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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 8.1890

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Nr. 9
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Keppler, Eugen: Der Hirsauer Bilderfries, [7]
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Das neue Krankenhaus der barmherzigen Schwestern in Stuttgart
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https://doi.org/10.11588/diglit.15907#0093

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82

der Böcke, insofern erstere auch auf den
Weltenrichter gedeutet wurde, letztere auf
unser Vorbild in der Selbstaufopferung
auf Jesus hinwiesen.

Wollen Sie nun wissen, wie sich all
das zum wirklichen Programm des Mönch-
thums verhält, so lesen Sie vor allem
was Montalembert (2. B., S. 49) von
diesem sagt: „Mau sieht in dem Pro-
gramm, daß St. Benedikt auf zwei Grund-
sätze dringt, nämlich Arbeit und Ge-
horsam. Diese bilden in der That die
beiden Gruudsäuleu seines Werkes, sie
sind der leitende Faden durch die 72 Ka-
pitel der Regel. Benedikt will nicht, daß
seine Ordeusleute auf die innerliche
Arbeit, aus die Seelenthätigkeit, die sich
selber zum Gegenstand hat, beschränkt
seien, er verpflichtet sie streng zu äußer-
licher Arbeit, sei es Handarbeit oder lite-
rarische Thätigkeit". Ist es nun Zufall,
wenn gerade dieses doppelte Joch der
freiwilligen Arbeit und des freiwilligen
Gehorsams — der nach St. Benedikt
selbst eine Arbeit ist, ,,obedienkiae labor“
— unter Einem Bild, unter dem der
Lisenenträger dargestellt wird und wenn
dieses Bild aus jeder der bilderge-
sckunnckten Seiten sich wiederholt? Nach
St. Benedikt k a n n der Ordensmann
„Herz und Leib bereiten für den Kampf
unter dem Gesetz des heiligen Gehorsams",
aber er kann es nur unter dem Beistand
von oben, „und wo unsere natürlichen
Kräfte dazu unvermögend sind, müssen
wir zum Herrn flehen um die Hilfe seiner
Gnade". Wie der Riese Antäus immer
wieder seine Kraft erneuerte, indem er die
Mutter Erde berührte, so fand der
Mönch, indem er in Gebet und Betrach-
tung den Himmel berührte, immer wieder
Kraft zu dem doppelten Opfer seiner selbst:
„daß die Seele durch Erhebung über den
Eigenwillen und über die Leiden-
schaften sich vollkommen in Gott be-
festigen könne", wie der heilige Benedikt
sich ausdrückt. Auch der Hinweis ans
das Ziel, das den Pilger begeistert, fehlt
weder in der Regel noch im Prolog,
z. B.: „Unsere Lenden nmgürtet mit dem
Glauben und der Kraft vollbrachter Tn-
gendwerke, wandeln wir an der Hand des
Evangeliums seine Wege, damit wir würdig
werden, Ihn, der uns berufen, zu schauen

in seinem Reiche" (Montal. a. a. O.).
Ist es nun Zufall, wenn uns gerade diese
Züge (daneben auch die Bedeutung der
Klöster als Arbeitsstätten und als Licht-
herde) ans unserem Bilderfries deutlich
entgegentreten? Nein, einen so absonder-
lichen Zufall gibt es nicht! Welch ein
Ungefähr, wenn von ungefähr diese Figuren
in den Bestiarien eben das bedeuten wür-
den, was wir finden, daß sie als Aufschrift
über dem Hirsauer Kloster bedeuten müssen !
oder wenn nur von ungefähr der heilige
Ordensstifter sein Progrgmm gerade so
verfaßt hätte, als wäre es in Rücksicht
auf diese Bilderreihe versaßt worden!
Nein, das Ungefähr ist so übereinstimmend
nicht, und ich kann ohne Eitelkeit behaupten,
daß folglich meine Deutung, so sehr es
auch nur meine Deutung ist, so wenig
Glaubwürdigkeit ihr auch durch mein An-
sehen Zuwachsen kann, dennoch so gut er-
wiesen ist, als immer etwas von dieser
Art erwiesen werden kann.

Scheuchen Sie also, ich bitte, den zer-
störten Thurm nicht ans seiner Grabes-
ruhe ! Was auch sein Fries enthalten
haben mag, er widersprach sicherlich seinem
Genossen nicht: sie waren treue Brüder!
— Sollte Ihre Einladung ad Calendas
graecas nicht am Ende nur ein Schein-
manöver sein, um Ihren Rückzug zu
decken? Wenigstens sind Sie sonst nicht
so vorsichtig und haben z. B. als Sie zu
den dürftigen Ueberresten von Cicero de
Republica Ihren Senf gaben, auch nicht
gewartet, bis der ganze Text wiederher-
gestellt war!

Der Ihrige, wie immer.

Das neue Krankenhaus der barmherzigen
Schwestern in Stuttgart.

Am 21. Juni wurde in der Residenzstadt
in Anwesenheit der Königin ein Ban eröffnet
und seiner Bestimmung übergeben, welcher
bricht spezifisch kirchlich ist, desseir aber dennoch
in diesen Blättern Erwähnung geschehen darf,
einmal wegen seines künstlerischen Charakters,
sodann weil er im Dienst der christlichen
Caritas steht. Die Spenden der Katholiken
und Protestanten, die reichen Gaben des
Königshauses und des Adels und die Pfen-
nige der Armen sind zusammengestossen und
haben den Bau ermöglicht, dessen Kosten mit
Einrechnung des Bauplatzes und des 4^2
Morgen großen, schönen Gartens rund eine
 
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