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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 8.1890

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Nr. 5
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Die religiösen Bilder für die Kinder und für das Haus, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15907#0048

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Archid für christliche Kunst.

Organ des Rottenburger Diözesan-Dereins für christliche Runst.

^erausgegeben und redigirt von Professor Dr. "Koppler in Tübingen.

Verlag des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins, für denselben: der Vorstand Professor Dr. Keppler.

Erscheint monatlich einmal. Halbjährl. für M. 2. 05 durch die württemb. (M. l. 90
im Stuttg. Bestellbezirk), M. 2. 20 durch die bayerischen und die Reichspostanstaitcn,

.» jm> fl. 1.27 in Oesterreich, FrcL. 3. 40 in der Schweiz zu beziehen. Bestellungen werden jO/'vp,

U S» auch angenommen von allen Buchhandlungen, sowie gegen Einsendung des Betrags iOvU.
direkt von der Expedition des „Deutschen Volksblatts" in Stuttgart, Urbausstraße 94,
zum Preise von M. 2. 05 halbjährlich.

Die religiösen Bilder für die Rinder
und für das L)aus.

Die Kirche hat darüber nie einen
Zweifel gelassen, daß ihr die Frage nach
dein Werth und der Berechtigung der reli-
giösen Bilder nicht ein Adiaphorou sei.
Im 8. und im 16. Jahrhundert mußte
sie zu dieser Frage Stellung nehmen, und
der Eifer, die Entschiedenheit, die Energie,
mit welcher sie beidesmal für die religiösen
Bilder eintrat, weist auf das tiefinnere
Bewußtsein, daß in lind mit den Bildern
ein Vitalinteresse auf dem Spiele stehe.
Indem unglückseligen orientalischen Bilder-
streit floß Blut für das Recht der christ-
lichen Kunst ans religiöse Darstellungen
und auch die Bilder erhielten ihre Mär-
tyrer. Das Volk nahm den Streitpunkt
als Herzensangelegenheit und wollte die
ihm zum Bedürfnis gewordenen Bilder
nicht missen. Als im 16. Jahrhundert
zwar nicht mehr Menschen, aber eine
Masse religiöser Bilder das Leben lassen
mußten und abermals die Streitfrage über
Werth oder Unwerth, Recht oder Unrecht
der Bilder aufgeworfen ward, gab das
große Reformkonzil in der Sessio 25 de
invocatione et veneratione et reliquiis
sanctorum et sacris imaginibus seine
klaren und bestimmten Entscheidungen.

Es ist erfreulich zu bemerken, wie in
diesem Punkt die Wahrheit in seltenem
Maße sich Bahn gebrochen hat. Ein
Bilderfeind und Jkonoklast würde heutzu-
tage iu den Verdacht der Idiosynkrasie
oder des religiösen Fanatismus kommen
und würde in allen Kreisen als Barbar
verurtheilt. Fast besteht keine akatholische
Konfession mehr, die nicht dem religiösen
Bild ihre Tempel und Betsäle wieder ge-
öffnet hätte; frühere gegentheilige An-
schauungen werden offen verurtheilt, ge-
schehene Vandalismen nicht gerechtfertigt,

höchstens noch entschuldigt. So ist man
im wesentlichen hierin auf demselben
Standpunkt angelangt, ans dem wir immer
standen, und es ist nur eine künstlich ge-
schaffene Differenz, wenn man als das
Trennende die Anbetung der Bilder auf
katholischer Seite ansetzen will, — künst-
lich geschaffen, weil eine solche Anbetung
bei uns nie sich fand, nirgends sich findet
und niemals sich finden wird. Höchstens
die Verehrung der Bilder möchte man als
das Unterscheidende bezeichnen können;
aber einige Verehrung wird selbst der
Protestantismus seinen religiösen Bildern
nicht versagen können, auch abgesehen von
der Pietät, die jedes wahre Kunstwerk
von uns heischt.

Zu tief ist das Bild im ganzen gei-
stigen Wesen des Menschen, in seinem
ganzen geistigen Entwicklungsprozeß be-
gründet, als daß nicht die Feindschaft gegen
das religiöse Bild bald sich als Unnatur
und Unvernunft erweisen müßte. Ist ja
doch der Mensch selbst ein Bild, und von
der hl. Schrift schon ans der ersten Seite
als Ebenbild seines Schöpfers eingeführt.
Sein geistiges Wachsen und Reifen nennen
wir Bildung, nicht ohne Grund, denn
das Bild, das von der Netzhaut des Auges
sich auf die leeren Tafelil des Menschen-
geistes überträgt, ist des Menschen erster
und gründlichster Instruktor und bleibt
sein liebster Begleiter bis ins Alter. Das
Bild ist und bleibt ein wesentliches Ele-
ment der Bildung, und es ist lediglich
Selbsttäuschung, wenn eine Zeit oder
Kulturepoche geistig so hoch zu steheu
meiut, daß sie die Kunst entbehren könne,
oder wenn der Protestantismus die Zu-
rückweisung des religiösen Bildes als For-
derung und als Beweis des reineren Spiri-
tualismus, der geläuterten Religion, des
Durchgedrungenseins zum Wesen der
Wahrheit geltend machen wollte. Die Ab-
 
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