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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 6.1888

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Nr. 11
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Keppler, Paul Wilhelm von: Rede über die Pflege der christlichen Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.15864#0104

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leichtfertige Verwendung von Geldern gut-
heißen, welche durch das Herzblut der Liebe
und des Opfers geweiht sind und so recht
das patrimonium Christi bilden.

Und nun nur noch wenige Worte über
die Beziehungen der Kunst zum
Haus, zur Familie, 3 ltin christ -
lichen Volk. Man hört es vielfach wie
eine zweifellose Wahrheit anssprechen, daß
das Volk Kunstsinn nicht habe, und der
Name des Volkes muß oft als Entschul-
digung herhalten, wenn man sich Kunst-
verirrnngen und Knnstfehler hat zu Schul-
den kommen lassen. Damit thnt man dem
Volk schwer Unrecht. Die christliche Kunst
hat ein Herz für das Volk und das christ-
liche Volk hat ein Herz für die Kunst.
Das Weib aus dem Volk, welches vor
diesem Bild ergriffen niederkniet und zu
beten anfängt, an jenem unberührt, theil-
nahmslos oder geärgert vorübergeht, es
hat damit vielleicht ein besseres Knnstnrtheil
gesprochen, als gewiegte Kritiker. Der arme
Arbeiter, der durch den Anblick einer Hei-
ligenstatue, eines religiösen Gemäldes über
die Niedrigkeit und Noth seines Lebens empor-
gehoben wird zu Gott, in bessere Welten,
er hat ohne allen Zweifel sehr viel mehr
wahren Kunstsinn als der reiche Prasser, der
im Anblick seiner Tausendmarkbilder schwelgt,
nicht weil sie seinen Kunstsinn befriedigen,
sondern weil sie seinen Fleischessinn reizen.

Das Volk ist überhaupt nicht so dumm,
als man vielfach anzunehmen geneigt ist.
Das christliche Volk ist so kunstverständig-,
als man es haben will, oder als man es
macht. Und im allgemeinen darf man es
wohl sagen, der Kunstsinn des Volkes
entspreche ziemlich genau dem künstlerischen
Charakter seiner Kirche. Ein Grund mehr,
in die Kirche nur das Beste, nur wirklich
Knnstwerthiges zuznlassen. Aber sehen wir
auch darauf, daß die christliche Kunst immer
mehr Eingang in's Hans, in's Familien-
leben und Volksleben finde. Hier ist ihr
Segen ein großer, ihre Mission eine herr-
liche. Dort das Kruzifix an der Wand
des Wohnzimmers, welche Bedeutung kommt
ihm zu im Leben der christlichen Familie!
Es bildet den Sammelpunkt für alle die
unzähligen großen und kleinen Leiden einer
Familie; der thränenschwere Blick der Mut-
ter, der sorgenvolle Blick des Vaters trägt
ans bedrängtem Herzen Leid und Wehe

empor zu dem, der unendliche Leiden und
Wehen erduldete, und derselbe Blick leitet
Trost und Kraft vom Kreuz ins Herz zu-
rück. Die Bilder des Heilandes, der Gottes-
mutter, der Heiligen lächeln die ersten
Ahnungen von Gott, vom Himmel, von
Tugend und Gnade in's Leben des Kindes
hinein und stellen den ersten Verkehr her
zwischen der Kinderseele und einer unsicht-
baren Welt. Die Bilder der hl. Mutter
mit dem Kinde — ich nehme die von
Raphael nicht aus —, sie predigen Keusch-
heit, Sittsamkeit, Mutterliebe und Kindes-
liebe. Hier ist der hl. Joseph dargestellt,
wie er Säge und Beil handhabt und seinen
göttlichen Pflegesohn in die Zimmermanns-
arbeit einlernt, dort der Heiland, wie er
blutüberströmt vor Pilatus steht; diese
Bilder lehren den Armen und Nothleidenden
Arbeitsamkeit, Zufriedenheit, Geduld und
Ergebung. Ja wie viel Verklärung ver-
mag die Kunst in's tägliche Leben, in's
arme, öde, gehetzte Volksleben der Gegen-
wart hineinzustrahlen! Das Bildchen, das
du in die Hand des Kindes legst, es ist
nichts Gleichgültiges, es soll eine Bedeutung
und einen Zweck haben. Das Kruzifix,
das religiöse Bild, das du in eine arme
Familie stiftest, es kann und soll eine
wahre Gabe der geistlichen Barmherzigkeit
sein, du stiftest damit Segen ins Haus
und leitest einen Silberborn guter Ge-
danken in's gedankenlose Leben des Volkes.
Aber beachte wohl, daß für das Volk wie
für das Kind das Beste eben noch gut
genug ist. Die heutigen Vervielfältigungs-
künste ermöglichen es, Kopien der besten
Werke christlicher Kunst auch dem Volke
zukommen zu lassen. Der Verein für
Verbreitung religiöser Bilder in Düsseldorf
hat eine reiche Auswahl ebenso schöner
als wohlfeiler Bilder hergestellt; möchten
dieselben doch endlich die in mehr als einer
Hinsicht bedenklichen französischen Fabrikate
verdrängen, die in so großer Menge auf
unfern Markt gebracht werden.

Und nun, verehrte Herren und Damen,
zum Schlüsse Eine Bitte. Manches große
Wort wird Ihre Erinnerung von hier sort-
tragen, manchen hochherzigen Entschluß,
manchen guten Vorsatz werden Sie in den
Falten Ihres Herzens mitnehmen, — ver-
gessen Sie auch nicht die Mahnung des
Freiburger Münsterthnrms, vergessen Sie

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