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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 8.1890

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Nr. 7
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Schnell, ...: Die Altäre der Heiligkreuzkirche zu Rottweil a. N., [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15907#0073

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62

Hierin hat er sich jedoch geirrt, da in jenen
Raum jetzt Wappen des gemalten Fensters
fallen. Außerdem wird durch das grelle
Licht dieses Fensters der Effekt des Hoch-
altares fast ganz vernichtet. Es ist wirklich
schade, daß dieser schöne, edle Altar nicht
mehr zur Wirkung kommt. Geholfen kann
nur werden durch ganz dunkle Färbung des
Mittelfensters.

2. DerApostelalta r.

Dieser hat Aufstellung gefunden an der
Ostseite des nördlichen Seitenschiffes zwischen
der Kanzel und der vordersten Kapelle der
Nordseite. Es ist ein sehr breit veranlagter
Flügelaltar, überaus reich au Skulpturen.
Unterbau und Aufsatz sind durch Nürnberger
Schreiner und Bildhauer neu verfertigt um
420 fl. und von Joseph Hütter sammt den
Figuren vergoldet um 1187 fl. Den Schrein
und die Flügel mit den Figuren kaufte
Heideloff von Kunsthändler Pichart in
Nürnberg als „Bildwerke aus dein 13. Jahr-
hundert" um 350 fl.

Der Schrein des Altaraufbanes hat drei
Nischen. Die mittlere, etwas tiefere, zeigt
Maria zur Rechten Christi auf einem Throne
sitzend und die Hände vor der Brust zum
Beten faltend. Christus hebt die Rechte
wie zum Schwure empor und hält in der
Linken die Weltkugel. Beide tragen Blätter-
kronen mit einem Kranze von (imitirten)
Steinen. An der Rückwand, etwas erhöht,
ist das Symbol des hl. Geistes, die Taube.
Die Nischen rechts und links, sowie die
Flügel sind geschmückt mit den etwas flach
gehaltenen Figuren der zwölf Apostel, sowie
derjenigen des hl. Adalbert und des hl.
Laurentius, im ganzen 14, weshalb hier
manche irrthümlich diese Figuren als die
14 Nothhelfer anseheil. Sämintliche Figuren
stehen je auf einer Wolkengloriole über einer
Konsole, welch letztere sowie die Baldachin-
Gallerie, die zur Bekrönung dient, von
Bildhauer Rotermuud gefertigt wurden,
wenigstens teilweise. Die Figuren selbst,
ca. 75 Ceutimeter hoch, haben zum Teil
geradlinigen, strengen Faltenwurf, zum Teil
ist derselbe mehr oder weniger geknittert.
Die Gewandung ist, mit Ausnahme der
Innenseiten, welche farbig gehalten sind,
vergoldet und zwar auf etwas dickem Kreide-
grund, was wohl auch dazu beitragen mag,
daß der Gesichtsausdruck verschiedener Fi-
guren ein ziemlich derber ist. Die Köpfe
sind im Verhältnis etwas groß, die Leiber
schlank gehalten. Am meisten Bewegung
und Feinheit in der Behandlung zeigen die
beiden Figuren St. Adalbert und St. Lau-
rentius, sowie in der Mittelnische Jesus

und Maria, deren Gewandung ziemlich ge-
knittert ist, so daß die Annahme, diese Fi-
guren stammen aus dem 13. Jahrhundert,
nicht haltbar ist.

Die Strebepfeilerchen der Baldachingal-
lerie tragen auf Konsölcheu noch 22 kleine
8—10 Ceutimeter hohe Figürchen, männliche
und weibliche Heilige, denen je die Pfeiler-
nasen als Baldachin dienen. Diese Figürchen
sind, namentlich was die Gewandung betrifft,
groß anfgefaßt und flott geschnitzt.

Der Aufsatz über der Hauptnische besteht
aus einem schlanken durchbrochenen Thürm-
chen mit Helm und Kreuzblume. Die neuen
Schnitzereien zeigen den guten Willen, aber
auch noch die mangelhafte Fähigkeit, alte
Gothik uachzuahmen.

Der Apostelaltar ist wohl der stattlichste
unter allen Altären der Heiligkreuzkirche,
kommt aber au seinem jetzigen Standorte
nicht voll zur Geltung. Es wäre indessen
bei seiner Breite unmöglich, einen anderen
Platz für ihn herauszufinden.

3. Der St. 11 l r i ch s a l t a r.

Ein Flügelaltar mit einer ziemlich
großen Nische itub zwei Flügeln. Auch an
diesem Altar ist alles neu gemacht, mit Aus-
nahme des Schreines und der Flügel, sowie
der drei Skulpturen in der Nische und
eines Basreliefs, das jüngste Gericht, in
einem Bogenfeld über der Nische. Diese
letzteren Gegenstände erwarb Heideloff von
Kunsthändler Poltschik in Nürnberg und be-
zahlte dafür 350 fl. Wie aber speziell die
Figuren ausgesehen haben mögen, beweisen
die Rechiulngen des Malers und Vergolders,
sowie des Bildhauers Rotermund, welcher
folgenden Kostenzettcl einreichte: „Dem hl.
Ulrich ein Fisch in die Hand, ein Stück
Insul, ein Bischofstab 6 fl. Dem St.
Leonhard zwei Händ, ein Buch, eine Kette,
ein Bischofstab 5 sl. Der hl. Katharina
eine Krone, eine Hand, ein Buch, ein
Schwert und etwas Gewand gefertigt 5 sl.
Wie die oben beschriebenen, so ist auch dieser
Altar ganz vergoldet, was allein 850 fl.
kostete, dazu kam noch für Schreiner und
Schnitzerarbeit die Summe von 373 sl. 30 kr.
Der Altaraufsatz bietet seiner Konstruktion
nach nichts Bemerkenswerthes, wohl aber
in seinem Figuren- und Bilderschmuck.
In der Nische stehen drei spätgothische Fi-
guren , nämlich St. Ulrich und links und
rechts von ihn: St. Katharina und St.
Leonhard. Alle drei Figuren haben ziemlich
starke Allsbiegung der Hüften uub sind etwas
derb drapirt uild ohne Feiilheit der Ge-
sichtsforinen. Doch ist der Gesichtsausdruck
nicht derb, es liegt vielmehr namentlich in
 
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