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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 6.1888

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Nr. 11
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Todtenleuchten, [2]
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Eindrücke von den Münchener Ausstellungen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15864#0106

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102

ein schöner Pfeiler trägt die Laterne, die
mit Rauchabzug versehen ist. Ob diese
etwas mehr als mannshohe Lichtsäule ur-
sprünglich für das ewige Licht bestimmt
war oder vom Kirchhof in die Kirche ver-
setzt wnrde, weiß ich nicht anzugeben;
sedensalls könnte sie als Mnster dienen.
Ebenso befinden sich in Obermarchthal
rechts und links vom Hochaltar Laternen
auf steiueruem Piedestal. Sollte je unser
Auge weitere noch vorhandene Todten-
leuchteu übersehen haben, so wären wir
für Mittheilnugen darüber sehr dankbar.

Eben da wir diese Notizen abschließen,
kommt nns zur Kenutuiß, daß auf dem
Kirchhof in Waldsee sich auch uoch eine
Todtenlaterne im Gebrauch befindet. Es
steht daselbst eine von vier Sänken, die
dnrch Rundbögen miteinander verbunden
sind, gebildete, überwölbte quadratische
Halle, zwischen den Säulen mit eisernem
Gitter abgeschlossen; in der Halle steht
ein großes Kruzifix mit Maria uud Jo-
hannes, und vor dem Krnzisix hängt die
mit einer Anfzngsvorrichtnug versehene
Laterne, die an diesem Orte zweifellos
als Todtenlenchte anznseheu ist.

Eindrücke von den Münchener
Ausstellungen.

i,

Man geht vielleicht zu weit, wenn mau
die Ausstellungen geradezu als moderne
Krankheiten bezeichnet. Aber sicher ist, daß
sie hohe symptomatische uud meist patho-
logische Bedeutung haben. Nur Thoren
oder völlig Verblendete können sich damit
abgeben, denselben neue Kohlen uud frische
Weihrauchkörner für das Rauchfaß der hoch-
müthigeu Selbstüberhebung uud des nationalen
Chauvinisnms abzugewinnen; der Verstän-
dige wird durch ihren Anblick und ihr
Studium auf Fehler uitb Schwächen, auf
tiefe Krankheiten der modernen Kunst auf-
merksam gemacht. Je größer die Zahl solcher
verständiger Besucher ist, je offener sie ihre
Ueberzeuguug aussprechen, je energischer sie
die praktischen Folgerungen ziehen, um so
höher wird der wahre Werth der Ausstellung
auzuschlageu sein; Selbsterforschung und
Selbstbesserung soll ihr schönster Erfolg sein.
Von diesem Gesichtspunkte aus bringen auch
wir die Münchener Ausstellungen ju nach-
träglicher Besprechung, und wir ertheilen das

Wort zunächst unserem Referenten über die
internationale Gemäldeausstellung.

Die weitaus größte Zahl der ausgestellten
Werke gehört selbstverständlich der Profan-
malerei au, über welche in diesen Spalten
nicht zu berichten ist. Sonst würde es ver-
lockend sein, über neu zu Tage tretende
Strömungen uud Techniken zu referieren,
namentlich über die viel ventilierte Freilicht-
malerei. Es genügt zu sagen, daß manche
Bilder dieser neuen Art gar keinen schlechten
Eindruck machen, doch sind viele der pleiu-
uir-Maler sichtlich zu tief in die Kreide ge-
kommen und selbst manche von den Begründern
dieser Manier, wie Claus Meyer, haben bereits
wieder retiriert. Manchmal hat das maui-
chäische Streben nach Befreiung des Lichtes
geradezu einen Topf voll Milch über das
Tableau ausgeschüttet. Was die Themate
betrifft, so ist die Historienmalerei sehr
schwach vertreten. Es fehlt unfern deutschen
Künstlern sicherlich an Kenntniß der vater-
ländischen Geschichte uud au Sympathie für
ihre großen Momente. Die Spanier sind
auch heuer wieder durch mehrere Geschichts-
bilder vertreten, aber diese Bilder pflegen
immer sehr blutig zu sein. Der alte Hus
kann dann immer noch nicht tobt fein. Dar-
um führt ihn Hellquist unter der Marke
,, Sancta Simplicitas“ wieder aus den
Scheiterhaufen. An Reichthum der Erfin-
dung uud Schwung der Komposition steht
des bekannten Matejkos „Jungfrau von
Orleans" obenan, wenn auch die Farbe
besser sein könnte. Der große Rest der aus-
gestellten Bilder gehört dem Genre au.
Hier kann mau au manchem Bilde seine helle
Freude haben. Als Maler der eigenen
-Schande stellt sich in Nuditäteu der eine
oder andere ideeu-, glaubeus- unb sittenlose
Kunstverderber an den Pranger. Am meisten
ist im Porträt geleistet. Im Charakterkopf
ist Leubach der erste, aber in der Wieder-
gabe des ganzen Menschen wird er von
Herkomer entschieden überflügelt. Weil Leu-
bach in der Ganzfigur, wie in Leo XIII.
uud anderen Porträten bedeutende Mängel
aufweist, sollte mau ihn doch nicht jetzt schon
neben die größten Porträtisteu, Raphael,
Tizian, Rubens, van Dyk, Velasquez stellen.
Der Gesammteiudruck nach Besichtigung der
Profanmalerei ist der, daß, den Themateu und
Kompositionen nach zu urteilen, in den
Reihen der Künstler eine furchtbare Ideen-
armut herrschen müsse. Und das wenige,
was uoch au Gedanken da ist, wird ver-
schlungen von einer nervös tastenden Technik.
Wir sind ganz einverstanden mit einem da-
hin abgegebenen Urtheil, daß das Ganze in
die Breite, aber nicht in die Höhe und Tiefe
 
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