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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 7.1889

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Nr. 1
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Keppler, Eugen: Das Bildwerk des Taufsteins in Freudenstadt, [1]
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Zimmerle, Karl: Reformation und Geschichte der deutschen Baukunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.15865#0010

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6

Hinweis aber auf das Wort Gottes mö-
gen wir finden in der dreiblätterigen
Pflanze, die wir mitten in der Schlangen-
windung ans unserem ersten Bild erblicken,
vorausgesetzt, daß wir diese Pflanze als
eine Erinnerung an die „grünenden Auen"
begrüßen wollen, auf welche die mittelal-
terliche Kunst den Hirsch so gerne versetzte.
Diese grünen Auen sinnbilden bekanntlich
die gute Weide des Wortes Gottes und
der Hirsch darauf als wiederkäuendes
Thier weist hin auf die Betrachtung des
göttlichen Wortes. Doch steht nichts im
Weg, dies geheimnißvolle Blatt auch für
irgend eine Heilpflanze zu halten, mit
welcher die Hirsche und andere Thiere der
Sage nach gegen Schlangengift und gegen
Verwundungen sich schützten. Plinius,
Nat.-Gesch. 9, 8, 61. Ebendaselbst im
28. Buch, 42. Kap. und 8. Buch, 50. Kap.
erzählt er gar, daß, wie der Hirsch bei
seinen Lebzeiten der größte Schlangenseind
gewesen, so auch noch aus seinem Fleisch
schlangenvertreibende Mittel gewonnen
werden. „Man vertreibt sie aus ihrem
Lager mit einer Mischung von Hirschblut,
Dragum, wildem Satnrei und Färberkraut
. . . man verscheucht sie mit einem Auf-
guß von Bertram und Hirschblut." Un-
seren Natnrkundigen sieht nun frei, ans
dem fraglichen Psläuzlein zu machen, was
sie wollen. Jedenfalls wird man in dem-
selben ein Gegenmittel gegen Schlangen
und Schlangengift erkennen müssen, will
man es nicht lieber allgemein fassen als
Sinnbild der guten Weide der göttlichen
Wahrheit.

Doch zu viel Ehre wäre es für unseren
alten Steinmetzen, würden wir glauben,
dergleichen sei nur ihm vorgeschwebt. Der-
gleichen Vorstellungen waren das Gemein-
gut Aller. Allenthalben galt der Hirsch,
der sagenhafte Schlangentödter, als das
Sinnbild Christi, sodann der Apostel („sie
werden Schlangen ausheben") und endlich
der Christen überhaupt, die ja Nachfolger
Christi sein sollen. So stellten es die
Thierbücher dar, so meiselten es die Stein-
metzen und die Maler malten es uitb die
Gläubigen „ruminirten" drüber verstäud-
nißinnig: ja Alles verstand einander, weil
alle Willkür (ans deutsch: Subjektivismus)
ausgeschlossen war, weil die Bildner und
mit ihnen übereinstimmend die Bestiarien

aus den Erklärungen der Väter schöpften.
Diese selbst aber haben die sagenhaften
naturgeschichtlichen Ansichten der Vorzeit
benützt, jedoch nur als Träger höherer
Wahrheiten und zur Erläuterung des
Wortes Gottes. So giebt es keinen Aus-
leger der Schrift, der nicht dem „jungen
Hirschen" im Hohen Lied (2, 17) die
oben besprochenen Seiten abgewinnen
würde. Das Band aber zwischen den
Konnnentaren der Väter und den Thier-
und Kunstbüchern des Mittelalters bilden
die altchristlichen Darstellungen. Auch
dort dient der Hirsch den gleichen mysti-
schen Anschauungen.' Auf einem Wand-
gemälde in den Katakomben der hl. Agnes
nimmt er augenscheinlich die Stelle des
Erlösers ein und auf einer Mosaik in
San Elemente in Rom, die dem 9. Jahr-
hundert zugeschrieben wird, ist als Zeichen
des Erlösers -ein Hirsch dargestellt, der
sich wie auf unserem Taufstein aus eine
Schlange niederbeugt, um ihr den Tod zu
geben. (Corblet a. a. O. S. 550.) Was
aber in dem Gehirn unseres primitiven
Bildners vor sich gieng, als er seinen pri-
mitiven Hirsch ausmeiselte, das mag uns
Philippe de Than, sein Zeitgenosse (oder
doch wenig später als er) deuten. Er
sagt: „Unter diesem Hirsch ist füglich
Christus zu verstehen. Das Wasser ist
die Weisheit in seinem Munde; sein Athen:
bedeutet deu Exorcismus; die Schlange
aber den Teufel, dem sie nur allzusehr
gleicht. Der Schlange Lager aber ist das
Herz so manches Menschen und daraus
wird sie verbannt und ausgestoßen." (Bei
Corblet ebend. S. 548.)

Reformation und Geschichte der
deutschen Baukunst.

Dr. D o h m c hat bei Grote in Berlin
eine Geschichte der deutschen Bau-
kunst herausgegeben, welche in der ersten
Nummer des „Archivs" vom Jahre 1888
eine so warme Empfehlung gefunden hat,
daß wohl der Einsender dieser Zeilen nicht
der einzige gewesen ist, der sich zur Anschaf-
fung des Werkes entschloß, und er hat es
nicht bereut. Die sorgfältige Lektüre hat
ihm manche lehr- und genußreiche ©tunbe
eingebracht. Je ungetheilter er aber der
Anerkennung beitritt, welche dem Werke
von Dohmc in einer katholischen Zeitschrift
 
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