Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 7.1889

DOI Heft:
Nr. 5
DOI Artikel:
Erweiterung und Vergrößerung von Kirchen, [5]
DOI Artikel:
Keppler, Eugen: Deutschlands Riesenthürme, [7]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15865#0051

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
47

durch das „Flickwerk" einer Erweiterung
gebildet ist.

Nicht ganz so gut ist au der Kreuzkirche
in Rottweil die Vermittlung des Alten mit
dem Neueil gelungen; wiewohl der ganze
Bau zli einer mächtigen Gesammtwirkung
zusammengeht, so findet doch hier das Auge
alsbald heraus, daß heterogene Bestand-
teile verbunden wurden. Aber lehrreich ist
auch dieses Beispiel in hohem Grad. Hier
handelte es sich darum, nachdem um die
Mitte des 14. Jahrhunderts der herrliche
Chor neu gebaut worden war, auch das
basilikale Langhaus umzugestalteu, au welche
Aufgabe man sich am Ende des 15. und
Anfang des 16. Jahrhunderts machte. Die
basilikale Anlage wurde in eine Hallen-
anlage umgewandelt, die Seitenschiffe wur-
den erbreitert. Aber der südlich, in geringer
Entferuullg von der Westfassade eingebaute
Thurm sollte unbedingt erhalten bleiben;
man gab daher dem südlichen Seitenschiff
geringere Breite als dem nördlichen, damit
dasselbe in der Flucht des Thurmes blieb,
fügte zwischen Thurm und Westfront eine
für sich behandelte große Kapelle ein und
ließ unbedenklich auch die cm die innere
Thurmwand angelagerten zwei romanischen
Arkadenbögen stehen. Wenn man bei die-
sem reichen und sumptuöseu Bau keinen
Anstand nahm, den Thurm in dieser etwas
queren Stellung zu belassen und ihn zu
erhalten, wie viel weniger braucht mau
bei schlichten Dorfkirchen sich aus einer
irregulären Stellung des Thurmes etwas
zu machen, die etwa in Folge einer Ver-
größerung sich ergeben könnte.

Die Baulust des Barock- und Zopfstils
im vorigen und vorvorigen Jahrhundert
war eine so große, daß sie sich in Er-
weiterungen der alten Kirchen nicht genug
thuu konnte; hier war Neubau durchaus
die Regel uub das Alte wurde meist total
abgetragen. Doch ist es zu rühmen, in
welch freundlicher Weise in Markelsheim,
OA. Mergentheim, der 1690 aufgeführte
Kirchenbau das Chörcheu der alten Kirche
in seinen Plan aufnahm und als Seiten-
kapelle am Langhaus es bestehen ließ.

(Fortsetzung folgt.)

Deutschlands Riesenthürme.

Von Stadtpfr. Eng. Koppler in Freudenstadt.

(Fortsetzung.)

Schön ist die Kölner Fassade in dieser
Einheit und Einheitlichkeit, die das Wider-
strebende wie das Folgsame in ein orga-
nisches Gefüge zwingt. Aber es ist eine
abgemessene und abgeglättete Schönheit —
die Gebundenheit des Zirkels. „Der Ge-
sammteiudruck hat etwas Unfreies; es
fehlt ihm etwas, um in völlig klarer Würde
wirken zu können." So Kngler, dem
auch Schnaafe beistinnnt mit dem Nrtheil:
„Die gesteigerte Bewunderung, die man
der Fassade als der höchsten Leistung des
gothifchen Stils gezollt, möchte sich schwer-
lich erhalten. Ein reifes Erzeugnis dieses
Stiles ist sie allerdings, aber ein vielleicht
schon zit reifes, mehr ans bewußter Kon-
sequenz als aus frischer künstlerischer An-
schauung hervorgegangenes. Die ganze
Ausführung ist klassisch; aber freilich auch
nicht mehr als das. Die Lebeusfülle, die
Unmittelbarkeit der Erfindung, welche den
Schöpfungen des frühgothischen Stils so
großen Reiz verleiht, tritt uns hier nicht
entgegen. Aber auch diese Mängel sind
nicht derart, um uns den Genuß an der
gewaltigen Komposition zu verkümmern."
Allerdings ,,die Herbigkeit der früheren
Zeiten mit ihren lebensfrischen Gegen-
sätzen" (vgl. Dohme S. 219) dürfen wir
auf dieser Stufe der Reife nicht suchen,
also auch nicht vermissen. Jeder auf's
Aeußerste getriebenen Konsequenz klebt
naturuothweudig eine gewisse Gedanken-
bläsfe und fchulmäßige Dürre an. Zwi-
schen der ersten Jugeudblüthe der Früh-
gothik und dieser reichsten und reifsten
.Frucht ist, was reizvolle Unmittelbarkeit
der Erfindung betrifft, eine ebenso große
Kluft wie zwischen naiver Volkspoesie und
klassischer Kuustdichtuug. Daß auch auf
letzterem Gebiet wahre und echte Poesie
gedeiht, die, wenn sie nicht mehr mit dem
Jugeudmuth eines Gießbachs tobt und
schäumt, dafür durch ihre immer gleiche
Fülle von ihrem höheru Ursprung Zeugniß
ablegt, wobei die glatte, gefeilte Form
sie eben nur vor dein Ueberschäumeu be-
wahrt — wer wollte das leugnen? So
ist auch das strenge Gesetz der Bildung
und Gestaltung, das diesen vielgliedrigen
 
Annotationen