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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 7.1889

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Nr. 10
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Zur Würdigung der Renaissance und Spätrenaissance
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Zwei klassische Gemälde in einer unserer Landkirchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.15865#0102

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98

päischen Länder von der Mitte des 16.
bis zum Ende deö 18. Jahrhunderts. 2
Bände, Berlin, Springer 1886 (XVIII
und 482 und 993 S. mit vielen Illu-
strationen und Tafeln). Das gute und
warm zu empfehlende Werk befaßt sich
nicht ausschließlich mit der kirchlichen
Kunst, die ja in der That in diesen
Epochen sehr hinter der Profankunst zu-
rückbleibt; aber es läßt die Stile klar in
ihren Wandlungen erkennen und weist die
inunanenten Gesetze ans, die auch in dieser
Kunstentwicklung walten und die auch bei
Würdigung der kirchlichen Kunst nicht ganz
bei Seite gelassen werden dürfen.

Schon beim Lesen der Vorrede empfängt
man den wohlthuenden Eindruck, daß hier
einer redet, welcher klar sieht und über
seinen Stofs Herr und Meister ist. Und
das will etwas heißen. Man bedenke,
daß er, von einer Uebersicht über die Vor-
perioden abgesehen, sämtliche Stile und
Stilwandlungen von 1530 bis zum Schluß
des 18. Jahrhunderts und zwar in allen
Ländern Europa's, (Italien, Frankreich,
Deutschland, Niederlande, England, Spa-
nien, Skandinavien, später auch Rußland)
zur Darstellung bringt, und zwar wie sie
sich ausleben in Architektur, Plastik,
Malerei, Kleinkunst und Kunstgewerbe.
Hier gewinnt mau die volle Ueberzeugung,
daß Renaissance itub Spätrenaissauce
Universalstile sind, denen sich zu entziehen
in keines einzelnen und in keines Landes
Macht stand. Und auch das bringt der
Verfasser uns zum Bewußtsein, daß wir
hier nicht vor dem Phänomen stehen, wie
ein vor Jahrhunderten ins Grab gesunkener,
heidnischer Stil die ganze Welt erobert
und sich ihr als Gesetz ausdrängt, auch Län-
dern sich ausdrängt, in welchein sich gar nichts
mit ihm Congeniales findet; es handelt sich
vielmehr bloß un: Keime und Elemente,
welche wohl von außen kommen, aber im
Kunstboden der einzelnen Länder soviel ver-
wandte Kräfte und Säfte finden, daß sie
alsbald Wurzel fassen und aufsprossen, —
doch in einer ganz dem Volksboden ent-
sprechenden Form, — im andern Land mit
anderer Art, anderer Blüte, anderer Frucht.
Oder es kommt, um mit dem Verfasser §u
reden, hier zur Darstellung „der Kampf
der nationalen Regungen mit der bewußt
oder unbewußt andringeuden Ueberlieferung

der Antike" (p. VI). Hier wird nicht
Vorhandenes dnrch feindliche Invasion
ertödtet, es wird nicht durch heidnische
Höllengeister einer christlichen Kunst der
Todesstreich versetzt; was noch, speziell in
Deutschland, sich an Kunstelementen fand,
wird in die neue Knnstbewegung herein-
genommeu und kommt in ihr zu seinem
Recht. Daß durch die Bewegung der
gothische Stil verdrängt war, das geschah
mit jener Notwendigkeit, mit welcher neues
Leben über das senil gewordene Herr
wird.

Regelmäßig eröffnet der Verfasser die
Besprechung einer Stilperiode mit einer
meist sehr gerecht und besonnen gehaltenen
allgemeinen Betrachtung über die Zeitver-
hältnisse, Zustände, Geistesströmungen der
Zeitperioden; die Entwickelung der Normen
und Formen der einzelnen Stile wird in
einer Sprache gegeben, welche Schönheit
mit Klarheit verbindet, gesunde Natürlich-
lichkeit mit plastischer Kraft. Unterschei-
dung und Benennung der Stilarten er-
scheint wohl motiviert. Daß je der De-
koration, in welcher Architektur, Skulptur
und Malerei zusammenklingen, ein beson-
derer Abschnitt gewidmet ist, verdient Bil-
ligung , besonderu Dank aber die Bei-
ziehung des Kunstgewerbes und namentlich
auch der Kunstliteratur. Die Illustrationen
sind reichlich, fein und meist Originale.
Möge das auch sonst splendid ausgestattete
Werk viele Leser finden! —

Awei klassische Gemälde in einer
unserer Landkirchen.

Der Schreiber dieser Zeilen machte im
vorigen Jahre einen Spaziergang nach Sa-
lach, OA. Göppingen, und wurde, in die
dortige Kirche eintretend, außerordentlich
überrascht, lieber den beiden Nebenaltären
hingen zwei Gemälde, welche ans den ersten
Blick an Ribera und Mnrillo erinnern!

Kaum seinen Augen trauend, unterzog er
dieselben einer genauen, später wiederholten
Besichtigung, soweit ihr Zustand und die
Entfernung es gestatten, und forschte ihrer
Herkunft nach.

Der Pfarrherr von ^>alach konnte die
Auskunft geben, die Meister jener Gemälde
seien unbekannt; letztere seien bei der Ver-
steigerung der Sammlung des Kardinal Fesch
in Rom von dem damaligen württembergischen
Konsul daselbst, Herrn Kolb, angekauft und
 
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