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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 8.1890

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Nr. 1
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Entwurf für eine neue Kirche in Pfahlheim bei Ellwangen
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https://doi.org/10.11588/diglit.15907#0010

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ausgesetzten Fällen zum voraus nicht ge-
dacht werden kann; Holzdecken können nicht
nur in solcher Breite gelegt, sondern auch
durch Hinallfziehung in die Dachkon-
struktion und feste Verankerung mit ihr
aus flachen zil wirksam gebrochenen und
gegliederten, leicht zu oruamentirendeil ge-
staltet werden. Freilich das Dach wird
außen immer eine etwas unförmliche Masse
vorstelleu, aber hier muß man sich eben
mit dem omnis deciis ab intus trösten.

Wo nun allerdings nicht äußerste Spar-
samkeit geboten ist, oder wo die Raum-
ansprüche sich noch mehr steigern, wird sich
wohl der Wunsch, nnb dann auch die Noth-
wendigkeit eines reicheren nnb festeren
architektonischen Gefüges einstelleu. Denl
kann Nechuuilg getragen werden, ohne daß
man das Prinzip der Raumeiuheit verläßt
lllld ohne daß mau zllr Dreischiffanlage
fortschreitet, dadurch nämlich, daß man dem
Schiff beiderseits Kapellen aufügt. Mit
vollstem Recht ist diese Grnndrißbildnng
neuerdings wann empfohlen worden. Sie
bietet vielen Gewiilil °. würdige Stätten für
Nebenaltäre lind Beichtstühle, architekto-
nische Bereicherung, große Erleichterung
iil der Einwölbung oder Eilldeckung des
Schiffes, sei es mm, daß die Kapellen mit
dem Schiff ganz oder beinahe gleich hoch
sind und ein gemeinsames Dach haben, sei
es, daß sie erheblich niebrtgcr gehalten,
mit Pultdächern gedeckt werden nnb über
sich Oberlichtern Rauiil gebeil. Bei letzterer
Anlage, die, lvie man sieht, der dreischiffigen
sich bereits nähert, gewinnt namentlich auch
das Aeußere erheblich an monumentaler
Wirkung. Die Bedenkeil gegen diese Grnnd-
rißbildung sind lediglich von keinem Belang,
am wenigsten die, welche in derselben eine
Neologie wittern. Der verdiente Konser-
vator Graus, Redakteur des Grazer
„KirchenschmuckJ hat in einer Serie voll
Artikeln im vorigen Jahrgang seiner Zeit-
schrift den Beweis erbracht, wie jene All-
lage in Frankreich, Spanien, Italien und
Deutschland vom romanischen Stil an sich
durch die ganze Gothik hindurch verfolgen
lasse.

Nur ein Bedenken hält uns ab, für
unsere gewöhnlichen Dorfkirchenbauten das
genannte System, ein Schiss mit beider-
seits durch Einziehung der Strebeil ge-
wonnenen Nebenkapellen, zu empfehlen, der

Zweifel nämlich, ob in Kirchen dieser Art
alle jene Kapellenräume so nutzreich sich
verwenden lassen, daß die Kosten, welche
sie verursachen, sich ganz rentieren. Wir
gewinnen bei einer Dorfkirche für eine
Gemeinde von ca. 1000 Seelen auf beiden
Seiteil etwa 5—6 Kapellen. Die beiden
Seiteilaltäre steheil rechts und links vom
Chorbogen; zwei Kapellen lassen sich für
Beichtstühle, eine für den Taufstein recht
gut verwerthen. Aber die übrigen? Für
Bänke bieteil sie nicht viel Raum, und der
Raunl, ben sie bieten, ist wieder für Hören
und Sehen nicht günstig. Freilich in
Städten, in Kirchen mit mehreren Altären
und Geistlichen verhält es sich anders, und
wo man auch bei Dorfkirchen sich nicht
nur auf das Nothwendige beschränken muß,
werden derartige Nebenränme recht gute
Anwendung finden können.

Wo soviele Kapellenränme als Luxus
erscheinen, da ließe sich nun bei ganz
gleicher Anlage der beiderseitig gewonnene
Nebenraum sehr nutzbar und praktisch ver-
werthen dadurch, daß man in denselben den
Seitengang verlegt. Einen Blick auf den
Grundriß und Querschnitt der Beilage wird
das alsbald klar machen. Die beiden
Seitenränme sind sehr niedrig gehalten
und mit eigenen Pultdächern gedeckt; auch
sie sind nur gebildet durch Erbreiterung
und Einziehung der Streben; nun sind
aber die Strebemauern je mit einem mäßig
hohen, spitzbogigen Durchgang durchbrochen.
Von einer zur andern ist eine der Linie der Ar-
kadenbögen folgende, die ganze Breite des Sei-
tenbanes füllende Halbkreiswölbnng geführt.
So ist den Anbauten die Funktion znge-
theilt, die Seitengänge aufzunehmen, und
wir haben den Vortheil, nunmehr den
ganzen Raum des Langhauses (nach Legung
des Mittelgangs) inklusive der Zwischen-
räume zwischen den Pfeilern für das Stnhl-
system verwenden zu können. Diese Ver-
wendung bringt uns für die in Frage
stehenden Dorskirchen mehr Gewinn als
Kapellenreihen zu beiden Seiten.

Die Erlaubtheit einer solchen Anlage
kann keinem Zweifel unterliegen, ihre archi-
tektonische Wirkung ebensowenig. Letztere
ist schon ans der Beilage und aus der
hier folgenden perspektivischen Innenansicht
abzunehmen. Zur näheren Erklärung sei
Folgendes beigefügt.
 
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