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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 8.1890

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Nr. 11
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Detzel, Heinrich: St. Georg, [1]: in Legende und bildender Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.15907#0116

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101

Legenden eine bedeutende ist, daß sie
aber unter sich sehr verschieden sind. Die
vollständigste uns vorliegende Legende aus
älterer Zeit über das Leben und die Wun-
der des Heiligen ist die griechische, deren
Abfassungszeit nach den Untersuchungen des
gelehrten Jesuiten Papebroch *) spätestens in
das 6. Jahrhundert fällt. Sie hat folgen-
den Inhalt: Kaiser Diokletian berief in
Folge eines von seinem Gotte Apollon er-
haltenen Orakels alle seine Statthalter,
namentlich die des Orients, zu einem Rathe
wider die Christen zusammen, und erließ in
Folge dieser Berathung Verfolgungsdekrete
wider alle Anhänger der neuen Religion.
Damals lebte Georg, von vornehmen Eltern
in Kappadozien geboren, der als Kind seinen
Vater durch beit Martyrertod verloren hatte,
und aus Kappadozien mit seiner Mutter
nach ihrer Heimat Palästina ausgewandert
war. Zn einem schönen Jüngling herange-
wachsen , ward er ein Kriegsmann und
zeichnete sich in den Kriegen des Kaisers
durch Klugheit und Tapferkeit so ans, daß
er die Würde eines Comes erhielt. Im
Alter von 20 Jahren wurde er durch deu
Tod seiner Mutter Herr großer Schätze
und eines reichen Erbes, und begab sich an
den Hof Diokletians, um da sein Glück zu
machen. Hier angekommen (der Ort ist nicht
genannt) hörte Georg von der über seine
Glaubensgenossen verhängten Verfolgung,
vertheilte sofort alle seine Reichthümer unter
die Armen und bekannte sich vor dem Kaiser
als Christen. Aufgefordert den Göttern zu
opfern, weigert er sich und wird dafür einer
Reihe von Martern unterworfen. Am ersten
Tage stoßen ihn Trabanten mit Spießen
fort znm Kerker; ein Speer, der Georgs
Körper berührt, wird wie Blei umgebogen.
Dann wurden ihm die Füße in den Block
gespattnt und ein schwerer Stein auf die
Brust gelegt. Als er, vom Kaiser befragt,
über die Leichtigkeit dieser Marter scherzt,
kündigt ihm derselbe schwerere Martern an,
und am zweiten Tage wird Georg an ein
großes, mit Schwertern besetztes Rad ge-
bunden und gepeinigt. Darauf liegt er eine
gute Zeit lang wie schlafend da, so daß
Diokletian ihn für todt hält, bis ein weißge-
kleideter Mann vom Himmel herabsteigt und
dem Heiligen zum Gruße die Hand reicht.
Als man Georg loszubinden kam, siehe, da
war er ganz heil. Da bekannten sich die
Befehlshaber Anatolins und Protoleon zum
Christenthum, wurden aber auf des Kaisers
Befehl sofort ergriffen und vor der Stadt
mit dem Schwerte enthauptet. Georg wird

nun in eine Grube mit frisch gelöschtein
Kalk geworfen: als Diokletian nach drei
Tagen den Auftrag gibt, seine Gebeine
heimlich zu verscharren, findet man ihn in
heiterer Haltung, im Gebet begriffen, weshalb
der Kaiser ihn für einen Zauberer hielt.
Mit glühenden eisernen Schuhen an den
Füßen muß er in den Kerker zurücklaufen;
er betet diesen Tag und die folgende Nacht
ztt Gott und erscheint am sechsten Tage
aufrecht gehend vor den: Kaiser. Dieser
gebietet, den Georg mit Riemen von Rinds-
haut so lange zu geißeln, bis das Fleisch in
Stücken herabfällt. Am siebenten Tage trinkt
er zwei auf Diokletians Befehl von dem
Zauberer Athanasios bereitete Tränke, deren
einer die Sinne berauben, der andere tödten
sollte, ohne Schaden ztt nehmen, aus. Als
Georg die Reihen der Martern bestanden
hat, thut er drei Wunder: Das erste ist,

daß er, von Athanasios dazu atifgefordert,
einen Todten erweckt; das ziveite, daß er
den gefallenen Ackerstier des armen Land-
manns Glvkerios ins Leben zurückruft. Viel
Volkes ward durch Georg bekehrt und viele
Kranke geheilt; der von dein Heiligen erweckte
Todte, der Zauberer Athanasios und der
Landmann Glykerios bekannten Christum
unb wurden alle unmittelbar nach abgelegtem
Bekenntniß ergriffen und vor der Stadt
enthauptet. Jit der folgenden Nacht sah
der Gefangene im Traume den Erlöser, der
ihin eine Krone aufsetzte und ihn zu sich rief.
Sobald Georg erwachte, ließ er seinen Diener
zu sich kommen — denselben, der das, was
sich mit dein Heiligen zutrug, mit aller Ge-
nauigkeit beschrieben hat — und gebot diesem,
nach seinem Tode feinen Leichnam und sein
Testament zu nehmen und nach Palästina zu-
rückzukehren. Am achtelt Tage erschiett darauf
Georg zum letzten Gerichte vor dent Kaiser und
erbot sich, in den Tempel des Apollon zu gehen,
was ihnt jener in der Meinung, Georg wolle
opfern, gern gestattet. Hier geschieht das dritte
Wunder: durch das Zeichen des Kreuzes
zwingt Georg den bösen Geist, der in dem
Apollonsbilde wohitte, zu bekennen, daß er
nur einer der von Gott abgefallenen Engel
sei; alle Götzenbilder stürzen auf die Erde
unb werden zertrümmert. Da bekannte sich
die Kaiserin Alexandra selbst offen als Christin,
fiel dem Heiligen zu Füßen und verfluchte
die heidnischen Götter, worauf Diokletian
beide zur Hinrichtung abzuführen gebot.
Alexandra gab unterwegs den Geist auf,
Georg aber ging Gott lobend auf den Richt-
platz uitd ward enthauptet. 'Lein Todestag
fiel auf den 23. April.

Als bloße Umschreibungen dieser eben
initgetheilteit griechischen Legende sind die

Acta S. S. 1. i. 102.
 
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