihm schlummernden Keime, bemüht,
diesen Keimen Thau des Gebetes zu ver-
schaffen, vor Verunehrung sie zu beschützen
und zu behüten bis zum Auserstehuugs-
morgeu, wo beim Anbruch der Glorie von
oben sein matter Schimmer erlöschen wird.

Das ist die Todtenleuchte, ihre Bedeutung
für die Abgestorbenen, für die Lebenden
und für die geheiligte Stätte des Gottes-
ackers. Man kann sich nicht in dieselbe

tz S. ebendas. Lampen, mit zahlr. Abbidnngen
 
Annotationen