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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 7.1889

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Nr. 6
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Busl, Karl Anton: Der Bildhauer Friedrich Schramm
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https://doi.org/10.11588/diglit.15865#0064

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60

Meister eine ziemliche Zeit, bevor sie in den
Büchern der Stadt erscheinen, für Ravens-
burg arbeiteten, was nicht ausfallen kann,
theils weil die Jahrgänge der Steuerbücher
nicht mehr vollständig vorhanden sind, theils
weil die Künstler öfters auch Jahre lang
abwesend waren. Die angegebene Jahrzahl
der Inschrift des Altares aber stimmt ganz
gut zu der Technik des nun zu schildernden
Bildwerkes. Bis 1850 in der von Hirscher-
schen Sammlung in Freiburg, wurde es im
genannten Jahre für die Kgl. Kunstkammer
erworben und im J. 1875 der Abtheilnng deut-
scher Bildwerke im Kgl. Museum überwiesen.

Die Statue, aus Lindenholz, 134 cm hoch, ist
ans einem Stuck gearbeitet, die alte Bemalung,
namentlich an den Köpfen, leider erneuert?)
Maria in dreiviertel Lebensgröße breitet ihren
Mantel über die zu ihren beiden Seiten kuieen-
den zehn Schützlinge aus. Die Köpfe derselben
in ihrer Mehrzahl machen den Eindruck von
Porträten; vielleicht sind es diejenigen der Stifter
des Altarwerkes und ihrer Verwandtschaft. (?)
Die schlanke Figur der Madonna zeigt edle,
ruhige Haltung, das ovale Antlitz eine glückliche
Vereinigung von Hoheit mit Anmuth und Milde.
Das Haar schlicht gescheitelt, später geivellt, füllt
in Locken rechts über die Schulter gegen den
Rücken, links nach vorn und seitlich herab. Der
Hals ist bloß, schlank und merklich hoch mvdel-
liert, die Hände klein und fein, lieber das nicht
gekrönte Haupt ist in leichter und gefälliger Dra-
perie der Schleier geworfen, der sich zur linken
Schulter herabzieht. Das zienilich enge Unterkleid
fließt in geraden, schlichten, etwas tiefen Falten
bis zu den Füßen. Der Faltenwurf an den Ge-
wändern der Schutzbefohlenen ist reicher, aber
tvohl niotivirt, nicht geknittert. Bode2) ist vollauf
beizustimmen, wenn er dieses Werk kurz, aber
treffend charaktcrisirt als „von großer Schönheit,
einfach und groß gehalten in Anordnung und
Gewandung".

Es ist, wie aus unserer Darstellung her-
vorgeht, das einzige, welches nach unserem
Dafürhalten mit zureichender Sicherheit dem
Bildhauer Schramm zugeschrieben werden darf.

*) Etwas matte Abbildung (Lichtdruck) in
„Beschreibung der Bildtverkc der christl. Periode
im Kgl. Museum zu Berlin von Wilhelm Bode
und Hugo v. Tschudi, Berlin 1888," Tafel 22,
Nr. 330. Kurze Nachricht über Herkunft und
Sujet S. 95. Eine größere Platte, durch Ver-
mittlung der Kgl. Direktion der Museen in der
Reichsdruckerei hergestellt, besitzt Herr Pfr. Dr.
Probst in Essendorf. Wir werden in einer der
nächsten Nummern einen autotypischen Abdruck
derselben bringen.

2) Gesch. der deutschen Plastik 1887, S. 175.
Er meint damit die Hirscher'schc Madonna, wie
aus unserem Citat Anm. 1 sich ergiebt, ohne sie
als solche aufznführen, erklärt (wohl durch ein
llebersehen) ihre Herkunft als unbekannt und stellt
sie zu den fränkischen Bildiverken des unteren
Mainthales.

Nicht so verhält es sich mit anderen unter
seinem Namen laufenden Skulpturen.

Bildhauer Entres in München erwarb
aus Ravensburg, vielleicht gleichfalls von dem
oben genannten Maler von Herrich, zwei
kleine Gruppen: die Messe des hl. Grego-
ritts und die Enthauptung der hl. Katharina
von Alexandrien, solvie eine Figur, deu hl.
Einsiedler Onofrius, und stellte sie zu einem
Altärchen zusammen.

Daß diese Schnitzwcrke früher in Ravensburg
selbst sich befanden, ist wohl glaubhaft. Schon
int Jahre 1354 hatte Jakob K nutz mann,
Chorherr in Zürich und Zofingen, Altar und
Pfründe zu St. Katharina in der oberen Ra-
vensburger Stadlpfarrkirche zu 1l. L. Fr. ge-
stiftet?) und in der unteren Stadtpfarrkirche von
St. Jodok begegnen wir 1466 einer von Ursula
von Neidegg gestifteten Pfründe zur hl. Katharina,2)
nachdem schon 1385 der Jodoks-Hochaltar in
zweiter Linie den hh. Jungfrauen Christina und
Katharina geweiht tvorden war. Auch für den
Besteller des hl. Onofrius läßt sich ivenigstens
eine Spur finden, obtvohl dieser Heilige selten
abgebildet und tioch viel seltener nach Ausweis
der Bürgeraufnahme- und Steuerbücher als Tauf-
name in Ravensburg (und wohl auch anderwärts)
benützt wurde?) Es ist ein Glied der hochange-
sehenen und reichen Familie der Humpis,
welche zahlreiche und große Stiftungen in die
Kirchen und Klöster der Stadt machte und vom
14. bis ins 16. Jahrhundert hinein die ersten
Stellen, das Bürgermeister- und Stadtammann-
amt, bekleidete. „O n oferius" Hnmpis erscheint
als Bürge 1482 für Karl Breisacher im Bürger-
aufnahmebuch/) wird Stadtammann 1484, Bür-
germeister 1495?) und ist gegen 1497 gestorben;
denn in diesem Jahre steuern statt seiner dessen
Kinder und Witwe?)

H Konzept des Dekans und Stadtpfarrers
Matth. Barth v. I. 1670 in der Pfarrrcgistra-
tur: »Descriptio omnium beneficiorum etc.«
(Wird von Hrn. Prof. Or. Knöpfler in Mün-
chen veröffentlicht werden.) Frühzeitig, jedenfalls
vor 1470, wurde die Pfründe mit derjenigen zu
St. Nikolaus in derselben Kirche verbunden.
Ihre Einkünfte im Bürgerbuch von 1324—1436
S. 1 (Stadtarchiv). — Urkunden: 1357 Einkünfte
und Lasten; 1367 Dotation von Altar und
Pfründe; 1382 Zinsbrief über 1 Pfd. Pf. von
Hans Strobels Haus in Ravensburg; 1470
Stiftung von jährlich 5 Scheffeln Kernen und 6
Schilling Pf. Zins von des Rothachers Mühle
und Säge im Oelschwang. Vgl. zur letzten Stif-
tung Hafner, Gesch. von Ravensburg S. 377. —
Die Kaplanei bestand bis ins 19. Jahrhundert herein.

2) Auch diese Kaplanci bestand bis in unser
Jahrhundert, >vo sie zu Gunsten des Schulfonds
aufgehoben wurde. Vgl. Hafner a. a. O. SS.
375 und 426.

b) Bis jetzt habe ich nur einen Onosferius Bron in
der Steuerliste voin Jahr 1515 (S. 98) gefunden.

4) Hafner a. a. O. S. 319.

5) Eben a. a. O. S. 485 fl.; Hafner a. a. O.
S. 89 fl.

6) Hieuach bei Eben und Hafner a. a. O. eine
 
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