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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 8.1890

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Nr. 4
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Detzel, Heinrich: Die Kirchenrestauration in St. Christina bei Ravensburg, [2]
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Die Kapelle des Marienhauses in Freiburg i. B.
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https://doi.org/10.11588/diglit.15907#0043

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33

St. Bartholomäus reiste nach Christi
Himmelfahrt nach Indien, dann noch Armenien
und Cilicien und wurde in der Stadt Albano-
polis gemartert. Er trägt ein Messer, das
Werkzeug seines Martyrertodes, in der Hand.

St. Matthäus, der Evangelist, trügt als
solcher Buch und Feder; er zeigt ein überaus
schönes, mildes Greisenantlitz mit langem Barte
und seelenvollem Ausdruck. Seine schöne Ge-
stalt ist auch ins kleinste Detail mit großer Sorg-
falt ausgearbeitet.

St. Simon, wieder ein schöner und aus-
drucksvoller Greisenkopf, aus dem eine lautere,
fromme Seele schaut, hält als Attribut eine
Säge; er predigte in Syrien und Mesopotamien
und anderen heidnischen Ländern das Evange-
lium und soll in Persien den Martyrertod er-
litten haben, indem er entzwei gesägt wurde.

St. Thaddäus hat mit den: Apostel Si-
mon ebenfalls in Persien den Martyrertod ge-
funden, indem er mit einer Keule erschlagen
wurde, daher diese sein Kennzeichen. Man sieht
der kraftvollen Gestalt dieses Glaubensboten an,
wie viel er unter allen Gefahren und Mühen
in den heidnischen Ländern gewirkt haben niag.

Die letzte Stelle dieser Reihe nimmt der hl.
Jodokus ein, der einst die Königswürde von
der Bretagne ausschlug und Eremit in der Pi-
cardie wurde. Daher sehen wir ihn hier im
Gewände eines Eremiten mit der Königskrone
und deni Pilgerstabe. Dieser Heilige hat in
unserm Chorgestühle einen Platz erhalten, um
die Tradition der Pfarrchronik fortzuerhalten,
nach welcher die Kapelle ack 8t. Jodocum zu
Ravensburg bis zum Jahre 1385 zu St. Chri-
stina gehörte und erst mit diesem Jahre in eine
Pfarrkirche mit eigenem Pfarrer verwandelt
wurde.

Wenn wir die herrlichen Apostelgestalten
eingehender betrachten, werden wir finden,
daß der Künstler in sinniger Empfindung
einen Unterschied gemacht hat gegenüber den
Skulpturen des Hochaltars. Während er
in jene, und zwar mit Recht eine mehr
fromme, zur Andacht stimmende Empfindung
legte, zeigen diese einen gewissen edlen Rea-
lismus, eine mehr historische Auffassung.
Dolche Skulpturen in den Chorstühlen haben
ja auch einen ganz anderen Zweck als die
Bilder auf den Altären. Haben diese mehr
einen erbaulichen Charakter und treten sie
so gleichsam mit der Liturgie in Verbindung,
so ist die Aufgabe und der Zweck der erster»
mehr der der Erinnerung und Belehrung.

Die Kanzel und Kommunionbank
sind ebenfalls »eu aus Eichenholz hergestellt.
Zeigt letztere kräftiges Maßwerk in abwechs-
lungsvoller Weise und schönes Material, so
kommt bei ersterer zu diesen Vorzügen noch
der Schmuck der Bilder. Den Körper der
Kanzel zieren nämlich außerhalb die vier
lateinischen Kirchenväter und zwar beim
Fenster beginnend: Dt. Augustinus, St.
Ambrosius, St. Gregor der Große und St.

Hieronymus. Ihre plastische Behandlung wie
auch die Polychromie ist künstlerisch durchge-
führt. Den Abschluß des Kanzeldeckels bildet
die feierliche Gestalt des lehrenden Heilandes.
Das einfache und schöne Werk ist ein Ge-
schenk des Herrn Oekonomen Matthäus
Fuchs von Hinzistobel, dem ebenfalls auch
an dieser Stelle der Dank der Pfarrgemeinde
abgestattet sein soll.

Schließlich sei bemerkt, daß auch die Orgel-
empore in eine einfache, aber doch dem Ueb-
rigen angepaßte Form umgestaltet wurde,
und daß auch sämmtliche Kirchenstühle neu
angestrichen wurden. Die Arbeiten der Re-
stauration begannen ungefähr Mitte Mai
und am hl. Weihnachtsfeste stand alles fir
und fertig. Der Gesammtkostenaufwand be-
lief sich aus ca. 9700 Mark, welche Summe
auch — ängstlichen Gemüthern sei es be-
sonders gesagt — voll und ganz abge-
tragen ist.

Die Rapelle des Marienhauses in
Hreiburg i. B.

Das Programm für diesen Bau lautete:
„Kapelle mit 200 Sitzplätzen im Schiss;
über die seitlichen Gänge erhöhtes Quer-
schisf; an der Westseite Vorhalle, Thürmchen
und zwei heizbare Räume mit Beichtstuhl
und Glaswand gegen das Schiff; die Kirche
ist durch einen Gang mit der Anstalt (für-
alte, kranke und gebrechliche Leute) zu ver-
binden in der Weise, daß derselbe sich über
die Kirchenbreite fortsetzt und den Zugang
zum Mittel- und den Seitengängen im Schiff
sowie zu den Vorräumeu ermöglicht; die
Emporentreppen endigen auf dem Emporen-
boden. Der mittlere Bogen unter der Em-
porenbrüstuug ist geschlossen, um gegen die
Vorhalle ein Kruzifix, gegen das Schiss ein
Weihwasserbecken anzubringen; in der Vor-
halle sollen in Nischen Statuen aufgestellt
werden."

Wir laden die Leser ein, zu prüfen, wie
der Architekt, Herr Cades in Stuttgart,
dieser Aufgabe gerecht geworden ist. Der
auf der Beilage mitgetheilte Entwurf bildet
in der Anlage der gewölbten Seitengänge
unter Pultdächern ein Pendant im Kleinen
zu der Kirche in Pfahlheim (s. Nr. 1). Der
Thurm entwickelt sich dachreiterförmig aus der
Westfront heraus. Die Anordnung der ver-
langten westlichen Kompartimente ist aus
dem Grundriß zu ersehen. Der Chorthurm,
welcher den Zugang auf den Dachboden zu
vermitteln hat, und das kräftig allsgreifende
Querschiff verleihen dem Aeußern, letzteres
auch deiil Inneren trotz aller Eiilfachheit
 
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