Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 8.1890

DOI Heft:
Nr. 4
DOI Artikel:
Zur Glockenkunde
DOI Artikel:
Annoncen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15907#0046

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
36

kehrt oder als Spiegelbild, weil der Ver-
fertiger die Buchstaben ins Mantelinnere
einschrieb von links nach rechts, so daß sie
auf der Glocke selbst von rechts nach links
lief. Später begnügte man sich mit dem
bloßen Einritzen nicht, sondern bildete die
Bnchstaben dadurch besser ans, daß man die
beiden Flächen zwischen den Grundstrichen
der Buchstaben durch andere eingeritzte Linien
belebte; von da war es nur mehr ein Schritt
dazu, daß inan diese Flächen ganz aushob
und damit den Buchstaben tiefes Relief gab.
Die ersten figürlichen Dekorationen sind
Abdrücke von: Siegel des konsekrirenden Bi-
schofs, welche auf das Hemd geklebt im
Mantel sich abformten und dann burd) die
Hitze herausgeschmolzen ihr Bild als Holst*
raum hinterließen. In der Zeit der Spät-
gothik tritt das Glockenschriftenwesen dadurch
in eine ganz andere Phase der Entwicklung, daß
nun die Wachsbuchstaben erfunden wurden,
welche für die Glockeninschrift, nach der
treffenden Bemerkung des Verfassers, etwa
dieselbe Bedeutung haben, lvie die beweglichen
Bnchstaben für den Buchdruck. Mau formte
nämlich jetzt die einzelnen Buchstaben ans
Wachs und heftete sie dem Hemd auf, so
daß sie ain Mantel sich einprägten, dann
aber durch die Hitze ausgeschmolzen wurden.
Jetzt kommt es vor, daß Glocken sinnlose
Inschriften erhalten, indem von dein schriftun-
kundigen Gießer einfach willkürlich Bnchstaben-
zeichen an einander gereiht wurden, damit
die Glocke der Inschrift nicht entbehre; auch
werden namentlich zum Ausfüllen der zu
kurzen Inschriften die Buchstaben in alpha-
betischer Reihe zugesetzt. Die Bilder werden
aber auch jetzt noch dem Mantellehm einge»
ritzt.

Im 16. Jahrhundert wird dem Guß im
allgemeinen nicht mehr die frühere Sorgfalt
eingeräumt. Die Inschriften häufen sich,
ihre Ausführung ist meist mangelhaft. Die
figürlichen Darstellungen aber, immer nach
Wachsmodellen hergestellt, sind besser und
feiner als die früheren. Im 17. Jahrhundert
zunächst auch in dieser Kunstübung Stockung;
dann wieder minderwerthige Leistungen, auch
noch im 18. und Anfang des 19. Jahr-
hunderts; die Inschriften geben zahllose
Namensverzeichnisse von obrigkeitlichen Per-
sonen , Chronogramme und Siglen d. h.
Sprüche, welche bloß mit den Anfangsbuch-
staben der einzelnen Wörter gegeben werden
z. B. V. D. M. I. ÄL. — verbum domini
manet in reternum. Doch hat diese Versallzeit
einige bedeutende und großartige Werke auf-
zuweisen.

Dies der Hauptinhalt der sehr lehrreichen
Monographie, welche die Glockenkunde wesent-
lich fördert. Der Leser sindet überdies noch
eine Menge interessanter Einzelbemerkungen.
Die ältesten Glocken werden in Wort und
gutem Bild genau vorgeführt. In der
Deutung der Inschrift der Burgdorfer Glocke
im Museum zu Braunschweig sind wir mit
dem Verfasser nicht einverstanden. Sie lautet:
ANNO . DNI . M . CC . LXX . FACTA EST.
MAIOR . AD LAUDEM . DNINRI. IIIVXPI k.,
und wird vom Verfasser übersetzt: Im Jahr
des Herrn 1270 ist die größere (Glocke) ge-
macht worden znm Lob des Herrn des
Nazareners des Königs der Inden, Jesu
Christi; er liest nämlich die Worte nach
DN als den Kreuzestitel inri, während sie
zweifellos heißen: domini nostri.

Annoncen.

Herdersehe Verlagshandlung,
Freiburg i. B.

Soeben ist erschienen und durch alle
Buchhandlungen zu beziehen :

Quartalschrift, Komische, für christ-
liche Altertumskunde und für Kirchen-
geschichte. Unter Mitwirkung von Fachge-
nossen herausgegeben v. Dr. A- de Waal.
Vierter Jahrgang 1890. Erstes Heft.
Lex.-8°. (S. 1 — 96 nebst 3 Tafeln in

Heliotypie.) Preis des ganzen Jahrganges
M. 16.

Erscheint in jährlich 4 Heften, jedes
ca. 100 Seiten stark, mit je 3 Tafeln, meist
in Heliotypie.

Wilpert, J., Nochmals Prin-
zipienfragen der christlichen Ar-
chäologie! Kritik einer „Protestanti-
schen Antwort auf römische Angriffe“.
(Separat - Abdruck aus der »Römischen
Quartalschrift«. Jahrgang 1890.) gr. 8°.
(20 S.) 50 Pf.

Früher erschien von demselben Verfasser :

— Prinzipienfragen der christ-
lichen Archäologie mit besonderer
Berücksichtigung der »Forschungen* von
Schultze, Hasenclever und Achelis. Mit
zwei Tafeln in Lichtdruck. Lex.-8". (VIII
u. 104 S.) M. 3.

ljiezu eine Kunstbeilage: Die Kapelle des
Marienhauses in Freibnrg i. B.

Stuttgart Buchdruckerei der Akt.-Gef. „Deutsches Volksblatt".
 
Annotationen