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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 7.1889

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Nr. 7
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Keppler, Eugen: Deutschlands Riesenthürme, [8]
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Erweiterung und Vergrößerung von Kirchen, [7]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15865#0073

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69

Glockenthürmchen gekrönt den Mittelban
abschließen sollte, schiebt sich, von der nn-
teren Herrlichkeit nur durch die Apostel-
reihe geschieden, die feste, nur sehr spar-
sam durchbrochene und darum schwerfällige
Masse des Glockeuhanses ein: „eine unförm-
liche Zuthat, welche alles Ebenmaß der Vor-
derseite anfhebt, eine nutzlose Zuthat, die
sedenfalls den alten wie den sungen Mei-
ster in ihrem Grabe schwer drücken muß,
wenn überhaupt die Baumeister im Jen-
seits von den ihren Werken angethaneu
Unbilden noch Kunde erlangten, was für
alle ohne Ausnahme eine fortwährende
Qual sein müßte." (Viollet a. a. O.
S. 444.)

Allein je unangenehmer uns diese Miß-
bildung aufstoßt, desto mehr ist die Frage
am Platz, was sie denn veranlaßt haben
mag? Bekanntlich war in den Satzungen
der Bauhütten jede Eigenmächtigkeit des
Einzelnen auf daö Strengste verpönt.
Ein Abgeheu von dem ursprünglichen
Entwurf oder gar Abträgen von schon
Bestehendem ging nur an, wenn es ein-
getretener Umstände wegen unvermeidlich
und durch ein Gutachten von Bauver-
ständigen als unvermeidlich erklärt war:
es sei denn, daß der Bauherr selbst die
Abänderung verlangte und zugleich für alle
Folgen derselben haftete. (So Artikel 6
der Statuten; vgl. Piton, Eatbeclr. de
Strasb. S. 63.) Und sollte in unserem
Falle der Bauherr, das heißt hier das
Kapitel, einem Schritte zngestimmt haben,
der abgesehen von neuen Anforderungen,
die er an die erschöpfte Kasse stellte, den
schoie vor seinem Abschlilß stehenden Bau
einer ungewissen Zukunft preisgab? —
Ohne gewichtige Ursache sicher nicht! Nun
hat aber das Kapitel nicht bloß znge-
stimmt: es hat allem Anschein nach den
Zusammenbau der nahezu fertigen und
im dritten Stockwerk getrennt aufsteigenden
Thürme selbst verlangt und bei der Ban-
leitung durchgesetzt! Wenigstens fehlen die
sonst sich findenden Steinmetzzeichen hier
ganz — die wenigen vorkommenden sind
aus späterer Zeit — „was darauf hin-
deuten dürfte, daß Knnstgefühl und Achtung
vor dem Alter gegenüber den Forderungen
des Bauherrn und den Bedürfnissen des
Gottesdienstes und der Bürgerschaft zn-
rücktreten mußte, daß aber die Bauhütte

als solche damit nichts zu thun haben
wollte, indem sie zwar ihre Arme zur
Verfügung stellte, ihr Zeichen aber, d. i.
ihre Unterschrift, nicht hergab". (Ebeud.
S. 72.) ^Daß aber die Thürme tu ihrem
obersten Stockwerk ursprünglich getrennt
geplant und größtenteils auch so ausge-
geführt waren, beweist der Umstand, daß
ihre einander zugekehrten Seiten, nämlich
die jetzt verdeckte nördliche Seite des süd-
lichen Thurms ganz und die südliche
Wand des nördlichen Thurms bis etwas
über Manneshöhe mit allen ihren Ver-
zierungen bis zu den Rosetten unter der
obersten Gallerie völlig so ansgearbeitet
sind, als ob sie hätten immerfort dem
Blick ansgesetzt bleiben sollen. (Uebrigenö
erwähnt Königshoven ausdrücklich, daß die
Seiteit schoit standen, als man an die Er-
höhung der Mitte ging.) Die weitere
Ausführung der Zieraten an den höhe-
reit Theilen des Rordthnrms unterblieb,
sobald man sich zur Erhöhung des Mittel-
baues entschlossen. (Görres S. 42. Pi-
toit S. 71.)

Und mm die Ursachen, die eilte solche
Entschließung herbeigeführt haben mögen?
— Wir finden nur eine; diese liegt in
dem Bedürfniß, den beiden Thürmen durch
die Verbilldtlilgsbrücke eine Festigkeit zu
geben, die sie getrennt lticht haben konnte».

(Fortsetzung folgt.)

Erweiterung und Vergrößerung
von Airchen.

Zweites Beispiel.

Ein etwas komplizirterer Fall, der aber
doch mehrere Lösungsmöglichkeiten bietet.
Die Gemeinde zählt ca. 600 Seelen; das
bisherige Kirchlein ist aber auch für diese
Zahl viel zu klein. Schon bei der Erbauung
desselben wurde ans unbekannten Gründen,
wie Figur 4 zeigt, der Thurm iit den Kir-
chenranm hereingezogen und dadurch der
letztere noch mehr beeinträchtigt. Dieser
Thurm fordert auch jetzt wieder unsere
Rücksichtnahme, denn man wird doch einen
baugesunden Glockenthnrm lticht nieder-
reißen, um eilten neuen aufzuführen.

An sich würde der verfügbare Bauplatz die
Vergrößerung der Kirche durch zwei Neben-
schiffe erlauben, so daß Chor und Thurm und
 
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