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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 8.1890

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Nr. 9
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Die religiösen Bilder für die Kinder und das Haus, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15907#0088

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Archiv für christliche Kunst.

Organ des Rottenburger Diözesan-Dereins für christliche Runft.

Lseransgegeben und redigirt von Professor Dr. Keppler in Tübingen.

Verlag des Rottenbnrger Diözefan-Aunftvereins, für denselben: der Vorstand Professor Dr. Keppler.

Mr. 9.

Erscheint monatlich einmal. Halbjährl. für M. 2. 05 durch die württemb.sM. 1. 90
im Stuttg. Bestellbczirk), M. 2. 20 durch die bayerischen und die Reichspostanstalten,
fl. 1. 27 in Oesterreich, Frcs. 3. 40 in der Schweiz zu beziehen. Bestellungen werden
auch angenommen von allen Buchhandlungen, sowie gegen Einsendung des Betrags
direkt von der Expedition des „Deutschen Volksblatts" in Stuttgart, Urbansstraße 94,
zum Preise von M. 2. 05 halbjährlich.

1890.

Die religiösen Bilder für die Rinder
und das L)aus.

(Fortsetzung.)

Selbst der Protestant Schnorr von
Carolsfeld bemerkt: „Die Feststellung ge-
wisser plastischer Mittel kann nur als ein
Gewinn betrachtet werden, weil Verständ-
lichkeit und Deutlichkeit derselben durch
die althergebrachte Geltung bedingt wird.
Hier ist die Ueberlieferung maßgebend.
Das Talent wird übrigens, abgesehen von
dem unerschöpflichen Reichthum des Stoffes,
der stets nie Dagewesenes übrig läßt, nie ge-
hindert werden, in der Art und Weise der An-
wendung alter Mittel immer Neues zu schas-
sen und die Besorgniß vor Wiederholung und
starrer Abschließung erscheint unbegründet."

Doch es ist Zeit, daß wir nach diesen
prinzipiellen Erörterungen zu unserem
engeren Thema kommen. Wir haben im
besondern zu handeln von den reli-
gio s e n B i l d e r n für d a s H a u s it n b
für die Kinder. Da möchte es zu-
nächst scheinen, als ob von der obigen
hohen Veranschlagung der Bedeutung der
bildenden Kunst und von denl Ernst der
eben dargelegten Verpflichtungen starke
Abstriche zu machen seien. Untersuchen
wir, ob und in welchem Maße dies zu-
tresse. Daß dem religiösen Bild für die
Hand des Kindes, für die Wand des
Wohnhauses nicht dieselbe Wichtigkeit zu-
kommt, wie dem Altarbild, wie dem Bild
für das Gotteshaus, das ist ja zum vor-
aus klar; ebenso, daß an das letztere
strengere Anforderungen zu stellen sind,
als an das erstere. Der Jrrthum beginnt
da, wo man über dem Kirchenbild das
andere ganz übersieht oder unterschätzt,
es für ein reines Adiaphoron ansieht und
für dasselbe bindende Normen überhaupt
nicht mehr anerkennen will.

„Bloß für Kinder," „bloß für das
Hans" — das ist oft die Formel, in
welcher man von diesen Bildern redet.
Wie unvernünftig ist aber dieses „bloß",
wenn es auf etwas völlig Gleichgültiges
oder Unwichtiges Hinweisen will. Die
Kirche ist nicht gewohnt, mit einem despek-
tierlichen „nur" vom Kind und vom Volk
sprechen. Und man sage auch nicht: es
ist ja nur ein Bild. Man vergegenwärtige
sich einmal, wie viel ein solches Bild, und
sei es auch klein und repräsentiere es auch
einen sehr geringen materiellen Werth, für
Kind und Volk wirken kann und wird,
und man wird ernster davon denken und
reden.

Wiseman warnt in seinem schönen
Aufsatz über die minderen Gebräuche und
Kirchenandachten davor, die Bedeutung
des Kleinen und Einzelnen für das gei-
stige Leben des Menschen zu unterschätzen.
Er zieht zur Illustration das zarte Bild
von der Pflanze bei. „Ihr Lebensprinzip
erfordert viel mehr Dinge, als du erfassen
oder nur ahnen kannst — winzige, un-
merkliche , atomische Dinge, welche dem
schärfsten Auge entgehen. Du weißt nicht,
was sie von den Thautropfen, welche am
Morgen auf ihren Blättern glänzen, ein-
saugt, was ihr das reine Quellwasser nicht
geben kann; du weißt nicht, welche gesunde
Stoffe sie sogar von der Dunkelheit ein-
saugt, in welche sie manchmal gehüllt ist;
du weißt nicht, welche Erfrischung sie ans
dem Froste zieht, der im Winter mit Schein-
blüthen ihre entblößten Zweige bekleidet;
du weißt nicht, welchen Grad von Be-
reicherung sie von dem verwelkenden Grase,
ja sogar von den Insekten, welche an den
Wurzeln stecken, empfängt. Die zufällige

b) Abhandlungen über vermischte Gegenstände
Bd. I, S. 402 f.
 
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