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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 8.1890

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Nr. 2
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Probst, Josef: Ueberblick über die Resultate der kunsthistorischen Lokalforschungen in Oberschwaben, [1]
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Detzel, Heinrich: Die sog. Miserikordia- oder Erbärme-Bilder, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15907#0019

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10

Doch war selbst hier in diesem Landstrich,
der offenbar für den Verkehr mit Ulm
recht günstig gelegen war, der Einfluß der
Ulmer Meister nicht ohne alle Konkurrenz von
anderwärts geblieben. Beweise dafür sind
ein Altarschnitzwerk in Ehingen von Chri-
stoph von Urach und die Kirche in
Ennetach, die durch Albrecht Georg, wie
auch die Kirche in Blaubeuren, die von
Peter von Koblenz gebaut wurde (Klemm),
beide letztere württembergische Baumeister
in Stuttgart. Das find jedoch nur ver-
einzelte Fälle; der dominirende Einfluß
von Ulm auf die bezeichnete Gegend ist
ganz deutlich.

Den Höhepunkt seines Einflusses hatte
Ulm am Schlüsse des 15. und Anfang
des 16. Jahrhunderts; vom Jahr 1520
an ungefähr tritt aber schnell der Ver-
fall ein.

II. Memmingen.

Weiter nach Süd, die Iller aufwärts,
verflacht sich der direkte Einfluß des
Ulmer Mittelpunktes schneller, als nach
Südwest an der Donau aufwärts, und
schon in M e m m i n g e n vermochten
sich zu einer Zeit, da Ulm noch auf
seinem Höhepunkt stand, eine Anzahl
Künstlerwerkstätten niederzulassen und auf-
recht zu erhalteu. Allerdings vermochte
sich Memmingen selbst dem mächtigen Ein-
fluß von Ulm keineswegs ganz zu ent-
ziehen. Ganz deutlich spricht sich dies
darin ans, daß der Ulmer Matth. Böb-
linger den Chor der Martinskirche da-
selbst baute 1496 (c5. Or. I. Sighart:
Geschichte der bildenden Künste in Bayern,
S. 465) und auch die Chorgestühle dieser
Kirche weisen indirekt ganz bestimmt aus
Ulm hin, wovon unten die Rede sein wird.
Allein dessenungeachtet errang sich Mem-
mingen doch eine gewisse Selbständigkeit
und namhaften Einfluß. Bedeutungs-
voll tritt insbesondere hervor die Maler-
familie Strigel. Es sind schon mehrere
Glieder derselben bekannt: Hans, Ivo und
besonders Bernhard Strigel. In
seinem langen Leben (1460—1528) schuf
derselbe zahlreiche Gemälde; seine Hand
wurde zuerst unter den Gemälden der
Hirscher'schen Sammlung herauserkannt,
weßhalb denselben auch Bischer den Meister
der Hirscher'schen Sammlung nannte;
nachher wurde sein Name von Bode in

Berlin entdeckt. Wir weisen hier nur auf
jene Gemälde hin, die sich in Kirchen des
württembergischen Oberschwaben vorge-
fnnden haben. Ein Altar mit Flügel be-
fand sich in Jsny. Ans Gemälde von
einem andern Flügelaltar ehemals im
Kloster Roth weist Bischer in neuester Zeit
hin (cf. Allgäuer Geschichtsfreund 1889
S. 84), die er sogar als die besten Werke
des Meisters erklärt; sie sind jetzt in
Karlsruhe. Es ist zu erwarten, daß durch
die verdienstvollen Nachforschungen von
Bischer und Baumann noch mehr Licht
über diese Meister gesunden wird. Vorerst
aber läßt sich schon ans den angeführten
Thatsachen entnehmen, daß der Einfluß
von Memmingen auf den ganzen Osten
des württembergischen Oberschwaben sich
geltend machte.

Die sog. Miserikordia- oder
(Lrbärmde-Bilder.

Von Pfr. Debet in St. Christina-Ravensburg.

(Schluß.)

Eine solche spätgothische Passionssäule in
bemaltem Schnitzwerke befindet sich im Dom
von Braunschweig. x) Wohl am voll-
ständigsten im ganzen Mittelalter sind die
„Waffen Christi" an den Chorstühlen der
Klosterkirche zu Berlin aus dem Jahre
1383 in 30 Schnitzbildern dargestellt;
wir sehen hier: das Schweißtuch mit dem
Antlitz Jesu, ein Zählbrett mit den 30
Silberlingen, eine brennende Fackel (Joh.
18, 3) eine Laterne (ebd.), den Judaskuß
(dargestellt durch die beiden Köpfe des
Herrn und des Verräters), zwei Ketten,
das Schwert des Petrus und das Ohr
des Malchus, die Brustbilder des Pilatus
und seiner Frau (Matth. 27, 19), den
Hahn Petri auf einer Säule, eine offene
schlagfertige Hand (Joh. 19, 3), die Brust-
bilder des Pilatus und Herodes (?), ein
Ruthenbündel, eine Geißel, eine Hand voll
ausgeraufter Haare, die Dornenkrone, zwei
Stöcke, das Kreuz (T), einen ausspeienden
Kopf, die Hände und das Waschbecken
(Math. 27,24), Leiter und Stange, Hammer
und Bohrer, einen Strick, drei Nägel, die
Aufschrift inri, drei Spielbecher, drei

0 Abb. bei Otte, kirchl. Kunstarchäolvaie,
Bb. I. S. 370. Fig. 154.
 
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