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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 7.1889

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Nr. 5
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Erweiterung und Vergrößerung von Kirchen, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15865#0050
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46

spiele dieser Art sind in der eben ge-
nannten Statistik p. XXVIII namhaft
gemacht.

Das gleiche Bedürfnis; nach einem größe-
ren Chor führte zu einer merkwürdigen
Erweiterung der im Uebergangsstil ca. 1200
erbauten dreischiffigenBasilika in Weins-
berg. Auch hier war der Chor in dem
mächtigen Untergeschoß des Ostthurmes
untergebracht; seine Schlnßwand hatte
eine ziemlich hohe gedreite Fensteranlage.
Ob sich an ihn noch eine kleine Absis
anschloß, mag dahin gestellt bleiben. Nach
1512 wurde nun in spätgothischem Stil
dem Thurm ein sehr stattlicher Chor vor-
gelegt; den alten Bau ließ man vollstän-
dig intakt, nur wurde unter jener Fenster-
anlage ein ziemlich niederer fpitzbogiger
Durchgang eingebrocheu; dieser vermittelt
mit den drei unverglasten Fenstern die
Verbindung zwischen Chor und Langhaus,
eine Verbindung, die architektonisch und
perspektivisch gut wirkt, nur für unsere
Begriffe zu spärlich erscheint.

Eine durch Erweiterung entstandene
zweischiffige Anlage zeigte die Bar-
füßerkirche in Ulm, der die Nähe des
Münsters trotz ihrer Größe den Namen
„Kirchle" eintrng; der Abbruch der Kirche
ist aus mehr als einem Grunde sehr zu
bedauern; der Grundriß und eine äußere
Ansicht bei Heidelosf, Kunst d. Mittelalters
in Schwaben. Noch harmonischer als diese
zweischiffige Anlage und überhaupt das
trefflichste Beispiel einer gelungenen Kir-
chenerweiterung ist die ebenfalls zwei-
schiffige Kirche zu St. Johann Baptist in
Schwaigern, OA. Brackeuheim, von
welcher wir einen schlichten Grundriß geben.

Die stärkeren schwarzen Linien zeichnen
den alten Bau, die schwächeren das An-
gebaute, die gestrichelten Linien die abge-
brochenen Theile. Nordöstlich sehen wir
das starke Mauerfundament des Thurmes,
dessen Untergeschoß der Chor der alten,
ganz im Kreuz gebauten spätromauischen
Kirche war. Im Jahr 1514 nun nahm
der Meister Bernhard Sporer eine Ver-
größerung der Kirche vor, die mehr als
nochmal so viel Raum schasste. Er brach,
wie der Grundriß zeigt, den südlichen Arm
des Querschiffs sammt der Südmauer des
Hauptschiffes ab und vergrößerte den Bau
nach Süden durch ein eingefügtes sehr

breites zweites Schiss, welches nun Haupt-
schiff wurde und das alte Schiss als Neben-
schiff an sich nahm. Vier sehr breite Pfei-
ler scheiden die Schiffe und helfen das
Dach und Gewölbe tragen. In der Axe
des neugebauten Schiffes wurde überdies
ein neuer, stattlicher Chor angefügt, dessen
Raum noch vermehrt ist durch zwei mittetft
Einbauung von Streben gewonnenen Sei-
tenkapellen vor dein Chorabschluß. In sehr
feinfühliger Weise zog Sporer am neuen
Schiss die Streben ein und säumte das-

Kirche in Schwaigern (Mnßstab 1/500).

selbe mit fünf Seitenkapellen, so daß im
Innern sich eine Art Dreischiffanlage
bildet. Die breiten Gewölbestützen, welche
beide Schisse scheiden, führte er nicht in
der Linie des alten Baues, sondern weiter
nördlich, so daß das neue Schiss als
Hauptschiff breiter, das alte als Neben-
schiff schmäler wurde. Harmonischer hätte
das Alte nitb Neue nicht znsammengeschlos-
sen werden können; manchem wird es beim
Jnnenanblick zunächst gar nicht zum Be-
wußtsein kommen, daß dieser schöne Raum
 
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